Kunst gegen Krieg

BERLIN. (hpd) In München verboten und in Berlin erlaubt. Bilder gegen Krieg, die in der Landeshauptstadt der Ordnungszelle Bayern als „Belästigung der Allgemeinheit“ und als Verstoß gegen das Ordnungswidrigkeitsgesetz verboten sein soll und mit Bußgeld verfolgt wird, ist nun in Berlin öffentlich im Projektraum okk (Organ kritischer Kunst) zu sehen.

 

Am Tag vor der Eröffnung der Antikriegsausstellung mit dem Titel „teilen statt kriegen“ trugen die beiden Künstler Wolfram P. Kastner und Pablo Hermann Bilder verwundeter und im Krieg verstümmelter Menschen durch Berlin, die in der Rüstungshochburg München verboten und mit Bußgeld geahndet wurden.

In ausgemusterten Kampfanzügen der Bundeswehr und mit totenbleichen Gesichtern zeigten sie als Sandwichman „schöne deutsche Waffen“ und deren grauenhafte Folgen. Sie verteilten dazu deutsche Gummibärchen.

Weder Anwohner oder Tausende von Passanten fühlten sich bisher in Berlin belästigt, noch die Polizei oder das Ordnungsamt entdeckten vor- und fürsorglich eine Gefahr und öffneten ihre Arsenale gegen pazifistische Kunst.

Gilt in Deutschland zweierlei Recht?

Stehen die Freiheit der Kunst und die freie Meinungsäußerung in der allseits beliebten, teuren und wohllebigen Rüstungszentrale Deutschlands in niedrigerem Kurs als im Rest der Republik und ihrer Hauptstadt? Oder sind dort die Menschen unter dem Einfluss des Föhns und der Rüstungskonzerne sensibler als in Berlin?

Ist nicht der Export deutscher Kriegswaffen (der rotgrünschwarz ermöglicht und gefördert wird) und Krieg eine Ordnungswidrigkeit, jugendgefährdend und unsittlich, sondern das Zeigen von Abbildungen verstümmelter und zerschossener Menschenleiber und –köpfe?

Die inkriminierten Bilder sind in Berlin in den Schaufenstern des okk in der Prinzenallee 29 als Poster und als Dia-Show deutlich zu sehen – in München waren sie 4,25 Meter hinter einer Glasscheibe nur schwer zu erkennen.

Wolfram Kastner und Pablo Hermann sagen dazu: „Diese Bilder sind sicher schrecklich und gerade deshalb zeigen wir sie. Wenn sie wirklich Abscheu und Entsetzen bei Kindern und Jugendlichen erzeugen, dann kann das nur ein heilsamer Schock sein, der sie hoffentlich davon abhält, das militärische Mörderhandwerk zu erlernen. Das ist und war in der Rüstungsindustrie und in den deutschen Kriegsarmeen selbstverständlich unerwünscht. Solche Bilder werden deshalb ebenso wie verstümmelte Menschen verheimlicht oder in Sanatorien versteckt. Man muss Kriege und Kriegswaffen ächten, nicht Bilder ihrer furchtbaren Folgewirkungen. Solche Bilder sind wie die ‚desastres della guerra’ von Goya für eine friedliche Welt jedenfalls sinnvoller als Kriegspiele und Verharmlosungen.“

Carl Blauhorn

 

Ausstellung „teilen statt kriegen“, 1. – 21. Oktober 2011.
Projektraum okk (Organ kritischer Kunst), Berlin-Wedding, Prinzenallee 29.
Öffnungszeiten: Fr- So 15 - 18 Uhr, Katalog 5,- €.