Papst zum Sonntag

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Wort zum Sonntag von Benedikt XVI. / Abb. screenshot ARD

TV. (hpd) Das „Wort zum Sonntag“ als Sendung für die Neuevangelisierung Deutschlands durch eine der drei weltanschaulichen Hauptrichtungen? Ist es noch zeitgemäß, dass ein Mann, auf seinem Thron sitzend, in Deutschland eine derartige exklusive Plattform bekommt? Der Humanistische Verband Deutschlands sagt dazu „Nein!“. Der Pluralismus in Medien muss garantiert werden.

Wer am Samstag kurz vor 22:55 Uhr auf das angekündigte „Wort zum Sonntag“ wartete, wurde überrascht. Man sah zwar einen alten Mann, der auch „Halleluja“ rief, aber seine die Schenkel spreizenden ‚Hupfdohlen‘ und die Tücher schwenkenden tanzenden schönen Männer ließen auch den Unwissenden annehmen, dass das nicht die moderne Version eines katholischen Gottesdienstes war, sondern nur das Vorprogramm für Seine Heiligkeit, und der „Musikantenstadtl“ wieder einmal gnadenlos die Sendezeit überzogen hatte.

Dann, eine halbe Stunden später, um 23:23 Uhr, das „Wort zum Sonntag“, vier Minuten Konserve: Der Papst. (ARD-Mediathek) Alles in Weiß und Gold, der alte Mann auf seinem Thron sitzend, sichtlich müde, begrüßte seine lieben Landsleute und bekundete, dass er sich auf seinen bevorstehenden Deutschland-Besuch freue.

 

Alle Erwartungen hinsichtlich einer Bestärkung der Ökumene verflüchtigten sich, denn hinsichtlich des Treffens mit Vertretern der EKD im Augustinerkloster, wo Martin Luther seinen Weg begann, verdeutlichte er, dass es keine Sensationen geben und es eher etwas „Inwendiges“ sein werde: „Das eigentlich Große daran ist eben dies, dass wir miteinander an diesem Ort denken, das Wort Gottes hören und beten, und so inwendig beieinander sind und sich wahrhaft Ökumene ereignet." Und er betonte etwas zu seiner Reise, was so noch kaum jemand gesagt hat: „All dies ist nicht religiöser Tourismus, und noch weniger eine Show“.

 

Die Zuschauerzahl, die sich dieses hoch gepriesene „Wort zum Sonntag“ angeschaut hat, belief sich auf 2,4 Mio. – das ist eine kleine Zahl gegenüber den 7,5 Mio. Zuschauer, die sich am 25. April 1987 das „Wort zum Sonntag“ mit Papst Johannes Paul II. angesehen hatten. Seitdem hat sich die gesellschaftliche Vielfalt der Weltanschauungen in Deutschland erheblich geändert, was sich auch in dem geringen Interesse darstellt. Entsprechend muss sich nach Auffassung des Humanistischen Verband Deutschlands (HVD) das Konzept der öffentlich-rechtlichen Medien anpassen. Diese werden schließlich durch Beitragszahler höchst vielfältiger Konfessionsgruppen und durch konfessionsfreie Menschen finanziert.

„Das heutige Ereignis dürfte sehr eine Hinterfragung der Ansicht wert sein, ob sich diese Sendungen auf Plattformen wie die der ARD und vergleichbaren Medien heute noch ebenso rechtfertigen lassen, wie beim Start der Fernsehreihe vor über 55 Jahren“, sagte Frieder Otto Wolf als Präsident des HVD. Damals waren noch mehr als 95 Prozent der Menschen in Deutschland als einer der christlichen Kirchen angehörig registriert. Bis heute ist dieser Wert um über 35 Prozent gesunken.

„Wir sehen dabei keinen Anlass, uns pauschal gegen ein im öffentlichen Rundfunk institutionalisiertes Ereignis dieser Art wenden“, so Wolf weiter. Dass Vertreter von Weltanschauungsgemeinschaften im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Möglichkeiten zur regelmäßigen Wortmeldung finden, könne auch aus säkularer Sicht, anders als bei dem durch den Verband abgelehnten Auftritt Benedikts XVI. vor dem Deutschen Bundestag, durchaus gut begründet werden.

Während das Parlament als „neuralgischer Punkt des säkularen Staates“ nicht als Plattform für Werbebotschaften religiöser Führungspersönlichkeiten dienen darf, sind im öffentlich-rechtlichen Rundfunk als einem durch die Allgemeinheit finanzierten Medium auch entsprechende Podien für Meinungsäußerungen durch einen Papst und andere Repräsentanten der Kirchen vertretbar.

Die einseitige Konzeption des heutigen Sendeformats ist jedoch als Ausdruck einer unzeitgemäßen und diskriminierenden Dominanz zu werten. Das sollte durch das Ereignis in Erinnerung gerufen werden, meinte Wolf weiter.

Es gäbe allen Grund anzunehmen, dass die Menschen nicht nur an den Vorträgen von Vertretern der christlichen Kirchen ein berechtigtes Interesse haben, sondern ebenfalls nichtreligiöse und andersgläubige Bürgerinnen und Bürger eine ihren Anschauungen entsprechende Plattform zur regelmäßigen Wortmeldung durch von ihnen respektierte und angesehene Denker schätzen würden.

C.F.