Dänemark verbietet Koranverbrennung

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Eine Ausgabe des Koran.

Die "unangemessene Behandlung" religiöser Schriften ist in Dänemark künftig illegal und kann mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden. Ein entsprechendes Gesetz verabschiedete das dänische Parlament gestern nach intensiver Debatte. Ein Kommentar von hpd-Redakteurin Daniela Wakonigg.

Nun hat Dänemark also tatsächlich ernst gemacht mit seinem monatelang diskutierten Vorhaben. Die gestern verabschiedete neue gesetzliche Regelung verbietet die "unangemessene Behandlung" von Schriften mit "wesentlicher religiöser Bedeutung für anerkannte Glaubensgemeinschaften" unter Androhung einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren. Was genau unter einer "unangemessenen Behandlung" zu verstehen ist, darüber werden demnächst dänische Gerichte zu befinden haben. Sicher ist jedoch, dass das Verbot ein Verbrennen von Koran, Bibel oder Tora umfassen dürfte.

Obwohl das Gesetz sich also dem Wortlaut nach auf Schriften mit wesentlicher religiöser Bedeutung für verschiedene anerkannte Glaubensgemeinschaften bezieht, dürfte jedem, der seine Entstehungsgeschichte verfolgt hat, klar sein, dass es sich hierbei de facto um eine "Lex Koranverbrennung" handelt. Aufgrund von öffentlichen Koranverbrennungen in Skandinavien kam es in den vergangenen Monaten zu gewalttätigen Protesten in der muslimischen Welt und einer erhöhten Bedrohungslage in den jeweiligen Ländern. Als Gegenmaßnahme hat Dänemark nun also – nach monatelanger Diskussion – das Verbot von Koranverbrennungen beschlossen.

Mit dieser gesetzlichen Regelung beschreitet Dänemark gleich in mehrfacher Hinsicht einen völlig falschen Weg. Zwar sollte es in einer zivilisierten Gesellschaft bessere Formen der Meinungsäußerung geben als das Verbrennen von Büchern, das Verbrennen bestimmter – nämlich religiöser – Bücher deshalb aber zu verbieten, ist einer aufgeklärten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nicht würdig. Religiöse Schriften sind keine objektiv "heiligen" Bücher, sie sind nichts als Papier und Druckerschwärze, wie jedes andere Buch auch.

Aber selbstverständlich geht es bei dem Gesetz auch gar nicht um die Bücher selbst. Es geht um Gefühle. Natürlich verletzt die "unangemessene Behandlung" religiöser Schriften nicht-aufgeklärte Gläubige in ihren religiösen Gefühlen. Doch warum haben diese Gefühle mehr Schutz verdient als andere? Welche Gefühle mag ein verfassungstreuer dänischer Bürger haben, wenn – erlaubterweise – ein Exemplar der dänischen Verfassung auf offener Straße verbrannt wird? Welche Gefühle mag ein Salman Rushdie haben, wenn religiöse Fanatiker – erlaubterweise – seine Bücher in Dänemark verbrennen?

Religiöse Schriften sind keine objektiv "heiligen" Bücher, sie sind nichts als Papier und Druckerschwärze, wie jedes andere Buch auch.

Neben dem grundsätzlichen Aspekt, dass religiöse Bücher in einer aufgeklärten Gesellschaft nicht anders behandelt werden sollten als andere Bücher, ist die Entscheidung des dänischen Parlaments auch in einer weiteren Hinsicht hochproblematisch: Sie gibt den Falschen Recht. Wer mit Bombenanschlägen und Morden droht, weil ein anderer sein religiöses Spielzeug kaputt gemacht hat, sollte nicht darin bestätigt werden, dass seine Reaktion richtig ist. Die Härte des Gesetzes sollte in einem aufgeklärten Rechtsstaat derjenige zu spüren bekommen, der durch die Androhung von Morden deutlich zeigt, dass ihm sein religiöses Spielzeug wichtiger ist als die Regeln des Zusammenlebens in diesem Rechtsstaat.

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