Ex-Nuntius fordert Verhaftung des Papstes

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Papst Franziskus.
Papst Franziskus (2016)

Einst war Carlo Maria Viganò Nuntius des Vatikan in den USA. Heute ist er bekannt als Verschwörungsmythiker und als Gegner des amtierenden Papstes Franziskus, dessen Verhaftung er fordert. Viganò, der nach dem Vorbild der Piusbruderschaft ein Priester-Seminar für Traditionalisten gründen will, betrachtet Franziskus nicht als rechtmäßigen Papst und kritisiert, dass die katholische Kirche durch Franziskus eine zu lockere Haltung in Bezug auf Sexualität eingenommen habe.

Dass Papst Franziskus jüngst die Segnung homosexueller Paare erlaubte, ist ein rotes Tuch für katholische Hardliner. Zu ihnen zählt Bischof Carlo Maria Viganò, der deshalb die Verhaftung des Papstes fordert. Dass Viganò gegen Franziskus austeilt, ist allerdings nicht neu.

Von 2011 bis 2016 war Bischof Carlo Maria Viganò Nuntius, also Botschafter, des Vatikan in den USA. Ernannt worden war er vom Vorgänger von Papst Franziskus, Papst Benedikt XVI. Obwohl noch im diplomatischen Amt des Vatikan warf Viganò dem 2013 zum neuen Papst gewählten Franziskus vor, dass er dem Washingtoner Alt-Erzbischof Theodore McCarrick, der bereits Ende der 1990er Jahre sexualisierter Gewalt beschuldigt worden war, eine Art der Begnadigung habe zukommen lassen und ihn zum Berater gemacht habe.

Auch nachdem Viganò aus dem Amt des Nuntius ausgeschieden war, wuchs seine Sympathie zum amtierenden Papst und der sich in Bezug auf Sexualität minimal wandelnden katholische Kirche nicht. Die Segnung homosexueller oder nicht verheirateter Paare lehnt er entschieden ab. Franziskus sieht er zudem nicht als rechtmäßigen Papst an.

Nachdem Viganò im Mai 2020 einen verschwörungmythischen Aufruf namens "Veritas liberabit vos!" (Die Wahrheit wird euch befreien) mit kruden Ideen zur Corona-Pandemie veröffentlichte, äußerte er sich in den Folgejahren auch lobend über den ehemaligen US-Präsidenten Trump und rückte den Krieg Russlands gegen die Ukraine ebenfalls in ein verschwörungsmythisches Licht.

Im Januar 2024 nun macht Viganò Schlagzeilen durch seine Forderung Papst Franziskus sowie Kardinal Víctor Manuel Fernández zu inhaftieren. Nachdem der Kardinal mit der Zustimmung des Papstes Pfarrern erlaubt hatte, nicht-liturgische Segnungen auch homosexuellen Paaren oder unverheiratet zusammenlebenden Partnern zu spenden, erhielt auch ein Buch von Fernández neue Aufmerksamkeit. 1998 hatte der heutige Kardinal das Buch "Mystical Passion: Spirituality and Sensuality" (Mystische Leidenschaft: Spiritualität und Sinnlichkeit) veröffentlicht. Fernández, damals noch Priester, soll darin weibliche und männliche Orgasmen recht deutlich beschreiben und erläutern, wie Sexualpartner*innen Gott im Höhepunkt finden könnten. Für Viganò klare Pornographie und Perversion, für die Papst und Kardinal hinter Gitter gehören.

Obwohl vermutlich niemand wegen des Buches in Gefangenschaft geraten wird, dürfte sich Viganò über die Schlagzeilen freuen. Erreichen sie doch auch die traditionalistischen Gläubigen der katholischen Kirche. Diejenigen, die jedes Zugeständnis an die sich verändernde Welt ablehnen. Diejenigen, die vielleicht Viganòs traditionalistisches Priesterseminar in Italien finanziell unterstützen möchten. Die unter seiner Schirmherrschaft gegründete Organisation "Exsurge Domine", benannt nach der päpstlichen Bulle, die Martin Luthers 95 Thesen beantwortete, soll nicht nur traditionalistische Geistliche unterstützen, die zum Beispiel wegen Ungehorsams in Bezug auf Pandemie-Regeln ihre Posten verließen, sondern auch Priester ausbilden. Sein Vorbild scheint die Piusbruderschaft zu sein. Viganòs geplantes "Collegium Traditionis" (Hochschule für Tradition) soll in Italien angesiedelt sein. Aktuell sammelt er noch Geld für Bauten und Ausstattung.

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