Aktionswoche fordert die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs

Deutschlandweite Proteste gegen § 218 StGB

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Ausschnitt aus dem Plakat zum Aktionstag
Plakat zum Aktionstag

Das "Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung" ruft zu einer Aktionswoche vom 21. bis 28. September 2024 gegen § 218 StGB auf. Gefordert wird eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs noch innerhalb der aktuellen Legislaturperiode. Ein entsprechender Gesetzentwurf wäre längst überfällig – auch in der politischen Auseinandersetzung mit der AfD.

Die Abschaffung des § 219a StGB, des sogenannten »Werbeverbots für den Schwangerschaftsabbruch«, war ein erster bedeutender Schritt auf dem Weg zu einer menschenrechtskonformen Gesetzgebung. Nun fordern die Aktivist*innen des Bündnisses, dass auch § 218 fällt. "Eine Bundesregierung, die ihren Koalitionsvertrag mit 'Mehr Fortschritt wagen' betitelt hat, darf mit Gesetzen zur Gleichstellung und zur reproduktiven medizinischen Versorgung nicht im vorherigen Jahrhundert verharren. Eine Novellierung der Gesetzgebung ist lange überfällig", erklärt Tim Lautner vom "Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung". "Wir fordern die Bundesregierung auf, diese historische Chance zu nutzen und den Schwangerschaftsabbruch endlich zu legalisieren!"

Die Giordano-Bruno-Stiftung hat die Neuregelung der Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch bereits 2018 angemahnt und das 219a-Verfahren gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel, das vom Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) juristisch eng betreut wurde, dazu genutzt, um die Abschaffung des § 218 StGB wieder in die Debatte einzubringen (siehe hierzu den aufschlussreichen Überblicksartikel von Kristina Hänel in der ifw-Schriftenreihe sowie die Stellungnahme "Schwangerschaftsabbruch im liberalen Rechtsstaat", die Michael Schmidt-Salomon im Auftrag der Giordano-Bruno-Stiftung und des Hans-Albert-Instituts im März 2022 zur Verfassungsbeschwerde von Kristina Hänel in Karlsruhe einreichte).

Auch die von der Bunderegierung eingesetzte "Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin", bei der u.a. Jessica Hamed vom ifw und Philipp Möller vom "Zentralrat der Konfessionsfreien" ihre Argumente zur Abschaffung des § 218 StGB vortragen konnten, kam im April 2024 zu dem Ergebnis, dass die derzeitigen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch einer "verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung" nicht standhalten.

 

Ein schwerer politischer Fehler – auch in der Auseinandersetzung mit der AfD

"Dass die Ampelregierung diese Vorlage nicht genutzt hat, um einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, ist ein schwerer politischer Fehler!", erklärt gbs-Vorstand Michael Schmidt-Salomon. "Dies gilt nicht zuletzt auch für die notwendige politische Auseinandersetzung mit der AfD. Denn in Ostdeutschland plädiert die überwältigende Mehrheit für eine Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, während die AfD aufgrund ihres christlich-fundamentalistischen Flügels schärfere Gesetze fordert. Wenn man die AfD effektiv bekämpfen möchte, sollte man sie gezielt auf jenen Gebieten angreifen, auf denen sie komplett andere Positionen vertritt als ein Großteil ihrer Wählerschaft!"

In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Ipsos, die im Dezember 2022 im Auftrag des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung durchgeführt wurde, sprachen sich 83 Prozent der Befragten für eine Entkriminalisierung aus. Dabei fiel der Zuspruch für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs bei den Befragten aus den östlichen Bundesländern (einschließlich Berlin) mit 88 Prozent signifikant höher aus als in den westlichen Bundesländern (81 Prozent). In den östlichen Bundesländern scheint das Selbstverständnis eines freien, sicheren und kostenfreien Zugangs zum Schwangerschaftsabbruch historisch tiefer verwurzelt zu sein.

Großdemonstrationen in Berlin und Köln

Den Auftakt der Aktionswoche bilden zwei große Demonstrationen gegen den sogenannten "Marsch für das Leben" größtenteils christlich-fundamentalistischer Abtreibungsgegnerinnen am 21.9.24 in Berlin und Köln. Es finden zudem weitere Demonstrationen und Veranstaltungen in mehreren deutschen Städten statt. Alle Aktionen der Aktionswoche findet man auf der Website zum "Safe Abortion Day", die Informationen werden laufend ergänzt.

Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung ist eine Vereinigung von Beratungsstellen, feministischen und allgemeinpolitischen Gruppen, Verbänden, Gewerkschaften und Parteien sowie Einzelpersonen, der sich auch die Giordano-Bruno-Stiftung angeschlossen hat. Die gbs unterstützt die Aktionen des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung bereits seit vielen Jahren, ideell wie finanziell.

Erstveröffentlichung auf der Website der gbs.

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