Kirchenfinanzierung: Fragen und Antworten

BONN/BERLIN. (hpd/dbk) Die Katholische Bischofskonferenz hat vor einer Woche eine lange Liste mit 37 Fragen und Antworten zur Kirchenfinanzierung veröffentlicht. Da dies auch als Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion über die staatliche Finanzierung der Kirchen anzusehen ist, hat Carsten Frerk, der Autor des „Violettbuch Kirchenfinanzen“, diese Antworten durchgesehen und kommentiert.

Als technische Erläuterung: Die Fragen der Bischofskonferenz sind durchnummeriert worden, um sich besser im langen Text orientieren zu können. Nach jeder Frage folgt dann zuerst die Antwort der Bischofskonferenz (in normaler Schrift) und dann (in kursiver Schrift) die Kommentierung / Antwort von Carsten Frerk.

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Kirchenfinanzierung: Fragen und Antworten

Was ist die Kirchensteuer? Was versteht man unter Staatsleistungen? Wie finanziert sich die Kirche? Was leisten Caritas und Ehrenamt? Viele Fragen werden zur Kirchenfinanzierung gestellt. Wir geben Antworten auf häufig gestellte Fragen.

 

(1) Was versteht man unter der Trennung von Staat und Kirche? Was versteht man unter dem Selbstbestimmungsrecht der Kirche?

Staat und Kirche sind in Deutschland voneinander getrennt. Keiner hat in Bezug auf die jeweils eigene Zielsetzung ein Bestimmungsrecht über den anderen. Die Kirche hat ein Selbstbestimmungsrecht und kann ihre eigenen Angelegenheiten selbst regeln. Das ist Ausdruck auch der Religionsfreiheit, die das Grundgesetz garantiert.

  • Die institutionelle Trennung von Staat und Kirche ist verfassungsgemäß. Das wichtigste Element einer Demokratie ist die Gleichheit Aller. Abweichungen davon müssen geregelt sein. Insofern hat die Kirche zwar ein durch das Grundgesetz geschütztes Recht, ihre eigenen Angelegenheiten ohne Mitwirkung der bürgerlichen Gemeinden zu „ordnen“ und zu „verwalten“, also ein „Selbstverwaltungsrecht“, aber kein „Selbstbestimmungsrecht“.

Der Staat ist religiös neutral und darf keine Religion wegen ihres Glaubens bevorzugen. Dennoch sind Kirche und Staat aufeinander bezogen.

  • Wenn der erste Satz korrekt ist, stimmt der zweite nicht, was auch nicht durch das sprachliche „dennoch“ übersprungen wird. Und wenn „Kirche“ als organisierte Religion und Staat aufeinander bezogen seien, welche Kirche ist mit dem Staat „aufeinander bezogen“ und welche nicht? Oder alle gleichzeitig? Oder alle nicht?

Der Staat ist auf Werteeinstellungen und Grundhaltungen seiner Bürger angewiesen. Diese entstehen nicht von selbst und der Staat hat nur begrenzt auf sie Einfluss. Deshalb gehört es zu seinem Interesse, diejenigen Akteure zu stärken, die Überzeugungen und Wertebindungen vermitteln. Dazu gehören ganz besonders die Religionsgemeinschaften und Kirchen.

  • Es ist ein gesellschaftliches und politisches Problem, dass die Kirchen „ganz besonders“ dieser Meinung sind. Für einen politischen Lobbyismus ist es allerdings verständlich, derart zu argumentieren und implizit andere Auffassungen damit zu diskreditieren.
  • „Wertebindungen“ finden primär in der Familie statt, im Freundeskreis, in Freizeitgruppen, in der Schule. Die Kirchen spielen 60 Jahre nach Verabschiedung des Grundgesetzes als Wertesetzende Instanzen nur noch eine marginale Rolle.

Im Übrigen sind Staat und Kirche gut beraten, dort aktiv zusammenzuarbeiten, wo dies für beide Seiten sinnvoll ist, weil es um gemeinsame Ziele zugunsten der Menschen geht.

  • Staat und „Kirche“ haben unterschiedliche Zielsetzungen (Interessenausgleich/Kompromiss versus Missionierung/Wahrheitsanspruch) und entsprechend auch keine „gemeinsamen Ziele“. Insofern gibt es keinen Bereich, in dem es „für beide Seiten sinnvoll“ wäre, zusammenzuarbeiten.
  • In dieser kirchlich behaupteten „Gemeinsamkeit von Staat und Kirche“ drückt sich die vordemokratische Auffassung des 19. Jahrhunderts aus, als die Identität von Staat und kirchengemeindlichen Interessen in der Einheit von „Thron und Altar“ noch gegeben war.
  • Jede Organisation kann den Staat unterstützen und mit ihm ‚zusammenarbeiten’. Freiwillige Feuerwehren, DLRG, Verbraucherschützer, Tierschützer, Umweltschützer, Menschenrechtsgruppen... da dürfen sich die Kirchen gerne einreihen. Eine Sonderstellung der Kirchen lässt sich hiermit nicht begründen.

(2) Welches Rechtsverhältnis besteht zwischen Kirche und Staat?

Das Grundgesetz gewährleistet die „Freiheit des Glaubens“ und die „ungestörte Religionsausübung“ (Art. 4, Abs. 1 und 2 Grundgesetz). Die Kirche ist vom Staat frei, der kirchliche und der staatliche Bereich sind in der Wurzel voneinander geschieden.

  • Wo bleiben denn jetzt die „Gemeinsamkeiten“ und das „Aufeinanderbezogensein“?
  • Nicht nur ist die „Kirche vom Staat frei“, sondern auch der Staat von der Kirche. Art. 4 GG definiert keine einseitige Freiheit.

Der Staat aber muss es den Gläubigen auch aktiv möglich machen, ihren Glauben im öffentlichen Leben zur Geltung zu bringen.

  • Entsprechend des oben zitierten Art. 4, Abs. 2 GG heißt es: „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet“. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
  • Der Staat darf hinsichtlich der Religionsausübung nicht „aktiv“ werden.
  • Dass religiöse Auffassungen im Rahmen der Meinungsfreiheit jedes Bürgers (Art. 5 Abs.1 GG) in Wort, Schrift und Bild frei geäußert und verbreitet werden können, ist ein Grundrecht. Dass „der Staat“ den Glauben religiös organisierter Bürger im „öffentlichen Leben zur Geltung zu bringen habe“ ist ein Wunsch- oder Anspruchsdenken ohne jede verfassungsrechtliche Grundlage.

Er darf sich gegenüber der Kirche nicht indifferent oder gar ablehnend verhalten, wobei er an die Grundsätze von Toleranz und Gleichbehandlung gebunden ist.

  • Der Staat hat sich gegenüber allen Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften gleich-gültig zu verhalten. „Niemand darf wegen (...) seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ (Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz)
  • Warum wird hier nur im Singular „Kirche“ argumentiert? Entweder „Kirchen“ oder, da es auch nicht ‚verkirchlichte’ Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften gibt, ein anderer Plural.

Beispiele, wie der Staat für die Religionsgemeinschaften entsprechende Vorkehrungen schafft, sind:
- die Stellung der Kirchen als „Körperschaften des öffentlichen Rechts“, wodurch den Kirchen konkrete Organisationsmöglichkeiten gegeben werden (z. B. das Steuerrecht).

  • Der Status einer „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ ist keine Vorbedingung für Religionsfreiheit.
  • In Deutschland gibt es keine „staatlich anerkannten“ Religionsgemeinschaften und die Mehrzahl der Religionsgesellschaften hat keinen Körperschaftsstatus.

- Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen in „ihren eigenen“ Angelegenheiten, z. B. in Form eines kirchenspezifischen Arbeitsrechts.

  • Die Religionsgesellschaften haben (nur) ein garantiertes Selbstverwaltungsrecht. Dass die Kirchen ein „Selbstbestimmungsrecht“ hätten, und darüber auch selbst bestimmen könnten, was zu „ihren eigenen Angelegenheiten“ hört, ist eine praktizierte, aber dennoch im Widerspruch zu mehreren Verfassungsgrundsätzen stehende Ausweitung dieses Selbstverwaltungsrechts.
  • Die Gleichheitsgrundsätze, die positive wie die negative Religionsfreiheit u.a.m. setzen den Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sehr enge Grenzen innerhalb derer sie einen „Tendenzschutz“ formulieren dürfen – nur für ihr Personal der Leitung und der Verkündigung.
  • Das jetzige kirchenspezifische Arbeitsrecht ist ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) sowie gegen das Recht auf gewerkschaftliche Organisation (Art. 9 Abs. 3 GG)

- Neben diesen „eigenen“ gibt es eine Reihe „gemeinsamer Angelegenheiten“, z. B. die Militärseelsorge und den Religionsunterricht, der nach Art. 7, Abs. 3 Grundgesetz „ordentliches Unterrichtsfach“ ist.

  • Ausschließlich der Religionsunterricht und die Überlassung der bürgerlichen Steuerlisten zur Kirchensteuerberechnung sind nach dem Grundgesetz „gemeinsame Angelegenheiten“. Die Militärseelsorge (ebenso wie die Anstaltsseelsorge, die im Text nicht genannte Polizeiseelsorge etc.) ist nur „zuzulassen“ und nicht zu finanzieren.

- In diesen Zusammenhang der Religionsfreiheit gehört auch der grundgesetzlich verbürgte Schutz des Sonntags als „Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ (Art. 139 Weimarer Reichsverfassung in Verbindung mit Art. 140 Grundgesetz).

  • Der vorhandene Schutz des Sonntags, aber vielfach durchlöcherte „Tag der Arbeitsruhe“ (Pastoren, Polizisten, Krankenschwestern und Pfleger, Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks, Zeitungsdrucker, Bäcker, Tankwarte, Beschäftigte des ÖPNV etc. etc.), ermöglicht es den Kirchenmitgliedern ungestört zur Kirche zu gehen.
  • Auf welche Weise ein Bürger seine „seelische Erhebung“ realisiert - sei es durch Kirchgang, Spazierengehen, Ausschlafen und im Bett bleiben, ins Fußballstadion gehen, blasphemische Verse dichten u. v. a. m. – ist seine Privatsache und geht weder den Staat noch die Religionsgesellschaften etwas an.
  • Dass nur die Christen „ihren“ Ruhetag garantiert bekommen haben, hat sicher etwas mit den damaligen Mehrheitsverhältnissen zu tun, aber nicht mit Religionsfreiheit. Anderenfalls müsste man ja annehmen, die Religionsfreiheit der Juden und Muslime sei beeinträchtigt, weil ihre Feiertage nicht in gleicher Weise geschützt sind.

(3) Wie finanziert sich die Kirche?

Die katholische Kirche finanziert sich ganz überwiegend aus der Kirchensteuer.

  •  Die Angabe „ganz überwiegend“ ist sicherlich falsch. Sie erweckt den Eindruck, dass deutlich mehr als die Hälfte, also etwa 60 – 70 Prozent der „katholischen Kirche“ (wobei nicht erläutert wird, wie eng oder weit hier „Kirche“ definiert wird), aus den Kirchensteuereinnahmen finanziert wird. Da diese katholischen Bistümer keine Gesamtübersichten der Kirchenfinanzen veröffentlichen, lässt sich aus den Zahlenangaben der Evangelischen Kirche – die der katholischen Kirche an Größe und Struktur ähnlich ist – nur schlussfolgern, dass es nur rund 40 Prozent sind.

In einem kleineren Umfang tragen auch Vermögenserträge und so genannte Staatsleistungen zu den Kirchenfinanzen bei. Die Bistümer veröffentlichen Angaben zu ihren Haushalten auf ihren Internetseiten, so dass dort die wesentlichen Einnahme- und Ausgabeposten des Bistumshaushalts eingesehen werden können.

  • Aber auch nur für den, denn ein Bistumshaushalt ist nur ein Ausschnitt aus dem gesamten kirchlichen Finanzgeschehen. Die Kirchensteuern werden dort zwar insgesamt dargestellt, alle anderen Finanzierungen aber nur soweit sie das Bistum als Rechtsträger betreffen. Die Staatsleistungen und öffentlichen Finanzierungen im weitesten Sinne – für Krankenhäuser, Konfessionsschulen, kirchliche Kindertagesstätten etc., für die meisten der caritativen Einrichtungen – sind dort nicht verbucht. Es sind andere Rechtsträger mit eigenen (nicht veröffentlichten) Haushalten.


Begrifflichkeiten

(5) Subventioniert der Staat die Kirche?

Der Staat subventioniert nicht die Kirche als Religionsgemeinschaft. Wo der Kirche staatliche Gelder zufließen, wird im gemeinsamen Interesse von Staat und Kirche z. B. das soziale oder kulturelle Engagement der Kirche unterstützt.

  • Das „gemeinsame Interesse von Staat und Kirche“ ist ein feudales Relikt aus dem 19. Jahrhundert, das aufgrund der heutigen Verfassungsgrundsätze nicht mehr als „Gemeinsamkeit von Thron und Altar“ existiert.

Viele soziale Dienstleistungen können nur mit Hilfe eines kirchlichen Eigenanteils realisiert werden (z. B. Kindertagesstätten oder Hilfen für Menschen in besonderen Lebenslagen, wie wohnungslose Menschen).

  • Warum werden diese „kirchlichen Eigenanteile“ nicht beispielhaft beziffert? Weil es dann so peinlich wenig sind?

Oft mobilisieren kirchliche Dienste Kräfte für die Allgemeinheit, vor allem in Form von ehrenamtlicher Arbeit, aber auch von Spenden. Diese Leistungen entlasten den Staat erheblich und stellen eine beachtliche Leistung der Gläubigen an die Gesamtgesellschaft dar.

  • Eine kirchliche Selbsttäuschung und ständige Anspruchsbehauptung, dass ihre Leistungen nicht nur für ihre wenigen gläubigen Mitglieder noch von Bedeutung sind, sondern für die Gesamtgesellschaft. Das war einmal.

Aus den Diensten, die die Kirche erbringt, werden keine Einnahmen für die Kirche gewonnen, sondern aus kirchlichen Mitteln (Kirchensteuer, Spenden) werden soziale Dienste mitfinanziert. Letztlich profitiert der Staat von der Kirche und von den in der Religiosität begründeten Haltungen seiner Bürger.

  • Falsch. Die beiden Großkirchen geben rund 800 Mio. Euro der kirchlichen Einnahmen (von denen die Kirchensteuern rund die Hälfte sind) als Mitfinanzierung in kirchliche soziale Dienste. Damit wird der Staat entlastet. Gleichzeitig verzichtet der Staat aber durch die steuerliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer auf 3 Mrd. Euro an Einnahmen. Das ist insgesamt für den Staat kein „Profitieren“ sondern eine Negativbilanz.

(6) Haben die Bistümer Privilegien im finanziellen Bereich?

Als „Körperschaften des öffentlichen Rechts“ sind die Bistümer – ebenso wie etwa die Industrie- und Handels- und sonstigen Kammern, die Gemeinden und Landkreise oder auch der Bund für Geistesfreiheit in Bayern – grundsätzlich von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit. Gewisse Steuervergünstigungen gewähren ferner u. a. das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz. Die Kirche sieht sich hier in einer Reihe mit anderen Körperschaften und vom Staat als förderungswürdig - weil gemeinwohldienlich - betrachteten Einrichtungen. Weder beim Recht zur Erhebung von Kirchensteuern noch bei den Staatsleistungen handelt es sich um einseitige Privilegierungen der Kirche.

  • Es ist bezeichnend, dass der Begriff des „gemeinwohndienlich“ verwendet wird, der nicht nur aus dem 19. Jahrhundert des feudalen Absolutismus stammt, sondern auch nur solange zureffend war, als noch beinahe alle Bürger Kirchenmitglieder waren.
  • Es ist zudem interessant, dass die Kirchen sich als Körperschaften in dieser Darstellung auf die gleiche Ebene wie Industrie- und Handelskammern stellen und auch den kleinen Bund für Geistesfreiheit in Bayern erwähnen.
  • Der Status, den die Großkirchen sich als religiöse Körperschaften des öffentlichen Rechts selbstdefiniert zusprechen, sieht sich gleichberechtigt neben dem Staat, wenn nicht gar dem Staat übergeordnet.
  • Da sie ihre Angelegenheiten ohne die Mitwirkung, d.h. ohne die Kontrolle des Staates ordnen und verwalten, haben sie keinerlei öffentliche Offenlegungspflicht ihrer Finanzen und ihres Vermögens, keinen Nachweis der Mittelverwendung, müssen nicht korrekt bilanzieren und bilden einen ihnen zugebilligten rechtseigenen Raum neben dem Staat.
  • Wenn Privilegierung heißt, dass man besondere Rechte gegenüber Anderen hat, dann sind die Staatsleistungen und die Zubilligung von Kirchensteuern durch staatliche Steuerlisten eine einseitige Privilegierung. Jeder andere Verein muss seine Mitgliedsbeiträge selber beibringen.

(7) Was zählt zu den Finanzquellen der Kirche?

Wichtigste Finanzquelle der Kirche sind die Abgaben ihrer Mitglieder: die Kirchensteuer. Die Kirchensteuer wird von den Kirchenmitgliedern aufgebracht. Hinzu kommen Spenden und Kollekten. Außerdem gibt es Staatsleistungen in Form von Dotationen und abgabenrechtliche Vergünstigungen. Eine weitere Finanzquelle sind Vermögenserträge (z. B. aus Immobilienbesitz). Allerdings sichert allein das Vermögen der Kirche nicht die Durchführung ihrer Aufgaben, da kein ausreichender Kapitalstock vorhanden ist und das Vermögen im Wesentlichen aus kaum realisierbaren Objekten wie Kirchen, Pfarrhäusern, Gemeindezentren usw. besteht.

  • Wenn es nicht so traurig falsch wäre, könnte man sich darüber amüsieren, dass sogar in den Stabsstellen der katholischen Bischofskonferenz das beträchtliche kirchliche Grundvermögen, die Fonds des Immobiliensondervermögens, der Aktienbesitz und die umfangreichen Rücklagen der Bistümer und das Vermögen der Bischöflichen Stühle nicht bekannt sind.
  • Die wie nebenbei erwähnten „abgaberechtlichen Vergünstigungen“ belaufen sich auf rund 3 Mrd. Euro durch die Absetzbarkeit der Kirchensteuer als Sonderausgabe und weitere 2,9 Mrd. Euro durch Steuerbegünstigungen und steuerliche Absetzbarkeit von Spenden.

(8) Was versteht man unter der Kirchensteuer?

Die Kirchensteuer ist ein Finanzbeitrag der Kirchenmitglieder für ihre Kirche. Sie ist keine staatliche Subvention, sondern ein Mittel der Selbstfinanzierung der Kirche durch ihre Mitglieder. Der Steuereinzug durch die staatlichen Finanzämter wird bezahlt und ist kein Geschenk. Die Kirchensteuer beträgt in der Regel neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer (in einigen Bundesländern acht Prozent). Sie wird über das Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält für diesen Dienst zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens.

  • Vergessen wurde die kostenlose Berechnung und Überweisung der Kirchensteuern durch die Arbeitgeber und die Verletzung des Grundgesetzgebotes, dass niemand seine religiöse Überzeugung offenbaren muss.

(9) Seit wann gibt es die Kirchensteuer? Weshalb wurde sie eingeführt?

Im Zuge der Neuordnung weiter Teile Europas durch Napoleon wurde die Kirche auf deutschem Gebiet im Jahr 1803 weithin enteignet (auch bekannt als Reichsdeputationshauptschluss). Ihr Besitz ging als Entschädigung an die Landesfürsten, die ihre eigenen Güter an Frankreich abtreten mussten (Säkularisation). Im Gegenzug mussten sich die einzelnen Länder verpflichten, die Versorgung der Kirchen zu übernehmen.

  • Diese Darstellung ist in mehrfacher Hinsicht falsch, entspricht aber dem, was überall zu lesen ist, auch beim Bundesministerium des Innern.
  • Die Kirchengemeinden und alle Einrichtungen der Kirchen, die der Wohlfahrtspflege dienten, behielten 1803 ihren Besitz. Was heißt also „Versorgung der Kirchen“ Gemeint ist die Versorgung der Kirchenfürsten?
  • Die Gebietsverluste an Frankreich sind keine „Säkularisation“.
  • Was hier als „enteignet“ bezeichnet wird, ist die Aufhebung („Säkularisation“) der letzten zwanzig katholischen „geistlichen Territorien“, die als Lehen an das Reich zurückfielen und neu verteilt wurden. Dabei wird von der Bischofskonferenz nicht unterschieden zwischen der „Herrschaftssäkularisation“ der Aufhebung der politischen, weltlichen Herrschaft und der Rücknahme von Gütern, die den Bischöfen zur persönlichen Disposition zur Verfügung standen.
  • Die Verpflichtung der Länder betraf nur den Erhalt der Hohen Domkirchen (Baupflicht) und einer persönlichen Apanage bis zum Lebensende für die „depossidierten“ Fürstbischöfe. Weitere Verpflichtungen wurden im Reichsdeputationshauptschluss nicht fixiert.
  • Spätere Regelungen (Bayern Konkordat 1817) entsprangen den Nützlichkeitserwägungen der nunmehr souverän gewordenen Monarchen (Alimentierung gegen Legitimation), die Bischöfe zur Salbung und Krönung brauchten („Wir von Gottes Gnaden“) anstelle der Belehnung durch den Römischen Kaiser.
  • Mit dem Beginn der republikanischen Demokratie in Deutschland 1918/19 waren diese feudalen Regelungen hinfällig geworden. Die Demokratie in Deutschland beruht auf der „Volkssouveränität“ (Art. 20, 2 GG) und nicht auf religiöser Weihung oder Segnung.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts entschlossen sich die meisten deutschen Länder dazu, diese direkte Pflicht auf die einzelnen Kirchenmitglieder zu übertragen. So entstand die Kirchensteuer nicht als Privileg für die Kirchen, vielmehr entlasteten sich die Länder, indem sie die Kirchenmitglieder belasteten. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde das Kirchensteuerrecht einheitlicher: Die Kirchensteuer orientierte sich nun an staatlichen Steuern wie der Einkommen- und der Vermögenssteuer.

  • Vor Einführung der Kirchensteuer (auf der Gemeindeebene) finanzierten sich die Kirchengemeinden im Wesentlichen aus drei Quellen: Einen Teil musste sich der Pfarrer aus der eigenen Pfründe erwirtschaften (Garten, Acker, Vieh), einen weiteren gab es aufgrund von Kirchenstiftungserträgen und Gebühren (Stolgebühren – von Stola, die der Pfarrer sich für rituelle Amtshandlungen um den Hals hängte) sowie kommunalen Zuschüssen und der dritte Teil bestand aus Spenden. Mit der Industrialisierung begann eine große Arbeitsmigration, z. B. von polnischen Bergarbeitern ins Ruhrgebiet. Für diese Neuankömmlinge wurden auch neue Kirchengemeinden gegründet, die aber keinerlei Pfründe besaßen. In dieser Situation der Knappheit wurde in Preußen (und anderen Ländern) um staatliche Genehmigung einer zusätzlichen Umlage gebeten, die der Staat gewährte. Damit begann die Geschichte der Kirchensteuer, und zwar in unterschiedlichster Bedarfshöhe und als jeweilige Defizitfinanzierung, wenn die übrigen Einnahmen und Spenden nicht reichten.

(10) Welche rechtliche Grundlage hat die Kirchensteuer heute?

Das Recht zur Erhebung der Kirchensteuer ist in der Verfassung niedergelegt.
„Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.“ (Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137, Abs. 6 Weimarer Reichsverfassung).

  • Das ist richtig, aber diese Verfassungsbestimmung stellt Regeln auf:
  • Kein staatliches Inkasso, nur Zurverfügungstellung der Steuerlisten der Kirchenmitglieder;
  • es ist eine Vergangenheitssteuer (die erst im Nachhinein aufgrund der staatlichen Steuerlisten berechnet werden kann;
  • keine Mitwirkung der Arbeitgeber, d. h. kein Eintrag der Religion auf der Lohnsteuerkarte;
  • Empfänger sind die Ortskirchengemeinden.

Außerdem enthalten vertragliche Absprachen zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften (so genannte Staatskirchenverträge) Regelungen zum Kirchensteuerwesen. Die einzelnen Bundesländer regeln schließlich in speziellen Kirchensteuergesetzen die konkreten Umsetzungsfragen. Die Kirchensteuergesetze der Länder sind Rahmengesetze, die von den Kirchen durch ihre eigenen kirchensteuerlichen Gesetze (Kirchensteuerordnung, Kirchensteuerbeschlüsse) ausgefüllt werden.

  • Ja, es ist schon ein „finanzverfassungsrechtliches Unikat“, die Kirchensteuer in Deutschland. Denn es ist äußerst ungewöhnlich bzw. einmalig, dass der Staat für eine private Organisation deren Zwangsbeiträge eintreibt.
  • Diese internen Regelungen der Kirche als „Gesetze“ zu bezeichnen, grenzt an Größenwahn. Gesetze sind durch ein Parlament zu beschließen und durch eine Verwaltung durchzuführen.

(11) Wer darf Kirchensteuer erheben?

Das Recht, von den Mitgliedern Kirchensteuer zu erheben, ist kein Sonderrecht der katholischen Kirche. Das Grundgesetz bestimmt, dass sämtliche Religionsgemeinschaften dieses Steuererhebungsrecht besitzen, sofern sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind. Bislang machen folgende Religionsgemeinschaften von diesem Recht Gebrauch:
- die (Erz-)Bistümer der Römisch-Katholischen Kirche
- die Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland
- die jüdischen Gemeinden
- das Katholische Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland
- die Freireligiösen Gemeinden
- die Unitarische Religionsgemeinschaft Freie Protestanten.

  • Wenn schon anscheinend bei wikipedia abgeschrieben wurde (Wer kennt denn sonst diese „Unitarische Religionsgemeinschaft Freie Protestanten“), dann sollte von dort auch erwähnt werden: „Dagegen erheben unter anderen die folgenden Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind und deshalb das Recht zur Erhebung der Kirchensteuer haben, keine Kirchensteuer: - die evangelischen Freikirchen, - die orthodoxen Kirchen, - die Zeugen Jehovas, - die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), - die Christian Science, - die Neuapostolische Kirche, - die Christengemeinschaft, - der Bund für Geistesfreiheit, - der Humanistische Verband Nordrhein-Westfalen, - die Freien Humanisten Niedersachsen, - die Humanisten Württemberg, - die Siebenten-Tags-Adventisten. Sie finanzieren ihre Arbeit durch freiwillige Mitgliedsbeiträge.“

 

(12) Wer muss Kirchensteuer bezahlen?

Die Bistümer dürfen nur diejenigen zur Zahlung von Kirchensteuern heranziehen, die ihr angehören. Daher sind für die Kirchensteuerpflicht in allen Kirchensteuergesetzen zwei Kriterien entscheidend: Die Kirchenmitgliedschaft und der Wohnsitz des Kirchenmitglieds. In Deutschland zahlen Kirchensteuer nur Kirchenmitglieder, die lohn- oder einkommensteuerpflichtig sind.

  • Im Großen und Ganzen zutreffend, im Detail – bei der Kirchengrundsteuer, bei dem „Besonderen Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen“, bei den Pausch- und Pauschalsteuern – aber nicht richtig.

(13) Gibt es auch Mitglieder der katholischen Kirche, die keine Kirchensteuer zahlen?

Ja, denn tatsächlich zahlt nur knapp ein Drittel der Katholiken Kirchensteuer. Wer keine Lohn- und Einkommensteuer zahlt, ist auch kein Kirchensteuerzahler. Das gilt für Geringverdiener, Rentner, Arbeitslose, Kinder, Schüler und Studierende.

  • Hinsichtlich der Rentner ist diese pauschale Antwort unvollständig, denn nicht alle Rentner sind Geringverdiener. Ab Januar 2005 müssen alle Renten zur Hälfte versteuert werden, soweit sie den Jahresfreibetrag von 18.900 Euro (für Alleinstehende) übersteigen. Der zu versteuernde Rentenanteil erhöht sich für jeden neuen Rentner ab 2006 bis zum Jahr 2020 jährlich um zwei Prozent, so dass ein Neurentner im Jahr 2020 80 Prozent seiner Rente versteuern muss. Bis im Jahr 2040 die Rente dann voll versteuert wird, erhöht sich der zu versteuernde Rentenanteil jährlich um ein Prozent.“ Ist der Rentner Kirchenmitglied, muss er entsprechend Kirchensteuer bezahlen, da der einkommensteuerpflichtige Teil einer Rente zur Kirchensteuer herangezogen wird.
  • Auch wenn die Kirchengrundsteuer (10 Prozent des Grundsteuermessbetrages) nur einen sehr geringen Anteil am Kirchensteueraufkommen hat, und nicht von allen Landeskirchen und Diözesen erhoben wird, wurde sie hier vergessen. Sie schafft aber ggf. Ärger, wenn Geringverdiener unter der Steuerfreigrenze liegen,also auch keine Kirchensteuer bezahlen, dann aber für ihr Grundstück sehr wohl noch Kirchengrundsteuer entrichten müssen.

(14) Verdient die Kirche an Arbeitslosen?

Nein, die Kirche bekommt grundsätzlich keine Kirchensteuer von Arbeitslosen. Da Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger normalerweise keine staatlichen Steuern zahlen, zahlen sie auch keine Kirchensteuer.

  • Die Darstellung ist unhistorisch, da viele konfessionsfreie Arbeitslose noch sehr genau erinnern, dass ihnen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes sehr wohl Kirchensteuer abgezogen wurde. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte am 23. März 1994 entschieden: „Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, daß nach § 111 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AFG auch bei Arbeitslosen, die keiner Kirche angehören, bei der Berechnung des Nettoentgelts, nach dem sich die Höhe des Arbeitslosengeldes bestimmt, ein Kirchensteuer-Hebesatz zu berücksichtigen ist.“ Es handelt sich dabei um die gewöhnlich anfallenden Abzüge, für die vom BVerfG bestimmt wurde: „Knüpft der Gesetzgeber bei einer typisierenden Regelung an statistische Erkenntnisse an, muß er aber die weitere Entwicklung beobachten, um wesentlichen Veränderungen rechtzeitig Rechnung tragen zu können. Mit dem vom Gesetzgeber selbst gewählten Ansatz und dem Gebot der Normenklarheit wäre es nicht mehr vereinbar, die Kirchensteuer bei der Berechnung des Nettolohnes auch dann noch als ‚gewöhnlich’ anfallenden gesetzlichen Abzug in Ansatz zu bringen, wenn die Zugehörigkeit zu einer Kirche, die Kirchensteuer erhebt, nicht mehr als für Arbeitnehmer typisch angesehen werden könnte, wenn also nicht mehr eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer solchen Kirche angehörte.“ Da die Mitgliedschaft von Arbeitnehmern in einer Kirche jedoch sich stetig verringerte und statistisch an die 50-Prozent-Marke ging, also keine „deutliche Mehrheit’ mehr darstellt, wird im Zuge der Reform der Bundesanstalt für Arbeit seit dem 1.1.2005 keinem Arbeitslosen mehr die Kirchenlohnsteuer abgezogen. Dieser (fiktive) Abzug der Kirchensteuer bei allen Arbeitslosen hatte teilweise für großen Unmut gesorgt, der die Kirchen jedoch fälschlich beschuldigte, da die Kirchen tatsächlich nichts von dieser (zur Berechnung abgezogenen) Kirchensteuer erhielten. Da diese Änderung geräuschlos vonstatten ging, besteht dazu noch vielfach Informationsbedarf.

 

(15) Verdient auch der Staat an der Kirchensteuer?

Die Kirche zahlt dem Staat im Gegenzug zum Einzug der Kirchensteuer zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens. Die Bearbeitung der Kirchensteuer bedeutet keine große Mehrarbeit für den Staat. Sie reduziert vielmehr die allgemeinen Kosten der Finanzverwaltung. Für die Kirche ist diese Lösung wesentlich kostengünstiger als der Aufbau einer eigenen Steuerbehörde.

  • „Die Bearbeitung der Kirchensteuer bedeutet keine große Mehrarbeit für den Staat“, da die Arbeitgeber und Unternehmen diese Arbeit bereits als Pflicht gegenüber dem Fiskus kostenfrei zu erbringen haben, der sie sich auch als Konfessionsfreie oder Atheisten und auch Andersgläubige (z.B. Muslime) nicht entziehen können.
  • „Für die Kirche ist diese Lösung wesentlich kostengünstiger“, da die Schätzungen, wie teuer eigene Kirchensteuerämter für die Kirchen wären, nach Erfahrungen in Österreich, bis zu 25 Prozent betragen können (EKD-Schätzung: 15 Prozent), so dass das staatliche Inkasso für die beiden Kirchen eine Ersparnis von etwa 1,8 Mrd. Euro bedeutet. Bei einer fairen Geschäftspartnerschaft zwischen Staat und Kirche würde der Staat also nicht durchschnittlich drei Prozent (oder 280 Mio. Euro) für sein Inkasso erhalten, sondern die Hälfte von dem, was die Kirche einspart, d.h. rund 900 Mio. Euro. Dann würde der Staat tatsächlich an dem Inkasso „verdienen“.

(16) Wie wird die Kirchensteuer in Deutschland bemessen?

Die Kirchensteuer wird derzeit als Zuschlag zur Lohn- bzw. Einkommensteuer erhoben. Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer ist somit grundsätzlich die Jahreseinkommensteuer. Neben der Einkommensteuer und deren besonderen Erhebungsformen Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer ist auch der Grundsteuermessbetrag als Bemessungsgrundlage in den meisten Kirchensteuergesetzen vorgesehen. Der Kirchensteuersatz beträgt derzeit in Bayern und Baden-Württemberg acht Prozent, in den anderen Bundesländern sind es neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer.

  • Das ist eine rein technische Beschreibung.
  • Nicht erwähnt wird die Verletzung des Verfassungsbestimmung in Art. 136,3 WRV i.V. mit Art. 140 GG („Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren.“) Die Weitergabe und der Eintrag der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte – übrigens 1934 von der nationalsozialistischen Reichsregierung verfügt und in der Bundesrepublik beibehalten - verletzt dieses Verfassungsrecht ebenso wie die geplante Weitergabe an die Banken zur Erfassung der Kirchenkapitalertragssteuer.

(17) Ist die Kirchensteuer gerecht?

Basis für die Berechnung der Kirchensteuer ist in Deutschland die staatliche Lohn- und Einkommensteuer. Die Kirchensteuer wird als Zuschlag zur staatlichen Lohn- und Einkommensteuer erhoben. Damit übernimmt die Kirchensteuer weitgehend die Grundsätze der Einkommen- und Lohnsteuer, insbesondere auch den Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. In der Praxis bedeutet dies, dass nur diejenigen Kirchenmitglieder Kirchensteuer zahlen, die hierzu aufgrund ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in der Lage sind.

  • Die Kirchensteuer ist hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Steuerzahler genauso ungerecht wie die staatliche Einkommenssteuer. Nur allein schon die Möglichkeit von Besserverdienenden über diverse Abschreibungen ihr zu versteuerndes Einkommen zu senken, widerspricht diesem Grundsatz.
  • Zudem werden gerade bei der Abgeltungssteuer von pauschalisierten 25 Prozent Kapitalertragsteuer auf Zins- und Veräußerungsgewinne die höheren Einkommen steuerlich noch geringer belastet als in der allgemeinen Einkommensteuer.
  • Zudem begünstigen die Kirchen selber die Besserverdienenden mit der „Kappung der Kirchensteuer“. Das bedeutet, dass die Kirchen auf die Progressionsspitzen der Einkommenssteuer verzichten und auf einen Kappungswert (von 3 bis 4 Prozent des zu versteuernden Einkommens) begrenzt.

(18) Gibt es Alternativen zur Kirchensteuer wie sie in Deutschland erhoben wird?

In Deutschland finanzieren die Mitglieder der Kirche ihre Kirche überwiegend durch die Kirchensteuer selbst.

  • Diese Kirchensteuerlegende der „überwiegenden Finanzierung“ ist offensichtlich das Hauptaugenmerk. (vgl. dazu den Kommentar zu Frage 3.)

Ähnlich verhält es sich in Österreich, wo es eine Kirchenabgabe gibt.
In den deutschsprachigen Kantonen der Schweiz wird ebenfalls eine Kirchensteuer erhoben. Daneben gibt es Spenden- und Kollektensysteme wie in den USA, Frankreich, Portugal, Irland und den Niederlanden. Steuerliche Lösungen gibt es auch in Italien und Spanien. Doch sind diese fundamental anders als in Deutschland. Es handelt sich nämlich um staatliche Steuern und nicht - wie in Deutschland - um rein kirchliche Steuerbeiträge von Kirchenmitgliedern. Außerdem existiert die überwiegende Kirchenfinanzierung durch Vermögenserträge wie beispielweise in der Anglikanischen Kirche in Großbritannien. Schließlich ist auch eine vollständige Kirchenfinanzierung durch den Staat vorstellbar.
Keines der anderen in Europa eingeführten Systeme der Kirchenfinanzierung ist in der Lage, den Dienst der Kirche auf dem in Deutschland gewohnten und weiterhin sinnvollen Niveau zu garantieren.

  • Das ist eine nicht belegte Behauptung.
  • „Kirche“ versteht sich zudem in Deutschland nicht nur als auf den engeren Bereich der verfassten Kirche mit Seelsorge und Liturgie bezogen – dafür würden die Kirchensteuereinnahmen wohl reichen -, sondern auch auf die ‚gelebte Kirche im Sozialen’, Dienstleistungen und Angebote, die jedoch in unterschiedlichen Abstufungen öffentlich und staatlich finanziert werden. Betrachtet man für beide Kirchen die Kirchensteuereinnahmen (9,3 Mrd. Euro) und die öffentlichen wie staatlichen Finanzierungen kirchlicher Arbeit, einschließlich Caritas und Diakonie (64 Mrd. Euro), so finanzieren die Kirchenmitglieder ihre Kirche nur zu rund 13 Prozent. Alles weitere sind öffentliche und staatliche Steuergelder.

Die Kirche in Deutschland hat sich wie kaum eine andere in Europa für den Dienst auch der Gesellschaft verpflichten lassen.

  • Nicht die Kirche in Deutschland hat sich für den Dienst an der Gesellschaft verpflichten lassen, sondern durch die 1961 kirchlich forcierte Einführung des Subsidiaritätsprinzips in die Sozialgesetzbücher, hat sie sich den Freifahrtschein ausstellen lassen, dass ‚freie Träger’ Vorrang vor den staatlichen Trägern haben, aber genauso wie die staatlichen Träger finanziert werden. Dadurch können sich die Kirchen diejenigen Aufgaben und Einrichtungen aussuchen, die ihnen zu Gute kommen, alles andere wird dem Staat überlassen.
  • Aufgrund dieses Subsidiariätsprinzips haben sich die (öffentlich finanzierten) Mitarbeiterzahlen von Caritas und Diakonie seit 1960 von rund 300.000 auf 950.000 mehr als verdreifacht – was nicht aus der Kirchensteuer finanziert wurde.

(19) Was sind die Vorteile der Kirchensteuer?
- Das deutsche Kirchensteuersystem ist gerecht. Die Anbindung an das deutsche Einkommensteuerrecht sorgt dafür, dass jeder nur soviel bezahlt, wie es seinen finanziellen Möglichkeiten entspricht.

  • Die Kirchensteuer übernimmt die Schieflagen der Einkommensteuer (Abschreibungen, etc.) und lässt sich auch auf die unsoziale Pauschalisierung der Abgeltungssteuer ein. Selber praktizieren die Kirchen zudem eine Kappung der Kirchensteuer.

- Die Kirche bewahrt ihre Unabhängigkeit. Es gibt grundsätzlich keine nichtkirchlichen Geldgeber, die entscheidenden Einfluss auf kirchliche Entscheidungen nehmen können.

  • Durch die extreme Abhängigkeit der Kirchen von staatlichen Zuschüssen und Finanzierungen muss sie selber in einer vorauseilenden Gefälligkeit auf Kritik und Politikforderungen verzichten.

- Die Anlehnung an das staatliche Steuersystem gewährt eine weitgehende Planungssicherheit. Im Vergleich zu der Unsicherheit von Spenden bietet dieses System eine höhere Berechenbarkeit.

  • Durch das staatliche Inkasso der Lohn- und Gehaltsabrechnungen der Arbeitgeber wissen die meisten Kirchensteuerzahler gar nicht so genau, wie viel Kirchensteuer sie zahlen. Würde die Kirche diese Kirchensteuern durch eigene Bescheide einfordern müssen, wäre der Unmut erheblich größer.

- Die Kirche spart Kosten, indem sie auf vertraglicher Grundlage dem Staat für den Einzug der Kirchensteuer Gebühren zahlt. Ein eigenes Einzugssystem wäre teurer.

  • siehe oben (Verdient auch der Staat an der Kirchensteuer?).

(20) Welche Staatsleistungen erbringt der Staat für die Kirche?

Staatsleistungen sind finanzielle Zuwendungen des Staates an die Kirchen. Zu den Staatsleistungen zählen alle Zuwendungen, die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhen und ihren Ursprung im Wesentlichen im 19. Jahrhundert haben. Bei den Staatsleistungen infolge der Säkularisierung handelt es sich heute unter anderem um Zahlungen (Dotationen) für den Personal- und Sachbedarf der Diözesanleitungen, für die Ausbildung, Besoldung und Versorgung der Geistlichen, aber auch anderer Kirchenbediensteter. Hinzu kommen Staatsleistungen für den Bauunterhalt kirchlicher Gebäude, soweit sie kirchlichen Zwecken dienen.

  • Staatsleistungen infolge der Säkularisierung sind nur die Baupflichtleistungen für die Hohen Domkirchen in Bayern. Alle anderen Zahlungen gehen auf andere Rechtsquellen zurück und beruhen weitestgehend auf einer vordemokratischen, feudalen Identität von staatlichen und kirchengemeindlichen Zwecken.
  • Diese Identität wurde durch den Art. 138,1 WRV i. V. mit Art. 140 GG liquidiert. Alle vordemokratischen Vereinbarungen sind verfassungswidrig, wenn sie keine Zweckbestimmung des heutigen Verfassungsstaates haben.
  • Zudem haben sich die Vertragsverhältnisse seit den Vereinbarungen dieser Zahlungen in den Konkordaten wesentlich verändert: Zum einen hat die Kirche (seit 1970) mittlerweise rund ein Drittel ihrer Mitglieder verloren und zum anderen beschäftigt sie nur noch zwei Drittel der Weltpriester (13.000 statt 20.000). Insofern müssten die Zahlungen hinsichtlich dieser Veränderungen sowieso um mindestens ein Drittel vermindert werden und, anstelle mit den Gehaltserhöhungen des Öffentlichen Dienstes zu steigen, sich kontinuierlich weiter reduzieren.

Etwas ganz anderes sind die Subventionen. Sie sind keine Staatsleistungen im beschriebenen Sinn, sondern Zahlungen des Staates zur Förderung eines bestimmten Zweckes, der im öffentlichen Interesse liegt. Subventionen erfolgen wegen einer öffentlichen Aufgabe. Staatliche, insbesondere auch kommunale Subventionen haben nicht die Kirche als Religionsgemeinschaft zum Adressaten, sondern als Träger z. B. von Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen oder Beratungsstellen. Sie erfolgen zweckgebunden und fließen grundsätzlich in gleicher Weise auch an nichtkirchliche Träger. Der Eigenbeitrag der Kirche stellt eine erhebliche Entlastung der öffentlichen Haushalte und eine Leistung der Kirchenmitglieder an die Allgemeinheit dar.

  • Wiederum wird das kirchliche Eigeninteresse auf den Kopf gestellt, da die aufgezählten Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser etc. entweder gar nicht oder nur geringfügig von den Kirchen finanziell mitgetragen werden. Insofern entsteht auch keine „erhebliche Entlastung der öffentlichen Haushalte“.
  • Die Prozente der Kirchensteuer, die tatsächlich in kirchliche Einrichtungen fließen, dienen ausschließlich dem kirchlichen Eigeninteresse von Missionierung, christlicher Unterweisung und einer Beanspruchung von „Nächstenliebe“, die nicht selber finanziert wird.
  • Unter dem Gesichtspunkt, dass in den meisten kirchlichen Einrichtungen neben den pädagogischen bzw. medizinischen Fachleistungen immer auch ein Glaubens- bzw. Missionspaket mit angeboten wird, müssten die Kirchen, wenn sie fair wären, auch die Hälfte der Kosten mitfinanzieren.

(21) Ist die Kirche bereit, auf Staatsleistungen dauerhaft zu verzichten?

Schon heute treffen die Kirchen und einzelne Bundesländer immer wieder Absprachen über Änderungen und Ablösungen einzelner Staatsleistungen. Die Verfassung geht von einer Ablösung der Staatsleistungen aus. Allerdings hat es bislang, nicht zuletzt wegen der damit verbundenen sehr erheblichen Kostenverpflichtungen, keine diesbezügliche Initiative des Staates gegeben. Die Kirche wird sich einer weitergehenden Lösung nicht verschließen, wenn diese ausgewogen ist. Die Entscheidung liegt bei den einzelnen Bistümern. Konkrete Überlegungen gibt es gegenwärtig nicht.

  • Diese Ablösungen von Staatsleistungen beziehen sich bisher nur auf die Ablösung von denjenigen Baulasten, die juristisch mittlerweile höchst fragwürdig und umstritten sind und bei denen kirchenfreundliche Politiker (wie der ehemalige Ministerpräsident Hessens, Roland Koch), den Kirchen in einer politischen Schlusszahlung die gerichtlichen Niederlagen vermeiden lassen wollen.
  • Der Begriff „verzichten“ suggeriert, dass die Kirchen einen Rechtsanspruch auf diese Staatsleistungen hätten. Die historischen Begründungen sind weitestgehend falsch oder phantasiert. Neue Vereinbarungen dieser Staatsleistungen in Konkordaten und Staat-Kirche-Verträgen verstoßen alle gegen den Ablösungsbefehl des Art. 138,1 i.V. mit Art. 140 GG und sind somit als verfassungswidrig aufzuheben.
  • Die Ablösebestimmung des Art 138,1 WRV ist zudem nur als Übergangslösung zu verstehen. Übergangslösungen gelten keine 91 Jahre.
  • Die „Ausgewogenheit einer Lösung“, die hier so im allgemeinen formuliert wird, ist zudem die klare Forderung der Kirchen, dass sie die bisherigen „Personalzuschüsse“ von 442 Mio. Euro aus einem Kapitalstock bei drei Prozent Verzinsung erzielen müssten, d. h. es ist eine Forderung im Bereich von 15 Mrd. Euro Ablösesumme, bei der es, wie der neue EKD-Ratsvorsitzende es formulierte, „kein Rabatt“ gegeben wird.
  • Unsinn ist die aktuelle Äußerung des Chef der sächsischen Staatskanzlei, Johannes Beermann, eine solche Ablösung wäre für den Freistaat mit "erheblichen Einmalzahlungen in Milliardenhöhe verbunden“. Nach den Maximalforderungen der (evangelischen) Kirche (das 20-fache des aktuellen Betrages) wären das für den Freistaat 460 Mio. Euro.
  • Diese ‚Schauermärchen’ maßloser Beträge brauchte es eigentlich nicht, denn in der sächsischen Verfassung ist verfassungswidrig (Bundesrecht bricht Landsrecht) formuliert: „Art. 112 (1) Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Leistungen des Landes an die Kirchen werden gewährleistet.“ Nach dem Grundgesetz sind diese Staatsleistungen abzulösen, d.h. zu beenden.
  • Ebenso verfassungswidrig sind die finanziellen Regelungen des gültigen Bayern-Konkordats von 1924, in dem in Art. 10 nicht nur die nach Reichsverfassung abzulösenden Staatsleistungen neu vereinbart wurden, sondern zusätzlich vereinbart wurde: „Im Falle einer Ablösung oder Neuregelung der auf Gesetz, Vertrag oder besonderem Rechtstitel beruhenden staatlichen Leistungen an die Kirche sichert der Bayerische Staat die Wahrung der kirchlichen Belange durch Ausgleichszahlungen zu, die entsprechend dem Inhalt und dem Umfange des Rechtsverhältnisses unter Berücksichtigung der Geldwertverhältnisse vollen Ersatz für das weggefallene Recht gewähren.“ Ein doppelter Verfassungsbruch.

(22) Was haben die sozialen Dienste in Deutschland mit der Kirche zu tun?

Das System der sozialen Dienste in Deutschland folgt der Idee des Sozial- und Kulturstaates und ist subsidiär gestaltet. Überwiegend ist es nicht der Staat selbst, der soziale Dienste betreibt, er schafft aber Rahmenbedingungen, die es den nichtstaatlichen Trägern ermöglichen, soziale Dienste anzubieten. Erbracht werden die sozialen Dienstleistungen sowohl von frei-gemeinnützigen Trägern als auch von privat-gewerblichen Trägern. In diesem subsidiären System der Erbringung sozialer Dienstleistungen arbeiten die kirchlichen Anbieter, Caritas und Diakonie, unter den gleichen finanziellen Rahmenbedingungen, die auch für andere gemeinnützige Träger (Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz etc.) gelten. Da die Refinanzierungsregeln gleich sind, gibt es keine Privilegierung kirchlicher Träger.

  • Die Frage, was die sozialen Dienste in Deutschland mit der Kirche zu tun haben, wurde nicht beantwortet. Es wurde nur der Grundsatz der Subsidiarität beschrieben. Die Eigentümlichkeit der sozialen Dienste ‚der Kirche’ wurde verschwiegen.
  • Der Art. 137,3 WRV i.V. mit Art. 140 GG, in denen den Kirchen das Recht erhalten, ihre eigenen Angelegenheiten ohne Mitwirkung des Staats zu „ordnen“ und zu „verwalten“ wurde in ständiger Rechtssprechung zu einem „Selbstbestimmungsrecht der Kirchen“ erweitert und umgebogen. Das heißt, den Kirchen wird es derzeit in Deutschland gestattet, selber zu bestimmen, was sie bestimmen. Es entstand ein rechtseigener Raum neben dem Staat.
  • Folglich gibt es in den sozialen Diensten ‚der Kirchen’ ein eigenes kirchliches Mitarbeitervertretungsrecht, dass keine Mitbestimmung und kein Streikrecht kennt, da alle MitarbeiterInnen durch ihre Arbeit an der Verkündigung des Evangeliums teilnehmen. Auch die Putzfrauen.
  • Folglich wurde den Kirchen gestattet, aufgrund des § 9 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gerade das nicht zu tun, sondern es wurde die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung bekräftigt. Diese „Loyalitätsrichtlinien“ sind im Kern eine Einschränkung und Verletzung der Allgemeinen Menschenrechte – in einem demokratischen Staat.

(23) Was bedeutet die Gemeinnützigkeit für Caritas und Diakonie?

Caritas und Diakonie sind gemeinnützig. Falls ein Überschuss erwirtschaftet wird, muss er für die satzungsgemäßen Zwecke des Trägers verwandt werden und verbleibt somit im Bereich der Finanzierung sozialer Dienstleistungen. Eine Entnahme für fremde Zwecke, etwa für Aufgaben, die nicht dem sozialen Auftrag des Trägers entsprechen, ist verboten. Viele soziale Dienstleistungen können nur mit Hilfe eines Eigenanteils von Caritas und Diakonie realisiert werden. Dies gilt beispielsweise für Kindertagesstätten oder Hilfen für Menschen in besonderen Lebenslagen, wie z. B. wohnungslosen Menschen. Aus den Angeboten der Kirche werden also nicht Überschüsse für die Kirchen erzielt. Im Gegenteil werden aus kirchlichen Mitteln (Kirchensteuer, Spenden) soziale Dienste finanziell ermöglicht.

  • Das ist die genaue Beschreibung der „Caritas-Legende“. Es werden keine konkreten Zahlen oder Finanzierungsanteile benannt, sondern es werden aus Kirchensteuern und Spenden „soziale Dienste finanziell ermöglicht“. Daraus wird dann die „Caritas-Lüge“, da die kirchlichen Gelder für soziale Dienste sich vornehmlich auf drei Bereiche konzentrieren: Zum einen Anteile (bis zu 12 %) an den kirchlichen Kindertagesstätten (die der Staat, neben den Elternbeiträgen, mit 3,9 Mrd. Euro finanziert), denn dort werden die künftigen Kirchensteuerzahler erzogen. Zweitens für die kirchlichen Beratungsstellen, denn sie müssen wie ein Trichter dafür sorgen, dass die Ratsuchenden in die kirchlichen, aber öffentlich finanzierten Einrichtungen kommen; und drittens in die hohen Verwaltungskosten von Caritas und Diakonie, die nicht nur aus den staatlichen Zuwendungen finanziert werden können.
  • Die kirchlichen Dienste erfolgen zudem nicht aus reiner „Nächstenliebe“, sondern gerade an strategisch wichtigen Punkten für die Mitgliederwerbung (Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser) und das Image.

(24) Welche finanziellen Leistungen an die Kirche dienen der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben?

Die Kirchen erhalten für die Erfüllung von Aufgaben, die sie im sozial-caritativen Bereich erbringen, öffentliche Mittel. Sie werden dabei nicht besser gestellt als jeder andere, z. B. auch private Leistungserbringer auf diesem Gebiet. Das gilt z. B. für kirchliche Krankenhäuser, Jugendarbeit, Kindergärten, kirchliche Schulen und Hochschulen sowie Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Es handelt sich oft um Leistungen, die - wie z. B. in der Krankenpflege und im Bildungswesen - die Kirchen schon vor Jahrhunderten entwickelt und seitdem angeboten haben, bevor sie der Staat seinerseits als teilweise eigene Aufgabe übernommen hat. Außerdem sichert das kirchliche Engagement den Bürgern im Staat ein plurales Angebot im Bildungs- und Sozialbereich.

  • Die Kirchen erbringen in ihren Einrichtungen nicht nur sozial-caritative Aufgaben, sondern nutzen sie auch und vor allem zur Missionierung und christlichen Glaubensunterweisung, zur „Neuevangelisierung“.
  • Gleichzeitig erwecken sie beständig den Eindruck, dass sie diese Einrichtungen auch selber finanzieren, was ihnen von ihren Gläubigen dann auch entsprechend als Gutes angerechnet wird, was aber jedoch nicht den Tatsachen entspricht.

(25) Was bedeuten ehrenamtliche Arbeit und Spenden für den Sozialstaat und die Kirche? Welche kostenfreien Leistungen erbringt die Kirche für das Gemeinwesen? Nutzt die Kirche den Staat für sich selbst?

Dienste in kirchlicher Trägerschaft erbringen Vorteile für die Gemeinschaft in Form von ehrenamtlicher Arbeit und Spenden, durch die die Sozialetats des Staates erheblich entlastet werden. Ehrenamtliche und freiwillige Arbeit schaffen auch zusätzliche Hilfen und Dienstleistungen, die durch die gesetzlich garantierten Leistungen des Sozialstaats nicht gedeckt sind (z. B. Besuchsdienste, Patenschaften).

  • Die Dienste in kirchlicher Trägerschaft erbringen keine Vorteile für die Gemeinschaft – sonst würden sie nicht überwiegend öffentlich finanziert -, sondern ausschließlich für ihre eigenen Kirchenmitglieder und Kirchenbelange. (Wer als Konfessionsloser einmal die Krankenhausseelsorge - auch in staatlichen Krankenhäusern -, erlebt hat, ist nicht unbedingt gut auf die Betreuungspenetranz gegenüber Kranken, die sich nur schlecht wehren können, zu sprechen.)
  • Insofern werden auch die Sozialetats des Staats nicht „erheblich entlastet“.
  • In dieser Selbstwahrnehmung, für die Gemeinschaft tätig zu sein, haben die Kirchen ein Gesellschaftsbild, das zu Kaiserzeiten, auch noch 1950, vielleicht noch bis 1970 galt, als noch 94 Prozent formale Mitglieder der beiden großen Kirchen waren. Mittlerweile sind es nur noch knapp 60 Prozent, mit weiter sinkender Tendenz.
  • Abgesehen davon verstehen sich nur noch rund 20 Prozent der Bundesbürger als gläubige Kirchenmitglieder – und für dieses Fünftel erbringen die Kirchen ihre Leistungen.

(26) Wie viel Ehrenamt „hat“ die Kirche?

Das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft Bonn e.V. hat im Jahr 2000 die Entlastungen für Staat und Gesellschaft auf 11 Mrd. Euro jährlich geschätzt, die durch ehrenamtliche Tätigkeit geleistet wurden. Eine Erhebung in ca. 1.000 Gruppen der Caritas-Konferenzen Deutschland, einem von ehrenamtlicher Arbeit getragenen Fachverband der Caritas, hat für 2008 ca. 4 Mio. Arbeitsstunden ehrenamtlicher Arbeit ermittelt.

  • Diese Darstellung ist mehr als eigenartig: Das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft wurde 2008 aufgelöst. Auf der Liste der Veröffentlichungen des IWG (Gutachten und Stellungnahmen) steht keinerlei Studie zu dieser Thematik. Auch in der Studie: „Zwischen Markt und Mildtätigkeit. Die Bedeutung der Freien Wohlfahrtspflege für Gesellschaft, Wirtschaft und Beschäftigung“, München 2000/2003 sind auch keinerlei derartigen Angaben dazu zu entnehmen.
  • Nach Auskunft einer ehemaligen Mitarbeiterin des Instituts sei diese Studie jedoch das einzige Gutachten, was zu dieser Thematik vom IWG jemals angefertigt wurde. In diesem Gutachten wird unter der Überschrift „Entlastung des Gemeinwesens“ (S. 74 ff) nicht nur geschildert, dass es kaum möglich ist, zum Umfang des Ehrenamtes verlässliche Angaben zu ermitteln, sondern auch, dass nach eigenen Ermittlungen die gesamte (!) Freie Wohlfahrtspflege einen Entlastungseffekt für die Öffentlichen Haushalte von etwa 2,5 Mrd. Euro bedeute. Bei einem Anteil von rund 70 Prozent von Caritas und Diakonie an der gesamten Freien Wohlfahrtspflege beliefe sich dann der kirchliche Anteil nur auf rund 1,75 Mrd. Euro.
  • Damit ist zudem noch keinesfalls belegt, ob dadurch ein tatsächlich allgemeiner gesellschaftlicher Bedarf abgedeckt wird oder nur eigennützige Betreuung von Kirchenmitgliedern, die für die Gesellschaft ohne Interesse ist.
  • Die Eigenartigkeit der oben genannten Zahlen zeigt sich auch dann, wenn man sie in Verbindung zueinander bringt (11 Mrd. Ersparnis / 4 Mio. Arbeitsstunden). Danach würde eine ehrenamtliche Arbeitsstunde bei den Kirchen mit 2.750 Euro bewertet, was natürlich Unsinn ist.

(27) Wie entwickelt sich das Spendenaufkommen für die Kirche?

Die (Erz-)Diözesen erhalten Spenden in verschiedener Form zu unterschiedlichen Anlässen. Überblicke dazu bieten die einzelnen Haushaltsveröffentlichungen. Die katholischen Hilfswerke wie zum Beispiel Adveniat, Missio, Misereor oder Renovabis mussten in den vergangenen zehn Jahren zum Teil nicht unerhebliche Rückgänge verzeichnen. Das Spenden- und Kollektenaufkommen lag 2009 bei circa 250 Mio. Euro.

  • Viele Organisationen klagen über einen Rückgang der Spendenbereitschaft. Warum sollten die katholischen Hilfswerke davon ausgenommen sein? Allerdings werden keine Zahlen genannt. Hatten nur die vier genannten Hilfs- und Missionswerke im Jahr 2000 noch Einnahmen aus Spenden in Höhe von zusammen 194 Mio. Euro, so sind es im Jahr 2009 zusammen noch 159 Mio. Euro. Das ist jedoch ein innerkirchliches Problem des Rückgangs der Mitgliederzahlen und der geringeren Bindung und Spendenbereitschaft der Kirchenmitglieder, kein gesellschaftliches Problem.
  • Eines jedoch wird wiederum verschwiegen: Betrug die „Staatsquote“, d. h. der Anteil der Finanzierung aus Steuergeldern, bei dem Bischöflichen Hilfswerk Misereor im Jahr 2000 noch 49 Prozent der Einnahmen (73,2 Mio. Euro), so sind es 2009 bereits 63 Prozent der Einnahmen (101,2 Mio. Euro). Der kirchliche Eigenanteil sank im gleichen Zeitraum von 8 Prozent (12,1 Mio.) auf 5 Prozent (8,8 Mio.). Bischöfliches Hilfswerk heißt es jedoch auch weiterhin.

(28) Wie steht es um die Transparenz in den kirchlichen Haushalten?

Bislang bedienen sich die kirchlichen Haushalte genauso wie die öffentlichen Haushalte vorwiegend des kameralistischen Rechnungswesens, das einen Haushaltsplan mit Einnahmen und Ausgaben zeigt, aber keinen vollständigen Überblick über die Gesamtvermögenslage bietet.

  • Die Antwort suggeriert, dass das kameralistische Rechnungswesen der Grund dafür ist, dass kirchliche Haushalte „keinen vollständigen Überblick über die Gesamtvermögenslage“ bieten. Tatsache ist, dass es normalerweise in der Kameralistik einen Verwaltungshaushalt und einen Vermögenshaushalt gibt. Dass der Verwaltungshaushalt eine Darstellung der gesamten Einnahmen und Ausgaben des jeweiligen Rechtsträgers bietet, ist ein Grundsatz auch der buchhalterischen Korrektheit kirchlicher Buchführung. Was jedoch in dem Vermögenshaushalt dargestellt wird, ist eine interne kirchenpolitische Entscheidung und es lassen sich eine Anzahl von Vermögensbestände benennen, die nicht in kirchlichen Vermögenshaushalten benannt werden, seien es die Anteile an Siedlungs- und Baugesellschaften, seien es die Anteile an Immobilienfonds, der Aktienbesitz etc.

Seit einigen Jahren gehen vor allem Kommunen, aber auch Diözesen immer stärker dazu über, ein im Wirtschaftsleben gebräuchliches System anzuwenden. Dieses System hat den Vorteil, mehr Transparenz zu schaffen, indem es beispielsweise ermöglicht, finanzielle Belastungen angemessen zu erfassen, aber auch eine Bewertung von Vermögensbeständen zu liefern. Allerdings können u. a. wegen der nur bedingt realisierbaren Vermögenspositionen nicht die in der Erwerbswirtschaft üblichen Bewertungsmaßstäbe für die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation der Kirche herangezogen werden.

  • Die benannten „nur bedingt realisierbaren Vermögenspositionen“ wollen suggerieren, dass ein kirchlicher Kindergarten etwas anderes sei als ein normales Grundstück mit einem Gebäude darauf, dass ein Kirchengebäude auch eine profanisierbare Immobilie ist, die einen benennbaren Marktwert besitzt und dass die sakralen Gegenstände der Domschatzkammern und Kirchen auch wertvolle Kunstgegenstände sind, die einen Verkaufswert haben. Hier wird beständig die Kirche als Glaubensgemeinschaft mit der Kirche als juristische Körperschaft und als Wirtschaftsunternehmen vermischt bzw. verwechselt.

(29) Was geschieht mit staatlichen Zuschüssen für die Hilfswerke? Wer kontrolliert hier?

Die Verwendung der staatlichen Zuschüsse z. B. für entwicklungspolitische Projekte wird im Rahmen der Revisionsverfahren der zuständigen Ministerien jährlich eingehend überprüft. Viele kirchliche Zuschussempfänger lassen ihre Rechnungslegungen von sich aus durch externe Wirtschaftsprüfer kontrollieren. Die kirchlichen Hilfswerke unterliegen zusätzlich der Aufsicht durch die zuständigen Verwaltungsratsgremien. Eine weitere Begutachtung erfolgt über das Deutsche Zentralinstitut, das ein Spendensiegel für die Hilfsorganisationen erteilt.

  • Das erklärt jedoch nicht, wieso das Auswärtige Amt für die „Kirchliche Auslandsarbeit“, das „Evangelisches Missionswerk“ und den „Deutschen Katholischen Missionsrat“ pauschal zwei Mio. Euro im Jahr zahlt.
  • Ebenso wenig erklärt es, warum der „Kirchentitel“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), der sich gegenwärtig auf 205 Mio. Euro beläuft, in den vergangenen Jahren mit großer Beständigkeit um sieben Prozent pro Jahr erhöht.
  • Zudem wird mit den Hilfswerken davon abgelenkt, dass der gesamte kirchliche Bereich eben nicht zur Offenlegung ihrer Finanzen verpflichtet sind , wie zum Beispiel die politischen Parteien.

Konkrete Fragen zur Kirchensteuer

(30) Wer entscheidet über die Verwendung der Kirchensteuer?

Wesentliche Entscheidungen über die Kirchensteuer obliegen einem speziellen Kirchengremium. Der Bischof ist demzufolge nicht allein „verfügungsberechtigt“. Dieses Mitentscheidungsgremium wird in der Regel Kirchensteuerrat genannt. Solche Gremien sind keineswegs neu und haben die Beteiligung der Kirchenmitglieder an der Kirchensteuerverwendung sicherzustellen.
Ursprünglich auf staatliche Weisung eingeführt, sind diese Gremien nach dem II. Vatikanischen Konzil auch Ausdruck der Beteiligung von Kirchenmitgliedern bei grundsätzlichen Verwaltungsentscheidungen (vgl. Kirchenrecht can. 228, CIC 1983). Der Kirchensteuerrat entscheidet über die Höhe der Kirchensteuer, d. h. über den Kirchensteuerhebesatz, sowie über den Haushalt der jeweiligen Diözese. Beide Beschlüsse sind aufeinander bezogen. Der Haushaltsbeschluss gilt als Grundlage, zum Teil als Begründung für den Steuerbeschluss.

  • Die Antwort lässt im Unklaren, dass bei Einführung der Kirchensteuer das Haushaltsprinzip des Staates (Preußens) zur Geltung kam: „Wer staatlich beigetriebene Gelder erhält, muss auch die Mittelverwendung kontrollieren lassen.“
  • Dass die Kirchensteuerräte über den Kirchensteuerhebesatz entscheiden könnten, das ist eine nette Idee ohne Realitätsgehalt. Die Kirchensteuerhebesätze sind in den von den Bundesländern genehmigten Kirchensteuergesetzen festgeschrieben und können bzw. werden nicht so ohne Weiteres verändert.
  • Die Kirchen haben zudem keinerlei gesetzgeberische Kompetenz.
  • Insofern sind Haushaltsbeschluss und Kirchensteuerhebesatz auch nicht aufeinander bezogen.

(31) Wieso geht die Kirchensteuer nicht direkt an die Gemeinden?

Ein solches System hätte zur Folge, dass eine Kirchengemeinde, in der viele Leistungsstarke wohnen, entsprechend mehr Geld zur Verfügung hätte als eine Gemeinde, in der viele Arbeitslose wohnen. Die Verwaltung der Kirchensteuer durch ein Bistum und ihre Verteilung nach gleichen Schlüsseln garantiert jeder Gemeinde eine angemessene Grundausstattung, unabhängig vom Kirchensteueraufkommen in ihrem Bereich.

  • Das ließe sich auch über andere Umverteilungsregelungen lösen.
  • Geplant war die Kirchensteuer 1918/19 als Ortskirchensteuer, d.h. die Gemeinden sind die Empfänger, wie es heute nur noch in der evangelischen Kirche des Rheinlands praktiziert wird – was beweist, dass es durchaus ginge, wenn man wollte.
  • Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Bistümer und Landeskirchen die Empfänger, die damit zwei Positionen einnehmen. Zum einen gilt der Grundsatz „Wer das Geld hat, hat die Macht“ und zum anderen werden die Priester und Pastoren meist zentral bezahlt, so dass in den nicht wohlhabenden Kirchengemeinden unbekannt bleibt, dass die Priester und Pastoren Ratsgehälter (A 13 / A 14) bekommen.

(32) Wie hoch ist das gesamte Kirchensteueraufkommen in Deutschland?

Im Jahr 2009 wurden von den kirchensteuerpflichtigen Katholiken im Bundesgebiet insgesamt 4,903 Mrd. Euro Kirchensteuer bezahlt. Auf alle kirchensteuerpflichtigen Katholiken umgerechnet (2/3 aller Katholiken sind nicht kirchensteuerpflichtig) entspricht dies einem durchschnittlichen Beitrag von rund 600 Euro pro Jahr.
Zum Vergleich Gesamtaufkommen Kirchensteuer:
- in 2000: 4,535 Mrd. Euro
- in 2005: 3,977 Mrd. Euro

  • Was sollen diese beiden Zahlenangaben, die ein Absinken der Kirchensteuereinnahmen der katholischen Bistümer seit dem Jahr 2000 suggerieren? Ganz am Anfang stehen die 4,9 Mrd. Euro für 2009, warum nicht auch als dritte Zahl?
  • Das „gesamte Kirchensteueraufkommen in Deutschland“ – wie die Frage lautet – belief sich 2009 zudem auf 9,3 Mrd. Euro (4,9 Md. die Bistümer, 4,4 Mrd. die Landeskirchen). Was darauf verweist, dass die katholischen Bistümer – bei einer ähnlichen großen Mitgliederzahl - derzeit rund 500 Mio. Euro mehr im Jahr einnehmen, als die evangelischen Landeskirchen. (Ein Effekt der jüngeren Altersaufbaues der katholischen Kirchenmitglieder, die von dem „Pillenknick der 1960/1970er Jahre nicht so stark betroffen waren, wie die Evangelischen.)

(33) Wie viel Geld hat ein Bistum insgesamt?

Der Gesamthaushalt ist von Bistum zu Bistum unterschiedlich. Die Internetseiten der Bistümer geben Auskunft. Einnahmen stammen vorwiegend aus der Kirchensteuer. Weitere Einnahmequellen sind Spenden und Stiftungen, Kapitalerträge aus Vermögen und Liegenschaften sowie Staatsleistungen.

  • Hier wird wieder mit Vermeintlichem jongliert, da „Bistum“ hier nur den „Rechtsträger Bistum“ meint, d.h. alle anderen Rechtsträger innerhalb des Bistums, wie die Kirchengemeinden, die Schulstiftungen etc. werden ausgeblendet.
  • Auch ein weiterer Aspekt der Frage „Wie viel Geld hat ein Bistum insgesamt?“ fehlt, denn das Vermögen des Bistums, seine finanziellen Rücklagen und das Vermögen des Bischöflichen Stuhls werden in der Antwort nicht benannt.

(34) Wie viel Geld erhält ein Bistum vom Staat?

Die staatlichen Leistungen variieren von Bundesland zu Bundesland und damit auch von Bistum zu Bistum. Die staatlichen Leistungen finden Eingang in den Gesamthaushalt des Bistums.

  • Diese Darstellung ist ausweichend, da die Staatsleistungen nach Art. 138,1 i.V. mit Art. 140 GG in jedem Landeshaushalt (auch im Internet) offen nachzulesen sind. Da die Bistümer nicht mit den Grenzen der Bundesländer übereinstimmen, lässt sich zwar nicht sofort ablesen, was jedes Bistum bekommt, die Gesamtsumme ist aber hinreichend bekannt: An Personalzuschüssen sind es im Jahr 2009 insgesamt 442 Mio. Euro, von denen die katholischen Bistümer 189 Mio. erhalten.

(35) Was ist der „Bischöfliche Stuhl“?

In der kirchlichen Vermögensverwaltung ist der Begriff des „Bischöflichen Stuhls“ eine Bezeichnung für eine juristische Person, welche als Vermögensträger fungiert. Das Amt des Bischofs und die Vermögensträgerschaft sind miteinander gekoppelt. Der „Bischöfliche Stuhl“ ist das mit dem Bischofsamt verbundene Vermögen.

  • In der kurzen Antwort verbirgt sich das eigentliche Thema. Die Bischöflichen Stühle sind diejenigen Rechtsträger in der katholischen Kirche, die keine direkten Kirchensteuereinnahmen erhalten und somit auch nicht der kircheninternen Kontrolle unterworfen sind. Entsprechend werden weitestgehend alle Wirtschaftsbeteiligungen und hohen Vermögensbestände bei den Bischöflichen Stühlen ‚geparkt’. Dort sind sie jeder Kontrolle entzogen. So ist beispielsweise das Erzbistum Köln finanziell nicht unbedingt besser gestellt als andere Bistümer. Da es viele Kirchenmitglieder hat, hat es auch hohe Kirchensteuereinnahmen. Das tatsächliche Vermögen liegt beim Bischöflichen Stuhl in Köln, weshalb der Vatikan auch allergrößten Wert darauf legt, dass stets ein vatikantreuer Bischof auf dem Kölner Stuhl sitzt. Entsprechend wurde der jetzige Erzbischof Joachim Kardinal Meisner gegen den Willen des vorschlagsberechtigten Domkapitels inthronisiert und ist schon über die Altersgrenze hinaus im Amt.

(36) Wozu braucht die Kirche ein eigenes Vermögen?

Die Kirche braucht Vermögen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Jedes kirchliche Vermögen dient einem Zweck. Nach dem Kirchenrecht (Kirchenrecht can. 1254 § 2, CIC 1983) gehören dazu gottesdienstliche Zwecke, Gehalts- und Unterhaltsleistungen sowie die Glaubensausübung und Dienste am Nächsten. An diese Zwecke ist die Kirche gebunden, wenn sie über Vermögen verfügt. Sie bedingen aber auch die Besonderheit kirchlichen Vermögens, das im wesentlichen aus wenig Objekten wie Kirchen, Pfarrhäusern, Gemeindezentren, Kindergärten, Schulen, Bildungshäusern, Altenheimen, Sozialstationen oder Friedhöfen besteht.

  • Solche Beschreibungen können einem die Tränen in die Augen treiben: Was für eine arme Kirche mit so wenigen Objekten! Es ist jedoch eine Realsatire hinsichtlich der Realität, dass die Kirchen in Deutschland nach dem Staat und dem vieltausendköpfigen Adel der drittgrößte Grundbesitzer in Deutschland sind und über rund 8,3 Mio. qm Grundbesitz verfügen, der nach einer differenzierten Berechnung einen Vermögenswert von rund 90 Mrd. Euro darstellt.
  • Das gesamte Kapitalvermögen ist nicht bekannt, aber begründete Schätzungen gehen von mindestens 100 Mrd. Euro an Kapitalvermögen im Raum der Kirchen aus.
  • Zudem beläuft sich allein das Anlagevermögen des Immobilienbesitzes von Caritas und Diakonie auf rund 230 Mrd. Euro – finanziert aus Steuergeldern.

(37) Wie werden die Einnahmen eines Bistums verwendet?

Die Internetseiten der Bistümer geben Auskunft über den Einsatz der Finanzmittel. Generell ist der größte Posten die Seelsorge. Der zweitgrößte Posten sind die Ausgaben für soziale Dienste, zum Beispiel der Unterhalt von Kindergärten. Eine Auswahl der Ausgabenposten im diözesanen bzw. überdiözesanen Bereich zeigt die Vielfalt des kirchlichen Engagements:

 

  1. Allgemeine Seelsorge: Aus- und Fortbildung des pastoralen Personals, allgemeine überpfarrliche Seelsorge, Gehälter des pastoralen Personals und des Personals in den Gemeinden, Sachmittel, Versicherungen und ähnliche Ausgaben auf Pfarrei-Ebene, Investitionsförderung auf Pfarrei-Ebene, gemeinsame kirchengemeindliche Aufgaben.
  2. Besondere Seelsorge: Jugendseelsorge, Erwachsenenpastoral, Arbeitnehmerpastoral, berufsbezogene Seelsorge, Ausländerseelsorge, Kranken- und Notfallseelsorge, Behindertenseelsorge.
  3. Schule, Wissenschaft und Kunst: Besoldung von Religionslehrern im Kirchendienst, Schulen in katholischer Trägerschaft, katholische Erwachsenenbildung, Bibliotheken und wissenschaftliche Archive, Medien- und Büchereiarbeit, Kunst- und Denkmalpflege, theologische Fakultäten und Priesterseminare, Akademien und Bildungshäuser.
  4. Soziale Dienste: Caritasverbände, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Altenheime, Hospize, Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen, Sozialstationen, Betreuung von Migranten, Suchtberatung, Schwangerenberatung, Obdachlosenasyle, Kinderheime, Behindertenheime
  5. Weltkirche und Mission: Mission, Entwicklungs- und Diasporahilfe, Katastrophenhilfe, Unterstützung der katholischen Hilfswerke Misereor, Renovabis, Adveniat, Missio, Kindermissionswerk u. a.
  6. Medien: Katholische Hörfunksender, Printmedien, Internetportale, Katholische Nachrichten-Agentur, Medienpreise.
  7. Allgemeine Verwaltung: Diözesanleitung, Öffentlichkeitsarbeit, Kanzlei, Archiv, Datenverarbeitung, Räte und Ausschüsse, Rechtsabteilung, Offizialat, Innenrevision, Katholische Büros, Personalverwaltung, Bauverwaltung, Gebäudeunterhalt, technische Dienste.
  8. Finanzierung, Versorgung: Grundstückserwerb, Aufforstung, Personalausgaben für Geistliche im Ruhestand, Versorgung der Laienangestellten, Kreditzinsen, Kreditrückzahlungen.
  • Die kursiv gestellten Bereiche in Punkt 1., 3., 4. und 5. (Gehälter des pastoralen Personals, Religionslehrern im Kirchendienst, Schulen in katholischer Trägerschaft, katholische Erwachsenenbildung, Bibliotheken und wissenschaftliche Archive, Medien- und Büchereiarbeit, Kunst- und Denkmalpflege, theologische Fakultäten und Priesterseminare, Akademien und Bildungshäuser, Caritasverbände, Kindertagesstätten, Kinderhorte, Altenheime, Hospize, Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen, Sozialstationen, Betreuung von Migranten, Suchtberatung, Schwangerenberatung, Obdachlosenasyle, Kinderheime, Behindertenheime, Entwicklungs- und Diasporahilfe, Katastrophenhilfe, Unterstützung der katholischen Hilfswerke Misereor) werden anteilig, überwiegend oder sogar komplett aus Steuergeldern finanziert. Diese Einnahmen und Ausgaben tauchen häufig auch gar nicht im Haushalt des Bistums auf, wenn es sich um andere Rechtsträger handelt.
  • Diese Darstellung der Bischofskonferenz ist die immer wieder gepflegte „Caritas-Legende“, dass die Kirche diese Einrichtungen und Dienstleistungen auch selber finanziert. Fragt man einen normalen Katholiken ist er der Meinung, dass die Kirchensteuern überwiegend für die sozialen Einrichtungen der Kirchen verwendet werden. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Aus den Kircheneinnahmen, von denen rund die Hälfte die Kirchensteuern sind, gehen nur rund vier Prozent in ihre sozialen Einrichtungen („Diakoniequote“). Und bei Caritas und Diakonie beträgt der kirchliche Anteil („Kirchenquote“) nur zwei Prozent der Finanzierungen. Alles andere (98 %) sind die Zahlungen der Krankenkassen, der verschiedenen Sozialversicherungsträger und der Pflegeversicherung, Eigenbeiträge der Kranken, Spenden, Lotteriegelder und die staatliche Finanzierung der Investitionen.

Fazit: Die Antworten der Deutschen Bischofskonferenz bestätigen wieder einmal, dass sie sich religionsverfassungsrechtlich immer noch im 19. Jahrhundert befindet und ihr Verständnis des Verhältnisses Staat und Kirche auch nicht mehr gesellschaftlich angemessen ist. In den vergangenen vierzig Jahren (seit 1970) ist nicht nur die Mitgliederzahl der Kirchen rapide gesunken (von 95 % auf unter 60 %) sondern auch die Zahl der christlichen Gläubigen hat sich auf rund 20 % der Bevölkerung verringert. Nicht nur die Studien der Evangelischen Kirche in Deutschland „Fremde Heimat Kirche“ bestätigen diesen Bedeutungsverlust, auch die katholische Kirche hat die SINUS-Gutachten vorliegen, dass die katholische Kirche sich nicht mehr „Volkskirche“ nennen kann, da sie in den jugendlichen Milieus nur noch marginal vertreten ist.

Auf dem Weg von der „Heilskirche“ (Wahrheit des Glaubens) zur „Sozialkirche“ (Sie tun ja soviel Gutes) haben die Kirchen es bisher nicht verstanden, dass ihre lobbyistische Beharrung auf überholten Auffassungen und das Verschweigen der tatsächlichen Finanzierungen – sowohl der Kirche und insbesondere ihrer sozialen Dienstleistungen – ihre Glaubwürdigkeit weiter verringern wird.

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Abbildung: Montage aus (links) Kölner Dom / Foto: Jörg Trampert / pixelio und (rechts) Bundestagssitzung / Foto: Deutscher Bundestag / Lichtblick / Achim Mende.