3. Bundestreffen der Laizisten in der SPD

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Sitzungsleitung: (v.l.n.r.) R. Schwanitz, C. Blume, M. Bauer, N. Opitz-Leifheit, E. Kühn-Murges / Foto © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Zu ihrem 3. Bundestreffen haben sich am vergangenen Samstag die sozialdemokratisch gesonnenen Laizistinnen und Laizisten im Berliner Reichstagsgebäude getroffen. Ein Treffen von Mitgliedern aus ganz Deutschland, die ihr Anliegen im Aufwind sehen und u. a. einen „Laizismus deutscher Prägung“ fordern.

Der Marie-Juchacz-Saal im Funktionsbereich der SPD-Fraktion im Bundestag war gut gefüllt und manche der Teilnehmer des 3. Bundestreffens der „Laizistinnen und Laizisten in der SPD“ freuten sich bereits über die Möglichkeit, in Zeiten der elektronischen Mails und der virtuellen sozialen Netzwerke, sich einmal persönlich zu begegnen.

Man sieht für das Anliegen eines Laizismus in Deutschland eine Mehrheit bei der Parteibasis der SPD, einschließlich der Jungsozialisten, und eine Ignorierung durch die Parteispitze. Die Schlussfolgerung ist eine Verstärkung der Arbeit in der Fläche der Bundesländer, die insoweit auch Erfolg hat, als Berlin und Bremen mit jeweils 114 Mitgliedern an der Spitze der Organisierten stehen.

Wesentlichste Organisationsangelegenheit des Bundestreffens war die Neuwahl aller Bundessprecherinnen und Bundessprecher. Nach Vorstellung der Bewerberinnen und Bewerber wurden neun Laizisten gewählt: (v.l.n.r.) Ellen Kühn-Murges, Oliver Lösch, Michael Bauer, Rolf Schwanitz, Nils Opitz-Leifheit, Claudia Blume, Lukas Plewnia, Horst Isola und (nicht anwesend) Adrian Gillmann. (Fotografie © Evelin Frerk)


 

Ingrid Matthäus-Maier referierte anschließend zur Problematik des kirchlichen Arbeitsrechts in Deutschland und die Kampagne GerDiA. Sie verwies dabei u. a. auf die den Bestimmungen des Grundgesetzes (aus Art. 140 GG/Art. 137, 3 WRV) widersprechende „Kompetenzkompetenz“ der Kirchen, die selber darüber bestimmen können, worüber sie bestimmen. Dieses vorgebliche Selbstbestimmungsrecht der Kirche werde zwar durch die bisherige kirchenfreundliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgedeckt, stehe aber im Widerspruch zum Grundgesetz, in dem es nur heißt, „jede Religionsgesellschaften ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.“

   

Weiterhin bestärkte sie die Forderung, dass das Betriebsverfassungsgesetz auch für kirchliche Sozialeinrichtungen zu gelten habe, da nicht einzusehen sei, warum für kirchliche Einrichtungen andere Bestimmungen gelten sollten als beispielsweise für die Arbeiterwohlfahrt. Insofern verwies sie auf den 20.11.2012, an dem das Bundesarbeitsgericht in Erfurt die Forderung von zwei Landeskirchen beurteilen wird, dass das Streikrecht in ihren Diakonieeinrichtungen auch weiterhin nicht gelte.

Und, sie legte einen besonderen Wert darauf, dass nur die Beschränkung auf die Arbeitnehmerrechte, wozu die Gewerkschaften tendieren würden, zu kurz greife, da es in allen diesen Fragen auch um die persönlichen Menschenrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehe.

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Horst Isola
Diese Positionierung wurde u. a. auch von Michael Rux (Freiburg) bekräftigt, der ebenfalls anmahnte: „Keine Reduzierung auf das Arbeitsrecht, immer die Gesamtsicht der Menschenrechte.“ Horst Isola (Bremen) verdeutlichte die Thematik mit einer Anekdote, indem er meinte: „Wenn der ADAC ein derartiges Selbstbestimmungsrecht hätte, könnte er bestimmen, dass die Straßenverkehrsordnung für ADAC-Mitglieder nicht gilt.“ Dazu sei allerdings auch anzumerken, dass die Forderung nach Arbeitnehmerrechten in kirchlichen Einrichtungen 2007 im SPD-Parteiprogramm gestrichen wurden.

Unter mehreren Anträgen war der Antrag Nr. 1 „Laizismus in Deutschland“ auch der wesentlichste. Sein Inhalt sind die Hauptanliegen der Laizisten und die Begründungen in Kurzfassung. In den Formulierungen heißt es u. a.:

„Angesichts des starken Wandels unserer Gesellschaft (über 40 % aller Menschen in Deutschland gehört nicht den beiden großen Kirchen an) ist dieser Zustand heute unzeitgemäß. Zugleich drängen weitere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, wie Muslime und Zeugen Jehowas, immer stärker darauf, auch in den Genuss staatlicher Privilegien und finanzieller Subventionen zu kommen.

Es ist deshalb an der Zeit, wieder auf die Einhaltung der grund­gesetzlich geforderten weltanschaulichen Neutralität zu pochen und das Verhältnis von Staat und Religion im europäischen Kontext an den heutigen Erfordernissen auszurichten.

Wir fordern deshalb einen Laizismus deutscher Prägung auf der Basis unserer Verfassung. Dazu muss der Staat eine gleiche Distanz zu allen Weltanschauungen und weltanschaulichen Gemeinschaften einhalten und einseitige Privilegierungen bestimmter Denominationen beenden. (…)“

Kern ist ein „Laizismus deutscher Prägung“. Diese Debatte eines modernen Religions- und Weltanschauungsrechts fände auch bereits in Deutschland statt, nur nicht unter der Bezeichnung „Laizismus“.

Im Vorfeld der Bundestagsberatungen über den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Beschneidung einwilligungsfähiger Knaben verdeutlichte der Antrag Nr. 5 die klare Position der Laizistinnen und Laizisten in der SPD, diesen Gesetzentwurf abzulehnen und sowohl ein Mindestalter und die Beteiligung von Fachärzten zu fordern.

C.F.