In memoriam Dag Hammarskjöld

(hpd) Anlässlich des 50. Jahrestages des Todes von Dag Hammarskjöld, dem zweiten UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger, erschienen drei neue Bücher zu Leben und Werk. Darin steht sowohl der engagierte Krisenvermittler als auch der tiefgläubige Privatmensch im Zentrum des Interesses.

Dag Hammarskjöld (1905-1961) war der zweite UNO-Generalsekretär und erhielt 1961 posthum den Friedensnobelpreis: 1953 gelangte der als unscheinbarer Bürokrat geltende Schwede erstmals in sein hohes Amt. Fortan wirkte Hammarskjöld aber diplomatisch geschickt und politisch innovativ für die Lösung vieler Konflikte in der Ära des Kalten Krieges, ohne sich den Großmachtinteressen in Ost und West zu unterwerfen. Aufgrund seines hohen Engagements und seiner persönlichen Glaubwürdigkeit erfolgte 1957 seine Wiederwahl sogar einstimmig. 1961 kam Hammarskjöld bei einer Friedensmission in Afrika unter bis heute nicht genau geklärten Umständen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.

Einer seiner Nachfolger, der ghanaische Friedensnobelpreisträger Kofi Annan, erklärte später bei einer Rede zu seinem Gedenken, bei der Bewältigung von Krisen sollte sich jeder Generalsekretär der UNO die Frage stellen: „Wie hätte Hammarskjöld gehandelt?“ Anlässlich der 50. Wiederkehr seines Todestages erschienen drei Bücher in Erinnerung an ihn.

Herrmann J. Benning legt mit seinem Buch „Dag Hammarskjöld. Leben und Profil“ eine zweitteilige Gesamtdarstellung zu Biographie und Denken des Schweden vor. Zunächst schildert er biographisch-chronologisch sein Leben von der Schulzeit über die Karriere im schwedischen Staatsdienst bis zur Wahl zum Generalsekretär, wonach es vor allem um die Rolle Hammarskjölds als Krisenmanager geht. Bemerkenswert ist sein Selbstverständnis, das in folgenden Sätzen in der Rede an seine Mitarbeiter in der UNO zum Ausdruck kam: „Ich bin gekommen, um Ihnen allen zu dienen. Es ist mein Wunsch, alle Probleme unvoreingenommen anzugehen. Ihre Aufgabe ist es zu beurteilen, wie mir diese Arbeit gelingt und mich bei Misserfolgen zu korrigieren“ (S. 36).

Der zweite Teil von Bennings Buch geht auf Hammarskjölds persönliche Aufzeichnungen ein, welche erst nach seinem Tod aufgefunden wurden. Darin artikulierte sich Hammarskjölds spirituelles Vermächtnis als Dokumentation „seines Glaubens und Glaubensweges“ (S. 142). Demnach enthält das gemeinte Tagebuch keine ausführlichen Berichte über Begegnungen und Gespräche, Reisen und Verhandlungen mit politischem Schwerpunkt. Vielmehr legte Hammarskjöld darin persönliche Reflexionen zu Fragen des menschlichen Seins nieder.

Sie stehen auch im Zentrum des von Oliver Kohler veröffentlichten Buchs „Dag Hammarskjöld. Die längste Reise ist die Reise nach innen. Auszüge aus dem Tagebuch des UN-Generalsekretärs“. Nach einer kurzen Skizze zu seinem Leben, wobei dieses als das eines zutiefst religiösen Menschen geschildert wird, findet man einschlägige Zitate von Hammarskjöld und dazu angestellte Betrachtungen von Kohler. Die letzten beiden Teile enthalten zehn Bilder von Uwe Appold zu Texten von Hammarskjöld und eine Darstellung des Verfassers zu Hammarskjölds Spiritualität des Weges. Von den hier vorzustellenden Büchern handelt es sich sicherlich um das bibliophilste, aber auch um das inhaltsärmste Werk. Auch die Sachkapitel zu Hammarskjöld sind leider eher oberflächlich gehalten.

Und schließlich sei noch auf den Band „Dag Hammarskjöld (1905-1961). Für eine friedliche Welt – Ideen und Impulse des zweiten UN-Generalsekretärs“ mit einem inhaltlichen Schwerpunkt auf der politischen Arbeit des Portraitierten verwiesen. Manuel Fröhlich, Helmut Klumpjan und Henning Melber wollen darin in drei gesonderten Aufsätzen eine Rekonstruktion des Denkens und Handelns von Hammarskjöld auf Basis seiner Reden vornehmen.

Zunächst geht es um seine Auffassung von der Arbeit des internationalen Dienstes, die auf Basis der Grundwerte einer humanistischen Weltanschauung erfolgen sollte. Der zweite Beitrag widmet sich einer Systematisierung von Hammarskjölds politischer Philosophie der Weltorganisation, wobei sich sowohl realistische wie visionäre Prägungen ausmachen ließen. Und schließlich geht der letzte Beitrag der Frage nach, inwieweit das Denken und Handeln des erklärten Weltbürgers Hammarskjöld durch die politische Kultur seiner Heimat Schweden geprägt war.

Alle Neuerscheinungen anlässlich des 50. Todestages des zweiten UN-Generalsekretärs geben einen kenntnisreichen und tiefen Einblick in dessen Denken und Handeln, wobei auch die Gleichzeitigkeit des Mystikers und Rationalisten, des Realisten und Visionärs deutlich wird. Die enorme Lebensleistung und der tragische Tod Hammarskjölds erklären wohl mit, warum sich in den Büchern kaum ein kritisches Wort zu seiner Person findet. Immerhin war sein Engagement in der Kongo-Krise nicht unumstritten. Darauf zu verweisen, mindert keineswegs sein Verdienst. Als Botschaft hinterließ er u.a. folgenden Rat: „Die Arbeit an der Grenze der Entwicklung menschlicher Gesellschaft ist Arbeit am Rande des Unbekannten. Vieles von dem, was getan wird, wird sich eines Tages als wenig bedeutsam herausstellen. Das ist aber keine Entschuldigung für ein Versagen im Handeln nach unserem besten Wissen, in Anerkennung seiner Grenzen aber mit einem Glauben an das letztendliche Ergebnis der schöpferischen Evolution, an der zu arbeiten uns eine Ehre ist“ (S. 71).

Armin Pfahl-Traughber

 

Hermann J. Benning, Dag Hammarskjöld. Leben und Profil, München 2011 (Verlag Neue Stadt), 157 S., 14,90 €

Oliver Kohler, Dag Hammarskjöld. Die längste Reise ist die Reise nach innen. Eine biographische Skizze mit Tagebuchauszügen, Asslar 2011 (Adeo-Verlag), 171 S., 19,99 €

Manuel Fröhlich/Helmut Klumpjan/Henning Melber, Dag Hammarskjöld (1905-1961). Für eine friedliche Welt. Ideen und Impulse des zweiten UN-Generalsekretärs, Frankfurt/M. 2011 (Brandes & Apsel Verlag), 159 S., 14,90 €