Ärztinnen, Beraterinnen und Fachverbände sehen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch während Corona-Pandemie gefährdet

Leben und Gesundheit von Frauen in Gefahr

Aktuell müssen ungewollt Schwangere drei bis vier persönliche Termine außer Haus wahrnehmen, um einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können: Die Pflichtberatung, einen gynäkologischen Untersuchungstermin, eine Ultraschalluntersuchung, den Abbruch, eine Nachuntersuchung. Hinzu kommen drei Tage Wartefrist zwischen Beratung und Abbruch.

Aufgrund der Corona-Pandemie ist der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen nunmehr akut gefährdet:

Es sind starke Einschränkungen in den Beratungsstellen, da sie geschlossen haben oder eingeschränkte Beratungsangebote. Das bedeutet: Weniger Termine und längere Wartezeiten.

Es gibt Einschränkungen in Praxen und Kliniken, weil es an Schutzausrüstung – Atemmasken, Schutzkittel, Desinfektionsmittel – mangelt. Es werden Angebote reduziert, um das Infektionsrisiko der Patient*innen und des Personals zu minimieren und es gibt Schließzeiten aufgrund von Quarantäne oder Infektion von Ärzt*innen oder Mitarbeiter*innen. Außerdem werden Schwangerschaftsabbrüche von Seiten der Kliniken möglicherweise nicht als notwendiger Eingriff angesehen.

Es gibt große Zugangsprobleme für die ungewollt Schwangeren durch die de facto Ausgangssperre aller Bürger*innen zur Eindämmung der Pandemie: Kinder und Angehörige müssen mit einem Mal zuhause versorgt werden; möglicherweise ist die ungewollt Schwangere selbst in Quarantäne; Transportmöglichkeiten sind reduziert durch Einschränkungen des ÖPV – schon vor der Pandemie lagen die Wege zum Abbruch für viele zwischen 50 und 200 Kilometer.

Das bedeutet, dass ungewollt Schwangere die gesetzliche Frist, bis zu der ein legaler Abbruch erlaubt ist, nicht mehr einhalten könnten. Hinzu kommt: Auch Spätabbrüche im Ausland (Niederlande, Großbrittanien) sind aufgrund der Reiseeinschränkungen während der Pandemie nicht mehr möglich.

Die Ärztinnen, Beraterinnen und Fachverbände befürchten, dass:

  • Frauen wieder zu "unsicheren Abtreibungsmethoden" greifen mit der Gefahr von gesundheitlichen Schäden wie Entzündungen, Sterilität, Blutungen, bis hin zum Tod,
  • es zu mehr unerwünschten Schwangerschaften infolge Zunahme häuslicher Gewalt, sexueller Gewalt und Vergewaltigungen als Folge der Ausgangsbeschränkungen geben wird. Erfahrungen aus China bestätigen unsere Befürchtungen.

Aus Verantwortung für die Gesundheit und das Leben von Frauen fordern sie daher von Bundes- und Landesregierungen wie von den Krankenkassen, dass die Videoberatung oder telefonische Beratung ermöglicht wird. Entsprechende Erlasse zur Video- beziehungsweise Telefonberatung aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bayern gibt es bereits. Sollte die Video- beziehungsweise Telefonberatung nicht mehr umzusetzen sein, müssen die Pflichtberatung und die Wartefrist ausgesetzt werden.

Weiter wird gefordert, dass der Antrag für die Kostenübernahme und die Zustellung der Kostenübernahmeerklärung durch die Krankenkassen online ermöglicht wird.

Auch die Zulassung des Homeuse für den medikamentösen Abbruch mit telemedizinischer Begleitung bis zum Ende der 9. Schwangerschaftswoche muss, entsprechend den Richtlinien der WHO, ermöglicht werden.

Schwangerschaftsabbrüche sollen als notwendige medizinische Leistung im Sinne der Pandemiebestimmungen für medizinische Einrichtungen anerkannt werden: Schwangerschaftsabbrüche sind Notfallleistungen und nur innerhalb gesetzlich vorgeschriebener Fristen straffrei.

Die ärztlichen Kolleg*innen, die Abbrüche durchführen, werden aufgefordert:

  • eine sofortige Steigerung des Angebotes für den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch durch niedergelassene Ärzt*innen und Kliniken zu realisieren
  • die Kapazitäten für den chirurgischen Schwangerschaftsabbruch ab der 1. Schwangerschaftswoche aufrecht zu erhalten.

Die Forderungen wurden von folgenden Organisationen aufgestellt:

Doctors for Choice Germany e. V.
Pro Choice Deutschland e. V.
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e. V.
(AKF)
Dörte Frank-Bögner und Stephanie Schlitt im Namen des Bundesvorstandes von pro familia e. V.

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