Trotz Musik- und Tanzverbots in Bayern wird der Bund für Geistesfreiheit München (bfg München) an den sogenannten "Stillen Tagen" – Allerheiligen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag, Totensonntag – in acht Münchner Clubs und Bars auf 19 Veranstaltungen feiern. Mit dabei sind unter anderem Freiheitshalle, Milchbar, Fat Cat und Prosecco Bar.
Bisher wurden jedoch erst zehn Feste vom Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) genehmigt. "Wir sind zwar guter Dinge, dass es auch bei den anderen Veranstaltungen keine Probleme geben wird, kritisieren aber, dass wir erst am gestrigen Montag und erst nach erneuter Nachfrage die Genehmigungen von sieben der insgesamt acht Veranstaltungen am 31. Oktober und 1. November bekommen haben. Das beeinträchtigt Vorbereitung und Öffentlichkeitsarbeit enorm", sagt Assunta Tammelleo, Vorsitzende des bfg München.
Die sogenannte "Weltanschauliche Ansprache"
Aber nicht nur, dass die Veranstaltungen an Stillen Tagen vom Münchner KVR erst genehmigt werden müssen. Auf den Festen und Partys muss der bfg München zudem regelmäßig erläutern, was seine weltanschaulichen Anliegen und Vorhaben sind, so steht es im Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Assunta Tammelleo kann die rechtlichen Vorgaben und Beschränkungen nicht nachvollziehen. "Warum sollte jemand an Stillen Tagen nicht einfach tanzen dürfen? Woran soll sich ein gläubiger Christ zum Beispiel an Allerheiligen stören, wenn eine Halloween-Party in einem geschlossenen Raum stattfindet? Und es kann doch nicht Aufgabe des Staates sein, Menschen Vorschriften zu machen, wie sie an einem Feiertag ihre Freizeit verbringen sollen. Selbstverständlich sollen und dürfen Christ*innen in Stille und Trauer gedenken. Sie dürfen aber nicht Anders- und Nicht-Gläubige zwingen, es ihnen an einem solchen Tag gleich tun zu müssen. Wir zwingen ja auch niemanden, mit uns zu tanzen. Bei uns jedenfalls sind alle Menschen herzlich eingeladen, an den Stillen Tagen zu unseren Partys zu kommen. Und mit 'alle' meinen wir alle! Nicht nur Ungläubige sind willkommen, sondern auch Gläubige, Andersdenkende, Zweifelnde jeden Alters, jeden Geschlechts, jeder sexuellen Orientierung, jeder Herkunft."
Warum braucht es an Stillen Tagen den Bund für Geistesfreiheit München zum Tanzen und Feiern?
Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 darf trotz Musik- und Tanzverbots an sogenannten Stillen Tagen gefeiert werden. Die Richter*innen in Karlsruhe hatten am 7. Oktober 2016 entschieden, dass Artikel 5 des Bayerischen Feiertagsgesetzes mit der Weltanschauungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar ist. Damit folgte es einer Verfassungsbeschwerde des bfg München, der sich nach dem Verbot seiner "Heidenspaß- statt Höllenqual-Party" an Karfreitag 2007 durch alle Instanzen geklagt hatte.
Seitdem sind an Karfreitag und allen anderen acht "Stillen Tagen" Ausnahmen möglich, wenn der bfg München auf den Festen und Feiern sein Anliegen thematisiert. Der Bund für Geistesfreiheit München tritt ein für die strikte Trennung von Kirche und Staat sowie für Bürgerrechte und Demokratie. Aktuell engagiert er sich für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs beziehungsweise die Abschaffung des Paragraphen 218 StGB, in dem der Abbruch geregelt ist. Außerdem klagt der bfg München gegen den Kreuzerlass der bayerischen Staatsregierung vor dem Bundesverfassungsgericht.
Assunta Tammelleo, bfg München
Auf Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hat der bfg München "Heidenspaß-Partys" zu Karfreitag im Oberangertheater (2017), Blitz Club (2018/19) und in der The Keg Bar sowie der Kulturbühne Hinterhalt (beide 2022) mit Tanz, Live-Musik, Kabarett und vielem mehr veranstaltet. An Gründonnerstag und Karfreitag 2023 waren es dann schon sieben Veranstaltungen, im November 2023 (Allerheiligen, Buß- und Bettag, Volkstrauertag und Totensonntag) insgesamt 14 Feste. An Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag 2024 gab es schließlich 47 Veranstaltungen des bfg München.
Tanzverbot abschaffen
Die Forderung des bfg München ist klar: "Das Tanzverbot muss weg. Ein solches Instrument der Bevormundung und Kontrolle von Menschen hat in einer Demokratie nichts zu suchen. Dazu muss endlich das bayerische Feiertagsgesetz liberalisiert werden", so Assunta Tammelleo.
Auch auf einen Vorwurf, der dem bfg München gegenüber immer wieder geäußert wird, geht Tammelleo ein: "Nein, wir wollen keine gesetzlichen Feiertage abschaffen, aber wir können uns eine Umbenennung von Feiertagen in einem immer säkularer werdenden Land gut vorstellen. Und wir plädieren für andere gesetzliche Feiertage, zum Beispiel den Internationalen Frauentag am 8. März, den Tag der Befreiung am 8. Mai oder den Tag der Menschenrechte am 10. Dezember."
Orte und Termine für die Partys an den Stillen Tagen im November 2024:
- Black Box im Fat Cat am 31.10.
- Milchbar am 31.10.
- Freiheitshalle am 31.10.
- Goldener Reiter am 31.10.
- Prosecco Bar am 31.10.
- Yokocho am 01.11.
- Import Export am 01.11.
- Prosecco Bar am 01.11.
- Freiheitshalle am 16.11.
- Goldener Reiter am 16.11.
- Prosecco Bar am 16.11.
- Vintage Club am 17.11.
- Import Export am 17.11.
- Yokocho am 20.11.
- Prosecco Bar am 20.11.
- Freiheitshalle am 23.11.
- Goldener Reiter am 23.11.
- Prosecco Bar am 23.11.
- Vintage Club am 24.11.