Aufgeben tut man einen Brief

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Briefe / Foto: kirchen-privilegien.at

WIEN. (hpd) Das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien in Österreich scheint kurz davor zu stehen, die erste Hürde zu nehmen. Nach Angaben der Organisatoren fehlen knapp 900 Unterschriften, um eine österreichweite Eintragungswoche zu erzwingen. Helfen soll ein letzer Mobilisierungsschub.

 

Knapp 7.200 Unterschriften in sieben Monaten. Das haben die Initiatoren des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien nach eigenen Angaben erreicht. Mehr als erwartbar, weniger als erhofft. Die optimistischsten Varianten waren davon ausgegangen, bis einschließlich 14. Oktober 8.032 Unterstützungserklärungen zu bekommen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Formulare auf allen Gemeindeämtern aufgelegen. Dieses – interne – Ziel wurde knapp aber deutlich verfehlt. Was die Freude im Organisationsbüro wenig trübt: „Wir hatten kein Geld für Werbung und keine prominenten Unterstützer wie das derzeit laufende Bildungsvolksbegehren“, heißt es. „Da ist das, was wir erreicht haben, schon beachtlich.“ Ähnlich sieht es Volksbegehren-Sprecher Niko Alm. Er spricht von einem erfreulichen Ergebnis: „Jetzt fehlen uns nur weniger als 1.000 Unterschriften, um die Hürde zu erreichen.“

Mit 8.032 beglaubigten Unterstützungserklärungen muss das Innenministerium eine so genannte Eintragungswoche gewähren. Dann müssen die Formulare auf allen Gemeindeämtern aufliegen und das Volksbegehren muss auf allen öffentlichen Anschlagtafeln ausgehängt werden. „Außerdem rechnen wir dann mit mehr Berichterstattung als jetzt“, heißt es aus dem Organisationsbüro. Dass die Aufmerksamkeit der Medien trotz eigener PR-Tätigkeit gefehlt hatte, gilt als bislang größte Schwäche des Volksbegehrens: „Auf unseren Info-Ständen waren die Leute immer wieder überrascht, dass es das überhaupt gibt. Nicht nur einer hat gesagt, dass er noch nie was davon gehört hat.“ Die Bereitschaft, etwas gegen Kirchenprivilegien wie Sonderrechte im Bildungswesen und Steuerfinanzierung zu tun, scheint allerdings größer zu sein als es das Interesse der Medien nahelegt, wie mehrere Veranstaltungen des Volksbegehrens zeigen: „Es wachsen die Gräser“, „Missbrauch - Am Herz des Katholizismus“, „Und die alten Damen spielten Mariandl“.

Noch fehlende Unterstützungserklärungen zusammenzubekommen, wird schwieriger als in den vergangenen Monaten. Seit 14. Oktober müssen Unterstützer die Formulare selbst aufs Gemeindeamt mitbringen. Dort bestätigen Beamte ihre Unterschrift. Anders als in der ersten Phase schicken dann nicht die Ämter die Unterschriften ins Büro, die Unterstützer müssen das selbst tun. Ein erhöhter organisatorischer Aufwand, der eher abschreckend sein dürfte. Zumal es einzelne Gemeinden den Unterstützern schon in den vergangenen Monaten eher schwer gemacht haben. Dem hpd liegen zahlreiche Fälle vor, die eine eher geringe Kooperationsbereitschaft belegen. Was sich auch daran erkennen lässt, dass 1.700 der knapp 2.400 österreichischen Gemeinden bisher keine Unterstützungserklärungen ans Organisationsbüro in Wien geschickt haben – knapp einen Monat nach Fristende. „Nur von 73 Gemeinden haben wir gehört, dass es keine Erklärungen gibt“ sagt Niko Alm. Der Rest hüllt sich offenbar in Schweigen.

"Es kann weiter unterschrieben werden"

Mobilisierungsmails sollen helfen, Unterstützer zu den Gemeindeämtern zu bringen. Zielgruppe sind vor allem Menschen, die dieser Tage das Bildungsvolksbegehren unterschreiben. Wer ohnehin bei der Behörde ist, ist eher bereit, eine zweite Unterschrift zu leisten, so das Kalkül. Wichtigste Botschaft: „Es kann weiter unterschrieben werden.“ Selbst wenn das nicht klappt, dürfte Zeit das Geringste aller Probleme sein. Theoretisch haben die Initiatoren bis Ende Dezember 2012 Zeit, die fehlenden Unterschriften zu sammeln. Dass es länger dauert, Unterstützungserklärungen zu bekommen, muss auch kein Zeichen sein, dass man in Summe die 100.000 Unterschriften verfehlt, die notwendig sind, um die Anliegen in den Nationalrat zu bringen. Auch ein Volksbegehren zum EU-Austritt Österreichs vor wenigen Jahren benötigte zwei Jahre, um die Erklärungen zu bekommen. Mit der Eintragungswoche kam man in Summe auf 193.000 Unterschriften. Auch wenn die Initiatoren des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien vermutlich auf keinen Fall in einem Atemzug mit jenen des Begehrens für den EU-Austritt genannt werden wollen – als Messlatte scheint dieses Beispiel nicht ungeeignet.

Hinter der aktuellen Mobilisierung dürfte auch mehr stecken als Zweckoptimismus. Auch wenn die eigenen Hoffnungen nicht ganz erfüllt wurden, gelten die Ziele als erreichbar. Nur ein wenig anstrengen wird man sich müssen, hört man. Ein österreichisches Sprichwort macht die Runde: „Aufgeben tut man einen Brief.“

Christoph Baumgarten