Religionen werden sich ändern - müssen

von Reta Caspar

Religionen stehen fast täglich in der Kritik. Sie werden immer häufiger an allgemein anerkannten, weil unmittelbar einleuchtenden, humanistischen Prinzipien gemessen - und scheitern. Ihre Führer verwenden ihre Energie mehrheitlich darauf, die Kritik, namentlich auch jene aus den eigenen Reihen, zu unterdrücken. Aber im Zeitalter des Internets wird ihnen das nicht mehr gelingen, sie werden die Kritik an ihren Tabus und Mythen weder totschweigen noch aussitzen können.

Seit über 20 Jahren waren Missbrauchsgeschichten aus der katholischen Kirche im Umlauf, wurde über Priesterkinder und - etwas häufiger, da von den grossen Kirchen unterstützt - über inhumane Praktiken von religiösen «Sekten» aller Art gesprochen, wurde die Missachtung der körperlichen (physischen und psychischen) Unversehrtheit von Kindern durch die Religionen thematisiert. Lange Jahre blieben das Randerscheinungen. Aber dann kam das Jahr 2010, das Jahr des katholischen Missbrauchs-Skandals, und jetzt schreiben wir das Jahr 2012, das zum Jahr des Beschneidungs-Skandals werden dürfte.

Wesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen hat die 1990 ratifizierte UN-Kinderrechtskonvention, das Ergebnis einer über 100 Jahre alten Bewegung für weltweite Standards in der Wahrung der Interessen der Kinder sowie deren Beteiligung an Entscheiden, die sie betreffen - kurz um das, was wir heute das «Kindeswohl» nennen.