ROM. (hpd) Noch ist Polen nicht verloren. Ein Papst, der erste und höchstwahrscheinlich wohl auch der letzte aus diesem Land, bekommt offiziell einen Stammplatz im katholischen Himmel angewiesen und bescheinigt.
Ein Kommentar zur Seligsprechung des Herrn Karol Wojtyla durch Herrn Joseph Ratzinger.
Von Horst Herrmann
Wird ein Mensch „selig“ gesprochen, bedeutet das, dass von Amts wegen festgestellt wird, er sei im Himmel. Er selbst hat vermutlich wenig davon. Gibt es einen Himmel, wie ihn sich Katholiken vorstellen, dann ist er ganz in die Anschauung Gottes versunken und hat Besseres zu tun, als sich um diese Erde zu kümmern. Dafür gibt es ja seinen Gott. Gibt es freilich keinen Himmel, ist er einfach nur tot.
Wir dürfen gespannt sein.
Und wir lernen, dass Seligsprechungen reine Außenveranstaltungen darstellen. Sie sollen nach außen demonstrieren, dass eine Kirche trotz aller Skandale, die sie produziert, noch immer imstande ist, „leuchtende Vorbilder“ vorzustellen - für alle, die solche brauchen. Unter Polen ist ihre Zahl immens.
Skandal hier und dort eine Seligsprechung. Die Catholica weiß, was sie tun muss. Wir können ihr vieles vorwerfen, das Eine nicht: Sie versteht etwas vom PR-Geschäft. Und sie nutzt ihre Erfahrung. Vermutlich sind auch Millionen Nicht-Päpste im katholischen Himmel, doch zur „Ehre der Altäre“ schaffen sie es nie. Dafür braucht es außenwirksame Helden, deren „heroischer Tugendgrad“ in einem teuren Prozeß nachgewiesen wird. Wer keine Lobby, keine Finanzen aufbringen kann, wird nicht mitreden dürfen. Er soll sich, siehe oben, entweder auf die Anschauung Gottes konzentrieren oder schlicht tot sein.
Ein leuchtendes Vorbild? Johannes Paul II.? Auffällig, wie viele sich in diesen Tagen gegen die anstehende „Eiligsprechung“ dieses durchaus charismatischen Mannes wenden. Fehler hat er in der Tat gemacht, wenn auch trotz seines überlangen Pontifikats nicht annähernd so viele wie Ratzinger schon bis jetzt. Ich verzichte auf Details und nenne im Zusammenhang mit Wojtyla weder die Vorgänge um die Vatikanbank noch die Tatsache, dass Johannes Paul II. sich einen „afrikanischen Petersdom“ hat schenken lassen.
Wen es überhaupt interessiert, der kann alles längst nachlesen. Ich bin so frei und verweise auf meine drei Bücher über die Tätigkeit des Herrn Wojtyla und seiner Knechte. Nebenbei: Die Zunft der deutschen Theologen hat sich zu Johannes Paul II. so gut wie nie geäußert. Theologen und Päpste ...
Benedikt XVI., Polierer der vatikanischen Fassade im Gewand eines geistlichen Biedermanns, versucht mit bescheidenen Kräften den nach Außenwirkung massensehnsüchtigen Katholizismus, den ich die infantilste Religion der Erde hieß, zu bedienen. Und er bedient zugleich jene Journaille, die im höfischen Mittelalter stecken blieb und auf peinlich unwürdige Weise hinter dem Papst herhechelt und Engagement heuchelt, wo allein Sensations- und Quotengier bewegt.
Vermutlich will Joseph Ratzinger - nichts Neues, nichts Originelles, nichts Geniales - aber auch nur sein mickriges Pontifikat aufwerten, indem er – erstmalig und hoffentlich letztmalig in der Papstgeschichte – den Anhängern seines direkten Vorgängers einen Gefallen tut. Der Vatikan musste bei der Vorbereitung der Außenveranstaltung mitspielen, ein umstrittenes „Wunder“ fand sich bei einer Nonne – und jetzt läuft die Glaubensmaschinerie auf Hochtouren. Die Welt soll staunen, wozu ein Bayer in Rom fähig ist. Wir liegen aber nicht falsch, wenn wir annehmen, dass sie nicht staunt, sondern nur noch müde lächeln kann.
Es ist nicht das geringste Zeichen für die Ohnmacht des Katholizismus, dass zurzeit – nach Jahrhunderten anderer Praxis – ein Papst nach dem anderen selig gesprochen werden soll. Dieser Superlativismus müsste nachdenklich machen. Doch gegenwärtig hat die Straße das Sagen. Und jeder Papst, der nicht wenigstens in den Ruch der Heiligkeit gerät, muss sich fragen, was er falsch gemacht habe. Erste Stimmen sind schon laut geworden, auch Ratzinger ...
Wir können es abwarten.