Im australischen Bundesstaat New South Wales soll ein Rat für Glaubensangelegenheiten eingerichtet werden, der die Vielfalt der weltanschaulichen Gruppierungen des Landes widerspiegelt und der die Regierung berät. Davon ausgeschlossen werden sollen allerdings Vertreter der Nicht-Religiösen, die in New South Wales die größte weltanschauliche Gruppierung darstellen.
Die Regierung des bevölkerungsreichsten australischen Bundesstaats New South Wales hat die Einrichtung eines 16-köpfigen Rats für Glaubensangelegenheiten (Faith Affairs Council) angekündigt. Das religionsübergreifende Gremium soll die Regierung beraten und dabei helfen, politische Maßnahmen, Programme und Dienstleistungen zu verbessern, die Religionsgemeinschaften und Menschen mit verschiedenen Glaubensüberzeugungen und Weltanschauungen in New South Wales betreffen. Hierbei hatte die Regierung unter Premierminister Chris Minns von der Australischen Labour Party (ALP) angedeutet, dass die Besetzung des neuen Rats für Glaubensangelegenheiten die religiöse Vielfalt widerspiegeln solle, die es heute in New South Wales gibt und die sich aus den jüngsten Daten der Volkszählung 2021 ergibt.
Laut dieser letzten Volkszählung ist ein Drittel der Bevölkerung von New South Wales nicht religiös. Aus diesem Grund bewarb sich auch Steve Marton, Präsident der Sydney Atheists, um einen Sitz im neu geschaffenen Faith Affairs Council. Laut Pressemitteilung der Atheist Foundation of Australia hat die Regierung von New South Wales seine Nominierung nun jedoch abgelehnt.
Marton betrachtet die Ablehnung als Form der religiösen Diskriminierung. "Dies ist ein sehr enttäuschender Start für etwas, das ein nützliches Beratungsgremium für die Regierung von New South Wales hätte werden sollen", erklärte er. "Diesem Gremium wird es nun an Glaubwürdigkeit fehlen, da die größte weltanschauliche Gruppierung Australiens – die der nicht-religiösen Bürger – nicht vertreten ist."
Die Atheist Foundation of Australia weist darauf hin, dass laut Volkszählung die größte einzelne "religiöse" Gruppe in New South Wales mit 33 Prozent der Bevölkerung jene der Menschen ist, die sich als "nicht religiös" bezeichnen. Dies übertrifft die nächst größeren Gruppen, die der Katholiken mit 22 Prozent, der Anglikaner mit 12 Prozent und der Christlich-Orthodoxen mit 3 Prozent, bei Weitem. Durch den Ausschluss der größten weltanschaulichen Gruppierung unterlaufe die Regierung ihr eigenes Kriterium, im Rat für repräsentative religiöse Vielfalt zu sorgen, so die Atheist Foundation of Australia. Wenn der Faith Affairs Council die tatsächliche Bevölkerung widerspiegeln würde, dann müssten etwa vier der Sitze von Personen besetzt werden, die keiner Religion angehören.
Die Atheist Foundation of Australia zeigt sich beunruhigt über diese "unerwartete religiöse Diskriminierung durch die Minn-Regierung". Man befürchtet, dass nun die Ansichten eines großen Teils der Bevölkerung bei der Entwicklung künftiger politischer Maßnahmen zu Themen wie religiöser Diskriminierung, Finanzierung der Seelsorge, Sterbehilfe und freiwillige Sterbebegleitung nicht berücksichtigt werden. Deshalb wolle man sich weiterhin dafür einsetzen, dass eine säkulare Stimme in den Rat aufgenommen wird.
11 Kommentare
Kommentare
Roland Fakler am Permanenter Link
Solange Atheisten sich nicht zum säkularen Humanismus bekennen, werden sie wie "Leergut" behandelt. Atheismus ist eben keine Weltanschauung mit Inhalt, bzw. der Inhalt kann sehr unterschiedlich sein.
Werner Helbling am Permanenter Link
Dieses Szenario ist doch typisch für praktisch fast alle Länder auf unserer schönen Erde. In Sachen Strippenziehern, Lobbyismus, sind sie in ihren Organisationen/Parteien viel besser organisiert und vernetzt.
David Z am Permanenter Link
Hmm, schwierig. Denn wir Atheisten definieren uns ja für gewöhnlich eben nicht als Glaubensreligion sondern lediglich als ihre Negation.
Einzig allein über die Denkrichtung des Humanismus könnte man legitim eine Gleichberechtigung einfordern, denn Humanismus ist in gewisser Weise auch eine Religion im Sinne einer Weltanschauung. Aber "der Humanismus" ist, was gleichzeitig Vorteil und Nachteil ist, keine abgrenzbare Entität oder spezifisches Kollektiv mit einem Anführer an der Spitze, so dass das Konzept, eine Weltanschauung durch Vertreter zu personifizieren, in diesem Fall äußerst schwierig ist.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Es würde auch genügen, wenn die Aufklärung über das Ziel des Humanismus weltweit Verbreitung finden würde und Humanismus als das erkannt wird was er ist, nämlich Menschlichkeit.
DS am Permanenter Link
Es ist immer wieder bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit "Humanismus" unvermittelt "Aufklärung" für sich in Anspruch nimmt.
awmrkl am Permanenter Link
Na gehts noch? Hier geht es darum:
Zitat:
"Rat für Glaubensangelegenheiten eingerichtet werden, der die Vielfalt der weltanschaulichen Gruppierungen des Landes widerspiegelt"
"weltanschaulichen Gruppierungen" - da zählen auch die Nicht-Gläubigen dazu, denn die haben genau deshalb eine andere Weltanschauung als Religiöse!
Und genau das sollte ja bereits locker ausreichen, wenn das Zitat ernst genommen wird.
Und doch, bereits Atheismus an sich kann da ein Argument sein! Denn der bedingt jedenfalls eine grundlegend andere Weltanschauung als Religiöse sie haben!
David Z am Permanenter Link
Nein. Man kann sich nicht über die Negation einer anderen Weltanschauumg definieren.
Atheismus ist jedoch eine ebensolche Negation und keine eigenständige Weltanschauung und erst recht keine spezifische.
awmrkl am Permanenter Link
Sagt wer? Sie etwa!?
Aha. Na dann. Muss es ja stimmen!1elf!!
David Z am Permanenter Link
Was genau meinen Sie? Dass Atheismus eine Negation ist und dadurch keine positive Weltanschauung seien kann?
Das ist völlig unstrittig und keine Raketenwissenschaft. Man kann atheistischer Humanist sein, atheistischer Nationalsozialist, atheistischer Stalinist, atheistischer Kommunist usw...
A.S. am Permanenter Link
Die Atheisten werden schon seit Jahrtausenden systematisch diskriminiert.
Das liegt auch an ihrer eigenen Feigheit. Diese mag zwar historisch begründet sein (lieber unter dem Radar der Mächtigen bleiben als einen Kopf kürzer gemacht zu werden), hilft aber auf Dauer nicht.
Ich persönlich halte Religion für den größten Betrug der Menschheitsgeschichte, für große Show für's dumme Volk.
Die Götter waren schon immer erfunden.
Die Religionen waren schon immer Menschenwerk.
Die religiösen Führer waren schon immer Hochstapler und Schwindler.
Geblendet duch die Heilsverheißung vom ewigen Leben im Paradies sehen die Menschen das Offensichtliche nicht: Dass sie verarscht werden.
Wer profitiert?
Mittels Religion verarschen die Herrschenden ihre Völker.
Das war schon bei den Pharaonen so, das war bei Azteken und Inkas so, das machen CDU/CSU, AKP, PiS, ... noch heute genau so.
Werner Koch am Permanenter Link
Der Konstruktionsfehler einer solchen Einrichtung ist, dass eine Regierung einen Rat für Glaubensangelegenheiten schaffen will – das ist vom Ansatz her eine Unterstützung einer Interessengruppe, eine Lobbyeinrichtung,
Glauben ist Privatsache. Glaubensangelegenheiten sind keine Staatsangelegenheit. Themen wie Seelsorge, Sozialeinrichtungen, Sterbehilfe, Abtreibungsregelungen, Bestattungsregeln, Gesetze, etc. müssen vom Staat weltanschaulich neutral und nicht unter besonderer Berücksichtigung religiöser Interessen gestaltet werden.
Eine weltanschaulich neutrale Regierung oder Institution kann glaubwürdig nur einen Rat für Weltanschauungsangelegenheiten einrichten. Dann wären die Kirchenvertreter vermutlich nicht mehr interessiert.
Auch in Deutschland gibt es verschiedene Runde Tische der Religionen und Räte der Religionen. Für diese trifft dieselbe Kritik zu – es sind Lobbyeinrichtungen, die den Religionen Aufmerksamkeit und einen besonderen Zugang zu staatlichen Vertretern verschafft. Diese Einrichtungen präsentieren sich mit Pressemeldungen als Stimme der Religionen, machen mit Veranstaltungen z. B. in Schulen und im Rathaus von Stuttgart auf sich aufmerksam. Diese Sonderbehandlung und Vorteile will m an nicht teilen oder aufs Spiel setzen, weshalb nicht-religiöse Weltanschauungen in solchen Gremien ausgeschlossen bleiben. Themen, die im Kreis der beteiligten Religionen strittig sind, bleiben außen vor. Die Satzung hilft dabei, nur gemeinsam interessierende Themen zu behandeln. Deshalb wird man z. B. kaum eine Stellungnahme zur Gleichberechtigung der Frau von solchen Räten erhalten. Auch eine Forderung, endliche den Ethikunterricht an Grundschulen in Baden-Württemberg einzuführen wäre nicht im Interesse der Mitglieder. Ein Rat der Glaubensgemeinschaften sollte kein besonderes Gehör finden. Siehe auch: Wozu brauchen die Religionen einen Rat? https://hpd.de/artikel/wozu-brauchen-religionen-einen-rat-20803