TRIER. (hpd) Vom 14. Mai bis 16. Oktober ist Trier der Schauplatz für die erste große Sonderausstellung in Mitteleuropa über Kaiser Nero.
Drei große Museen in Trier widmen sich mit der Ausstellung "NERO – Kaiser, Künstler und Tyrann" einem der schillerndsten und zugleich umstrittensten Herrscher der Zeitgeschichte. Im Rheinischen Landesmuseum Trier geben archäologischen Objekte von 37 nationalen und 54 internationalen Leihgebern aus 15 Ländern Aufschluss über die Wahrheit hinter dem Klischee des verrückten Tyrannen und lassen ihn im Lichte neuerer Forschungen erscheinen.
Das Bild Neros als größenwahnsinniger Tyrann stammt vor allem aus der Feder antiker Autoren und christlicher Geschichtsschreiber, die Nero sehr kritisch gegenüber standen. Unter Einbeziehung der aktuellsten Forschungsergebnisse wird das Bild von Kaiser Nero aber neu gezeichnet: Von seinen Anfängen als engagierter Kaiser, der beim Volk sehr beliebt war, über das Zerwürfnis mit seiner machthungrigen Mutter Agrippina, die er ermorden ließ, bis hin zu seinen letzten Tagen als "Künstler-Kaiser", der sich mehr für seine Schauspiel-Karriere als für die Interessen seines Volkes interessierte.
Als Christenverfolger ist Kaiser Nero in die Geschichte eingegangen. Doch welche Wahrheit steckt hinter seinem Ruf als "Antichrist" und irrer Kaiser, der die Christen verfolgen ließ? Dass Nero mit dem Ausbruch des Brandes in Rom nichts zu tun hatte, ist heute allgemeine Forschungsmeinung. Doch die Geschichte der Christenverfolgungen, der Märtyrer-Tode und der Unterdrückung von Religion wurde besonders durch die christlichen Autoren untrennbar mit dem römischen Imperator verknüpft.
Auf circa 500 Quadratmetern mit 130 Exponaten aus verschiedenen Epochen nähert sich das Museum am Dom den historischen Ereignissen. Das Thema "Nero und die Christen" wird eingebettet in das Verhältnis des römischen Staates zu Religion und zeichnet die Geschichte der Christenverfolgungen nach, angefangen beim großen Brand von Rom, 64 n. Chr., nachdem Nero in Verdacht kam, er habe Rom anzünden lassen, um Platz für seinen neuen Palast zu schaffen. Um den Verdacht von sich abzulenken, schob er die
Schuld auf die noch junge Gemeinschaft der Christen, ließ sie als Brandstifter verhaften und auf grausame Arten hinrichten. Der aktuelle Forschungsstand geht davon aus, dass die neronische Christenverfolgung auf die Stadt Rom beschränkt blieb. Etwa 200 Menschen wurden dabei getötet.
Die Nero-Ausstellung gibt einen didaktisch ansprechend aufbereiteten Einblick in die Geschichte des römischen Kaisers. Präsentiert werden kostbare und seltene Exponate von renommierten internationalen Leihgebern. Insbesondere die großräumige Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum bietet einige Highlights, für die sich eine Reise in die alte Römerstadt lohnt.
Weitere Infos zur Ausstellung unter: www.nero-ausstellung.de
9 Kommentare
Kommentare
pavlovic am Permanenter Link
Wer sich mehr dafür interessiert warum die Christen den Römern "so komisch" vorkamen, der schaue in der Suchmaschine unter "Was ist so komisch an diesen Christen?" (=Artikel von mir zum Thema) Und
valtental am Permanenter Link
Ihren Artikel habe ich gelesen und möchte anmerken, dass Sie bei der Bezeichnung der Plinius-Briefe als "wirklich authentische Dokumente" zw. Buch 1-9 und Buch 10 kritisch unterscheiden sollten.
Wie gewagt es ist, sich auf die Trajan-Briefe in Buch 10 zu beziehen, zeigen die Untersuchungen von Hermann Detering in seinem Buch "Falsche Zeugen", in welchem er bereits vorangegange Fälschungsvorwürfe auflistet und selbst eine philologisch-kriminalistische Spur zu einem möglichen Erfinder der Trajan-Briefe legt.
Man muss sich vergegenwärtigen, dass in der Antike-Begeisterung der Rennaissance antike Literatur mit Hochpreisen gehandelt wurde, und entsprechende Fälschungen also lukrativ und auch nicht selten waren. Leider wird eine Erwähnung einer Fälschungsmöglichkeit immer wieder von christlichen Wikipedianern abgeblockt, weil es eine der wenigen nichtchristlichen Quellen über ein existierendes Christentum im 1.Jh. infrage stellen würde, welches Voraussetzung für die von den Kirchen behauptete Chronologie des Frühchristentums ist. Wenn ein Jesus um 30 starb, ein Paulus um 50-60 angeblich schon ausgedehnte Missionsreisen in schon bestehende Gemeinden(!) unternahm, muss für diese Zeit auch die Entstehung christliche Gemeinden nachweisbar sein. Das ist der Wert der Trajan-Briefe des Plinius, wie auch die Tacitus-Berichte über einen angebl. Rombrand mit Christenverfolgung.
Detering zeigt im selben Buch, dass eine Verknüpfung von Rombrand und Christenverfolgung erstmals bei dem Mönch Sulpicius Severus im 5.Jh. nachweisbar sind. Alle vorher lebenden Kirchenschriftsteller wissen seltsamerweise von diesen antichristlichen Gräueltaten des Nero in der Reichshauptstadt(!) nichts zu berichten. Detering weist philologisch nach, dass Severus' Darstellung des Rombrands mit Christenverfolgung im 11.Jh. von Kopisten in Tacitus' "Annalen" eingeschoben worden sein muss (aus dieser Zeit stammt die älteste erhaltene Abschrift der "Annalen").
Interessant wäre zu wissen, ob Deterings kritische Sichtweise auch im in der Nero-Ausstellung gezeigten aktuellen Forschungsstand wiederzufinden ist?
Ich kann nur jedem Interessierten empfehlen, Deterings Buch (knapp 200 Seiten) über die angeblichen nichtchristlichen antiken Qellen, für ein angeblich bereits im 1.Jh. existierendes Christentum zu lesen. Dabei wird einem verständlich, wie christlich eingefärbt/korrumpiert viele Teile unseres Geschichtsbildes sind, und wie langwierig es, z.B. mit Austellungen wie jetzt in Trier, korrigiert werden muss.
pavlovic am Permanenter Link
Vielen Dank für Ihre kundige Auskunft und Ihre Mühe. Ich werde in meinem Artikel einen Link auf ihren Kommentar hier setzen damit sich jeder selbst weiter kundig machen kann.
valtental am Permanenter Link
Bei der Behauptung, dass Christen durch Tierhatz (damnatio ad bestias) hingerichtet worden sein sollen, wird immer nur auf eine Darstellung aus den Märtyrerberichten verwiesen: die Passio Perpetuae et Felicitatis (um
Diese Märtyrerberichte sind vor allem natürlich Werbe- und Verteidigungsschreiben für die christliche Ideologie, sodass sich in ihnen immer wiederkehrende Elemente, wie im Rahmen der Handlung bekehrte heidnische Gefängniswärter, Soldaten bis hin zu Stadthaltern, also mit Vorliebe Vertreter der Staatsmacht finden, was die Berichte tendenziell als antirömische Propagandaschriften erscheinen lässt.
Weiter sind meist Visionen oder Wunder als Zeichen göttlicher Verbundenheit, oder auch ein Generationenkonflikt zw. christlichen Kindern und heidnischen Eltern Bestandteil der Handlung.
All dies findet sich in geradezu klassischer und extrem übertriebener Weise in dem oft völlig kritiklos zitierten angeblichen Märtyrium der Perpetua und Felicitas, "... deren Schicksal zuverlässig überliefert ist. Nach noch erhaltenen frühchristlichen Augenzeugenberichten wurden ..." - wie unsere stets fleißigen christlichen Wikipedianer zu verkünden wissen. (https://de.wikipedia.org/wiki/Perpetua_und_Felicitas)
Nun gibt es in diesem Artikel aber auch einen Link auf die philologischen Untersuchungen eines Ernst Rupprecht aus den 1930er Jahren, der auf S.4 der pdf anmerkt: "...und es ist durchaus möglich und mir persönlich sogar wahrscheinlicher, daß es sich bei diesen 'authentischen Aufzeichnungen' überhaupt nur um eine literarische Fiktion handelt." (http://www.rhm.uni-koeln.de/090/Rupprecht.pdf)
Die christliche Apologetik dagegen behauptet, wie auf Wikipedia im Imperativ zu lesen ist: "Der Herausgeber und Autor, der den Tod Perpetuas beschrieb und den Text vervollständigte, ist bis heute, trotz vieler Forschungen, unbekannt. Die Echtheit dieses Dokuments ist aber nicht anzuzweifeln."
Zu Vlassis Rassias Aussagen betreff Todeslagern von Skythopolis müsste man prüfen, auf welche Quellen er sich in seinem Buch stützt.
pavlovic am Permanenter Link
Vielen Dank für diese erhellenden Ausführungen. Vlassis Rassias hatte ich diesbezüglich eine Email geschrieben aber nie eine Antwort erhalten.
Horst Herrmann am Permanenter Link
Vor zehn Jahren hatte ich die Nase voll.
Wer gewohnt war, über Nero nur Klischees vom "brutalen Christenschlächter", vom "Brandstifter", vom "Muttermörder" und so fort zu lesen, sollte etwas anderes erfahren. Ich wollte Nero Gerechtigkeit widerfahren und das Bild gerade dieses Kaisers vor der Geschichte in einem anderen Licht erscheinen lassen, zudem eine detailfreudige Einführung in das "alte Rom" bieten, über den römischen Alltag informieren, über Essen, Lieben, über Feste, Wagenrennen, Bauten. Doch dieses Projekt erwies sich als Flop, "Nero" wurde zu meinem am schlechtesten verkauften Buch.
Wolfgang am Permanenter Link
Geschichte wurde immer von den Siegern "geschrieben" und viel dazu gedichtet. Am Beispiel Christentum wird immer klarer, Macht und Einfluss regelt sich durch Intrigen, Lügen und das liebe Geld.
Lea am Permanenter Link
Aber nicht nur im "Nero d'Avola" (und anderen edlen Sorten) hat er sich ganz wunderbar verewigt!
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Nero also doch ein Christenverfolger?
Ich habe da auch schon anderes gelesen. Von christlichen Taliban, die als Endzeitsekte eben auf die Endzeit hingearbeitet haben und durchaus ernsthaft im Verdacht standen, selbst gezündelt bzw. das Feuer weiter getragen zu haben.
Demnach gab es die in solchen Fällen übliche Strafverfolgung. Von einer Verfolgung der Christen selbst war da keine Rede.