BERLIN. (hpd/hub) Einer Forschergruppe der Humboldt-Universität ist es gelungen, Weihnachtsbäume genetisch identisch zu vermehren. Die Suche nach dem ‚idealen Weihnachtsbaum‘ ist dann nicht mehr nötig, denn: „Gerade gewachsen soll er sein, buschig und möglichst ohne Schönheitsmakel, etwa fehlende Zweige oder Spitzen – eben perfekt für die schönsten Tage des Jahres.“
Es ist ein großer Markt, denn in Deutschland werden alljährlich fast 28 Millionen Weihnachtsbäume gekauft, drei Viertel davon Nordmannstannen.
Dazu schreibt die Humboldt-Universität: Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Botanik und Arboretum der Humboldt-Universität zu Berlin haben einen Weg gefunden, Nadelbäume klonal, das heißt genetisch identisch zu vermehren. Dazu wird das Verfahren der „somatischen Embryogenese“ genutzt. Ziel ist es, Bäume mit außergewöhnlichen Merkmalskombinationen, die ideale Weihnachtsbäume darstellen, in beliebig großer Stückzahl zu erzeugen.
„Dabei machen wir uns die Totipotenz von Pflanzenzellen zunutze. Theoretisch bedeutet das, eine beliebige Zelle, beispielsweise aus dem Blatt oder der Wurzel dazu zu veranlassen, wieder zu einer vollständigen Pflanze zu regenerieren. Dieses Verfahren lässt sich bei vielen Pflanzen, wie Tabak, Kartoffel und einigen Laubbäumen einsetzen, aber ausgerechnet bei Weihnachtsbäumen geht das so einfach nicht,“ sagt Prof. Dr. Kurt Zoglauer, Leiter der Forschergruppe.
Heimisch ist die Nordmanntanne in Georgien, Abchasien und Russland. Von dort stammt zumeist das Saatgut für die europäischen Weihnachtsbaum-Plantagen. Bis sie für den Verkauf geeignet sind, vergehen einige Jahre, in denen möglichst wenig schief wachsen sollte. „Da Tannen aber windbestäubt sind, haben die Nachkommen viele Väter, die nicht immer markttauglich sind“, so der Pflanzenphysiologe. In jahrelanger Forschungsarbeit konnte eine Methode entwickelt werden, um aus widerspenstigen Nordmannstannen liebenswerte „Laborpflanzen“ zu machen.
Nicht die perfekt gewachsene Tanne selbst wird geklont, sondern die Embryonen aus ihren Samen. „Sie werden durch einen Cocktail aus Nährstoffen und Pflanzenhormonen dazu gebracht, unzählige somatische Embryonen zu bilden – sozusagen Kopien von sich selbst – aus denen dann Bäume heran gezogen werden“, erläutert Zoglauer.
Da Schönheit aber im Auge des Betrachters liegt, ist mit einem Klon, also einen Baum und seinen Geschwistern, noch nicht viel erreicht. „Wir entwickeln Bäume mit einer Vielzahl an Merkmalen, die auf ihre Weise unterschiedlich schön sind. Grün sollen sie immer sein, aber die Farbnuancen der Nadeln reichen von hell bis dunkel mit Blauton. In Zeiten von Singlehaushalten sind auch schlanke Bäume gefragt, die in kleine Wohnungen passen. Und die Bäume sollen möglichst nicht nadeln“, erklärt Zoglauer.
Aber nicht nur die Käufer, auch die Anbauer von Weihnachtsbäumen haben ihre Wünsche an die Weihnachtsbaum-Klone: Sie sollen Blattläusen nicht schmecken, sonniges und trockenes Wetter gut vertragen und erst spät im Mai austreiben, damit ihnen die Eisheiligen nicht schaden.
Momentan werden in vier Verbundprojekten diese und ähnliche Inhalte, vor allem mit Relevanz für Züchtung und Forstwirtschaft von insgesamt acht Nachwuchswissenschaftlern der Gruppe bearbeitet.
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