Interview

"Die Meinungsfreiheit ist mir extrem wichtig"

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Frederik Seibring
Frederik Seibring

Am 31. Mai tötete ein mutmaßlicher Islamist auf dem Mannheimer Marktplatz einen Polizisten, der zur Hilfe eilte, als der Mann einen islamkritischen Infostand1 mit einem Messer angriff. Seit dem 29. Juni steht Frederik Seibring regelmäßig auf dem Mannheimer Marktplatz und setzt ein Zeichen "Gegen Islamismus und für Demokratie". Im Interview schildert er seine Gründe und Erfahrungen.

Dirk Winkler/gbs Rhein-Neckar: Frederik, du bist seit Juni 2024 regelmäßig mit einem Stand auf dem Marktplatz in Mannheim. Du hast ein Plakat dabei, auf dem steht: "Gegen Islamismus und für Demokratie". Engagierst du dich schon lange für dieses Thema oder hat es, wie man vermuten könnte, direkt etwas mit der islamistischen Gewalttat hier in Mannheim zu tun, die Mitte des Jahres das ganze Land schockiert hat?

Frederik Seibring: Ich beschäftige mich schon lange mit dem Thema, ja. Das wird jeder bestätigen können, der mich länger kennt. Seit ich etwa 18 bin. Der Angriff auf Herrn Stürzenberger2 in Mannheim hat auf drastische Weise wieder aufgerüttelt. Ich war am Tag nach der Tat am Tatort und sprach mit einigen Menschen, auch mit Augenzeugen. Es war surreal. Die Stimmung war bedrückend.

Was treibt dich an, dich auf diese Weise zu engagieren? Was ist dein Anliegen?

Mir geht's ums Prinzip. Die Meinungsfreiheit, insbesondere die Freiheit, Religionen (sogar vulgär und grundsätzlich) zu kritisieren, sich über sie lustig zu machen, ist mir extrem wichtig. Dazu kommt, dass es nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht ist, extremistische Auswüchse des Islam zu kritisieren. Stattdessen dominieren seit Jahren eine unglaubliche Naivität und Feigheit von Akteuren und zum Teil sogar wissentliche Kooperation mit mindestens fragwürdigen Organisationen.

Dein wievielter Stand ist das zwischenzeitlich? Machst du den Stand alleine, oder hast du Unterstützer?

Der nächste anstehende Stand am 19. Oktober müsste der siebte sein. Ich mache den Stand alleine, zumindest bisher. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Beim letzten Mal waren Mitstreiter aus gbs-Regionalgruppen dabei. Darüber habe ich mich riesig gefreut.

Es gibt offensichtlich Menschen, für die ist Kritik am Islam ein Verbrechen, das Gewalt legitimiert. Hast du Angst, bei dem, was du tust? Kannst du verstehen, dass man zögert, sich ebenso wie du offensiv zu engagieren?

Ja, ich habe Angst. Aber der Logik der Angst muss man offensiv begegnen, sonst frisst sie Schritt für Schritt alle Freiheiten auf. Es gibt Menschen, die sich unter sehr viel schlimmeren Bedingungen für das gleiche Ziel einsetzen, zum Beispiel Raif Badawi oder Sherif Gaber.

Islamkritik und Ausländerfeindlichkeit, wenn nicht gar Rassismus, werden gerne in einen Topf geworfen. Hattest du erlebt, dass man dich in die rechte Ecke stellen wollte? Hattest du Bedenken, dass du als Rechter abgestempelt wirst? Wie denkst du über Islamkritik und Ausländerfeindlichkeit?

Klar, das passiert. Dieses Schubladen-Denken ist bei einigen da. Dabei kritisiere ich ja gerade die reaktionären Inhalte, also Antisemitismus, Patriarchalismus, Fundamentalismus, Gewalt gegen Frauen, Abwertung von Andersgläubigen, die Verachtung weltlicher Gesetze usw. Bei manchen entstehen dann interessante Gespräche, bei denen man merkt, dass man gar nicht so weit auseinander liegt. Rassismus oder Abwertung anderer Menschen nur wegen ihrer Herkunft oder ihrem Aussehen ist für mich eine rote Linie. Da gibt es von mir auch sofort Widerspruch und klare Distanzierung. Das sind für mich ebenso veraltete Denkschablonen wie eben auch diejenigen der Islamisten.

Kannst du uns bitte schildern, wie die Menschen auf deinen Infostand reagiert haben? Was hast du erlebt?

Alles, vom ergriffenen Dank für Mut und Engagement bis zum Mittelfinger und Beleidigungen wie "Mongo!". Die Plakate werden fotografiert, mal zeigt jemand einen Daumen hoch oder ruft etwas Unterstützendes. Ein bereits im Grundschulalter vollverschleiertes Mädchen zeigte mir im Vorbeigehen mit dem Zeigefinger über den Lippen, dass ich besser schweigen sollte.

Wie haben die Behörden darauf reagiert, als du den Standplatz beantragt hast?

Sie baten mich um ein vorheriges Kooperationsgespräch. Dabei sprachen wir über die Rahmendaten, meine Plakate, die Dauer, Teilnehmerzahl usw. Die Polizei war bisher immer anwesend, zum Teil mit mehreren Streifen, um den Infostand zu "bewachen". Dafür bin ich auch sehr dankbar. Beim letzten Infostand verließen jedoch die Polizeibeamten nach 15 Minuten den Stand. Scheinbar wird das Risiko mittlerweile als gering genug eingeschätzt. Ich weiß es nicht.

Was erhoffst du dir von deinem Engagement?

Die Gespräche mit Passanten sind ungemein interessant. Ja, es gibt auch Begegnungen, auf die man echt verzichten kann. Aber oft bin ich dann auch selbst wieder überrascht, wie begeistert manche sind. Einmal kam ein syrischer Kurde zu mir und bedankte sich voller Freude für die Aktion. Beim letzten Mal machte eine gebürtige Iranerin mit, sie war ganz früh aufgestanden und weit angereist.

Wirst du weitermachen?

Definitiv. Etwa jeden zweiten oder dritten Samstag ist mein Ziel.

Ich danke dir für das Interview und wünsche dir viele gute Begegnungen.

Das Interview wurde von Dirk Winkler, Vorstand der Regionalgruppe Rhein-Neckar der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), geführt.


1 Der Infostand wurde von der Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) veranstaltet, die wegen Islamfeindlichkeit vom Bayerischen Landesverfassungsschutz beobachtet wird (Anm. d. Red.).

2 Der Aktivist und Publizist Michael Stürzenberger ist umstritten. Auch er wird verfassungsschutzrechtlich beobachtet (Anm. d. Red.).

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