Studie von Heinrich-Böll-Stiftung und Deutschem Kinderhilfswerk

Reformen für bessere Teilhabe von Kindern

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Betteln in der Fußgängerzone.
Betteln in der Fußgängerzone.

Eine gestern veröffentlichte Studie der Heinrich-Böll-Stiftung und des Deutschen Kinderhilfswerkes mahnt föderale Reformen für eine bessere Teilhabe von Kindern in Deutschland an. Dafür sollen mit einem Bundeskinderteilhabegesetz jungen Menschen aus Familien in prekären Lebenslagen ein Rechtsanspruch auf besondere Förderung und Teilhabe garantiert und konkrete Qualitätsstandards festgeschrieben werden.

Die Studie schlägt vor, Artikel 104 des Grundgesetzes über Geldleistungen hinaus auch auf Dienst- und Sachleistungen auszuweiten. So erhält der Bund ein Instrument, das nicht nur einmalige Investitionen, sondern eine fortlaufende Förderung von Kommunen zur Finanzierung der Infrastruktur zur Teilhabeförderung junger Menschen ermöglicht. Ergänzend soll ein Bundesfonds eingerichtet werden, der Kommunen mit einem hohen Anteil benachteiligter Kinder finanziell besser ausstattet.

"Je länger Kinder in Armut aufwachsen und unter Teilhabeverlusten leiden, desto weitreichender sind die Langzeitfolgen für ihre Entwicklung. Um die nachhaltige Förderung der Infrastruktur sozial benachteiligter junger Menschen zu ermöglichen, führt kein Weg an der Mitfinanzierung der Leistungen für Teilhabeförderung und Armutsprävention für junge Menschen durch den Bund vorbei", so Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes. "Dafür sprechen Gründe, wie etwa die bei erfolgreichen Interventionen zu erzielenden positiven Effekte für die Gesamtgesellschaft, sei es in fiskalischer oder sozialer Hinsicht. Im bestehenden föderalen und rechtlichen Rahmen stoßen die Fördermöglichkeiten des Bundes jedoch leicht an Grenzen. Die in der Studie vorgeschlagene Änderung des Grundgesetzes soll hier Abhilfe schaffen", so Krüger weiter.

"Im derzeitigen föderalen Zusammenspiel organisieren Länder und Kommunen die Bildungs- und Teilhabeförderung junger Menschen in je unterschiedlicher Weise. Unser Ziel muss es jedoch sein, für Kinder und Jugendliche bundesweit gleiche Lebenschancen herzustellen", sagt Peter Siller, Abteilungsleiter Politische Bildung Inland der Heinrich-Böll-Stiftung. "Das Bundeskinderteilhabegesetz kann helfen, dieses Ziel zu erreichen, da es nicht nur den Rechtsanspruch auf Förderung für benachteiligte Kinder und Jugendliche erstmals festschreiben würde, sondern auch an einer zentralen rechtlichen Stelle regeln würde, wie durch den Bund finanzierte infrastrukturelle Bildungs- und Teilhabeleistungen auf der kommunalen Ebene direkt gewährleistet werden können", so Siller weiter.

Die Studie macht klar: mehr Investitionen in Infrastrukturleistungen der sozialen Teilhabe, Entwicklung der Persönlichkeit und der schulischen Unterstützung lohnen sich. Hierdurch wird nicht nur das Recht der Kinder aus Familien in prekären Lebenslagen auf Teilhabe an unserer Gesellschaft im Hier und Jetzt besser gewährleistet, sondern auch der Staat profitiert auf lange Sicht fiskalisch und wirtschaftlich. Jedes Neugeborene, dessen Entwicklungspfad zu Berufs- oder Hochschulabschluss führt, entlastet die öffentlichen Kassen um 173.000 Euro (oder 296.000 Euro mit Hochschulabschluss) im Vergleich zu einem Neugeborenen, das im Lebensverlauf ohne Berufsabschluss bleibt. Die Studie verdeutlicht im Rahmen einer Generationenbilanzierung, dass es aufgrund der längerfristigen positiven Auswirkungen von höheren Bildungs- und Ausbildungsabschlüssen auf die Fiskalpolitik für Investitionen des Bundes dazu durchaus genügend finanzielle Spielräume gibt.