Der Klimawandel gefährdet das Überleben vieler Pflanzenarten in Europa. Ein Team aus Wissenschaftlern, das von Forschern des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen koordiniert wurde, hat herausgefunden, dass nur wenige Individuen der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) die notwendigen Genvarianten besitzen, um dem im Jahr 2050 in Europa herrschenden Klima trotzen zu können. Dieser Befund lässt sich sehr wahrscheinlich auch auf andere Pflanzenarten übertragen. Mit Hilfe der Ergebnisse können Forscher vorhersagen, wo eine Art am meisten von den Folgen des Klimawandels betroffen sein wird.
Ein internationales Forscherteam am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, der Universität Tübingen, der Technischen Universität Madrid und der UCLA Berkeley untersuchten hierzu Populationen der kleinen Ackerschmalwand, eine typische für Forschungszecke in der Biologie verwendete Modellpflanze. Von über 500 geographischen Standorten in Europa zusammengetragen, haben die Forscher die Pflanzen in Spanien und Deutschland angebaut und auf ihre Anpassungsfähigkeit an Hitze und Trockenheit hin untersucht.
Die Wissenschaftler haben die aus den Feldversuchen gewonnen Daten mit Modellen zur Klimawandel der kommenden Jahrzehnte kombiniert. Auf diese Weise können sie untersuchen, wie die vom Menschen verursachten Temperatur- und Niederschlagsveränderungen die genetische Vielfalt dieser Pflanzen verändern.
Modelle sagen Rückgang der genetischen Vielfalt voraus
Die Forscher waren insbesondere daran interessiert, inwieweit die individuelle Mischung unterschiedlicher Genvarianten in einer Pflanze die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaextremen beeinflussen. Wie sie herausfanden, werden zwar einige Pflanzen der Ackerschmalwand durchaus auch bei starker Trockenheit und Hitze überleben können. Die meisten werden aber die für 2050 prognostizierte Trockenheit auf der iberischen Halbinsel, in Frankreich, Italien und Südosteuropa nicht überstehen. Die genetische Vielfalt der wenigen überlebenden Arabidopsis-Individuen wird dann in diesen Gegenden deutlich geringer sein als heute.
"Unsere Berechnungen zeigen, dass die genetische Vielfalt von Arabidopsis bis zum Jahr 2050 schwinden wird. Es werden vor allem die Mutationen profitieren, die die Pflanzen widerstandsfähiger gegenüber den zukünftigen Klimaextremen in Süd- und Südosteuropa machen werden", so Moises-Exposito-Alonso, Erstautor der Studie. "Erstaunt hat uns in diesem Zusammenhang, wie sehr sich die Individuen einer bestimmten Pflanzenart innerhalb des europäischen Raums unterscheiden, so dass einige unter den zukünftigen Klimabedingungen überleben werden, andere aber nicht", erklärt Detlef Weigel, Direktor am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie.
Die heutige Pflanzenvielfalt wird es nicht mehr geben
Angesichts sinkender Regenmengen und vor allem in den klimatischen Randzonen des Mittelmeeres und Nordeuropas steigenden Durchschnittstemperaturen besitzen viele heute in Europa heimische Pflanzen nicht die genetischen Voraussetzungen zum Überleben. Für die meisten Pflanzen fehlen zwar noch ausreichende genetische Informationen, um ihre Fitness in Zeiten des Klimawandels beurteilen zu können. Es ist allerdings dank modernster experimenteller Analyseverfahren immer häufiger möglich, auch für andere Pflanzenarten vergleichbare Aussagen zu treffen. (mpg)
2 Kommentare
Kommentare
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
der Klimawandel bedroht nicht, sondern verändert die genetische Vielfalt.
Einheimische Pflanzen, die nicht überleben können, werden durch Pflanzen
anderer Erdteile ersetzt.
Die genetische Vielfalt wird durch die Giftspritze der Landwirte, durch die
Versiegelung der Landschaft durch Straßen, Häuserbau und durch Industrie-
erweiterungen sehr viel stärker eingeschränkt als durch den Klimawandel.
Viele Grüße
Arno Gebauer
Junius am Permanenter Link
Es gibt etwas ganz anderes, was die Vielfalt von Pflanzen und indirekt damit auch von Insekten und Vögeln bedroht: die Praxis der Bauern, aus Weiden Wiesen zu machen, auf denen keine Tiere mehr grasen, sondern die all
Auf den Wiesen wächst nach solch einer Behandlung nur noch Gras, sonst nichts. Deshalb der rapide Rückgang der Insekten, und damit der Vögel. Das Gras ist von solch lausiger Qualität, daß einige Käsereien nur noch Milch von Kühen annehmen, die nicht mit Intensivgrünlandfutter gefüttert wurden.