Ungeheures vom Loch Ness

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Touristen am Loch Ness hoffen auf eine Begegnung mit Nessie.

Wer plant, sich heute auf einer Halloween-Party als Monster von Loch Ness zu verkleiden, muss sein Kostüm wohl noch einmal überarbeiten. Denn neue DNA-Untersuchungen des Wassers von Loch Ness lassen Wissenschaftler vermuten, dass es sich bei dem berühmten Monster am ehesten um einen großen Aal handeln könnte.

Das vermeintliche Seeungeheuer Nessie ist die Attraktion des schottischen Hochlandsees Loch Ness. Jährlich lockt es rund eine halbe Million Touristen an, die ins bis zu 230 Meter tiefe Wasser starren und auf eine leibhaftige Begegnung mit dem berühmten Monster hoffen.

Monster-Visionen am Loch Ness haben eine lange Tradition. Zum ersten Mal soll Nessie im 6. Jahrhundert einem irischen Mönch über den Weg geschwommen sein, der die vermeintliche Bestie mit einem Kreuzzeichen in die Flucht schlug. Allerdings war seinerzeit der Glaube an böse Wassergeister recht verbreitet und bot christlichen Missionaren eine willkommene Gelegenheit, die Überlegenheit des Christentums zu demonstrieren, indem sie nicht-existierende heidnische Geister verjagten. 

Nach einigen ruhigeren Jahrhunderten häuften sich die Sichtungen eines Monsters am Loch Ness schließlich auf höchst erstaunliche Weise im Jahr 1933. Über den plötzlichen Anstieg der Monster-Sichtungen wird viel spekuliert. Vielleicht lag es daran, dass seit Anfang der 1930er Jahre eine Straße am vorher unzugänglichen Loch Ness vorbeiführte. Vielleicht aber auch an einem haarigen Riesen, der sich 1933 durch die Kinosäle der Welt hangelte: King Kong. Erfüllt vom Geiste des Riesen-Affen war man sich in den 1930er Jahren schnell einig: Im Loch Ness lebt ein Urzeit-Ungeheuer. Die Medien stürzten sich damals auf die Geschichte und machten aus dem Monster von Loch Ness eine Art King Kong 2.

Als im November 1933 das erste Foto vom Loch-Ness-Monster geschossen wird, ist die Öffentlichkeit völlig aus dem Häuschen. Die Fotografie stammt von Hugh Gray, einem Arbeiter der lokalen Aluminiumfabrik. Bei einem Spaziergang hat er zufällig eine Kamera dabei, als sich Nessie im See zeigt. Böse Zungen behaupten, die Geschichte sei inszeniert, um Touristen anzulocken. Noch bösere Zungen sagen sogar, auf Grays Foto sei vor lauter Unschärfe eigentlich gar nichts zu erkennen. Und wenn man etwas erkennen könnte, dann wäre es wohl am ehesten Grays Labrador, der mit einem Stöckchen im Maul durchs Wasser schwimmt.

Seit den 1930er Jahren ist der Nessie-Boom ungebrochen. Unzählige Fotografien, Filme und angebliche Beweise für ein Monster im Loch Ness werden geliefert. Und alle entpuppen sich als Fälschungen, Fehler oder natürliche Phänomene. Auch die Wissenschaft rückt Nessie zu Leibe. Immerhin wäre es eine echte Sensation, wenn es sich bei dem Monster um einen überlebenden Plesiosaurier handeln würde, wie viele Nessie-Fans vermuten. Doch obwohl der See mit modernster Technik mehrfach durchleuchtet wurde, gibt es bis heute keinen Beweis für die Existenz von Nessie.

Vergangenen Monat stellten Forscher der Universitäten Otago, Kopenhagen, Hull sowie der schottischen University of the Highlands and Islands das Ergebnis einer DNA-Untersuchung vor, mit der sie im Juni 2018 am Loch Ness begonnen hatten. Ihr Ziel: Möglichst alle im Wasser des Sees lebenden Tierarten anhand ihrer DNA zu katalogisieren. Vor allem hatten sie nach der DNA von ungewöhnlichen Tierarten gesucht, die immer wieder als mögliche Kandidaten für die Verursachung von Monster-Sichtungen gehandelt werden. Das Ergebnis: Im Loch Ness fand sich keine DNA von großen Fischarten wie Haien, Stören oder Seewölfen. Auch DNA von Ottern oder Robben wurde nicht gefunden, ebensowenig wie die DNA von prähistorischen oder heutigen  Reptilien. Untersuchungsleiter Prof. Neil Gemmell von der Universität von Otago in Neuseeland geht deshalb davon aus, dass wir "ziemlich sicher sein können, dass im Loch Ness wahrscheinlich kein gigantisches Reptil herumschwimmt". Eine andere Erklärung für die Nessie-Sichtungen hält Gemmell jedoch für möglich. Da sich im Wasser des Sees eine große Menge an Aal-DNA befand, schließt der Forscher die Möglichkeit nicht aus, dass im See vielleicht einige ungewöhnlich große Aale herumschwimmen könnten – obwohl man einen solchen nie gefangen oder bei Untersuchungen gefunden hat. Das Rätseln um Nessie kann also weitergehen.