Nachkommen von Affen und Schweinen?

Jüdischer Antisemitismus

Für Entsetzen sorgte die Aussage des Rabbiners Ovadja Josef, dass die Opfer des Holocaust allesamt Sünder gewesen seien. Josef, der die fundamentalistische Schas-Partei leitet, ist aber kein Antisemitismus gegenüber allen Juden vorzuwerfen. Er ist sephardischer (iberischer) Jude, wohingegen die meisten Opfer des Holocaust aschkenasische (europäische) Juden waren. Gerade in der israelischen Gesellschaft kommt es zu größeren Spannungen, als den meisten Europäern bekannt ist. Sephardim und Mizrachim werfen den Aschkenasim, die in den gesellschaftlichen und politischen Eliten des Landes überrepräsentiert sind, vor, das Leiden ihrer Vorväter zur Rechtfertigung ihrer hervorgehobenen Stellung zu instrumentalisieren.

In Deutschland gab es vor einigen Jahren eine Debatte um den Sohn des Jahrhundertgeigers Yehudi Menuhin. Gerard Menuhin lehnt Denkmäler für sogenannte Kriegsverbrechen Deutschlands ab. Auch kritisiert er außenpolitische Vordenker der USA mit doppelter Staatsbürgerschaft, deren Loyalität nicht ihrem Heimatland, sondern einem ungenannten, anderen Staat (welchem wohl?) gilt. Er dient sich dem rechtsextremen Spektrum als Hofjude an und steht Publikationen, wie der „Deutschen Stimme“, gern für ein Interview zur Verfügung. Das Blatt gehört zur NPD, die sich als pro-islamische Partei mit der Hamas und dem iranischen Staatspräsidenten Ahmadinedschad solidarisiert.

Das Phänomen des jüdischen Antisemitismus ist erschreckend und faszinierend zugleich. Unübersichtlich wird es zudem, weil es nicht nur einen, sondern viele jüdische Antisemitismen gibt. Dabei sind die Gründe für den Selbsthass vielfältig. Man kann als linker wie als rechter Jude, als zionistischer wie als antizionistischer Jude und als atheistischer wie als orthodoxer Jude sein Volk verraten. Jüdische Organisationen, die aus unterschiedlichsten Motiven um die Gunst Hitlers buhlten und sich dabei erbittert gegenseitig bekämpften, wurden letztendlich alle von ihm liquidiert.

Lukas Mihr