Düsseldorfer Gericht: Schulunterricht nur ohne Gesichtsschleier

Ein Berufskolleg in Nordrhein-Westfalen darf eine Schülerin mit Vollverschleierung vom Unterricht ausschließen. Das entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf. Nach Ansicht der Kammer beeinträchtige die weitgehende Bedeckung des Gesichts den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule – die Glaubensfreiheit sei demgegenüber von untergeordneter Bedeutung.

Damit lehnten die Richter auch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung der Schülerin und ihrer Eltern ab. Bei der Vollverschleierung, auch Niqab genannt, handelt es sich um ein blickdichtes Tuch, das das Gesicht fast vollständig bedeckt und nur in der Augenpartie einen schmalen Sehschlitz freilässt. Die Kommunikation durch Mimik und Sprache wird auf diese Weise eingeschränkt – und zwar so sehr, dass es dem Bildungsauftrag der Schule zuwider laufe, schreibt das Gericht in seiner Begründung: "Eine derartige gesichtsverhüllende Verschleierung verstößt gegen ihre gesetzlich verankerte Pflicht, daran mitzuarbeiten, dass die Aufgabe der Schule erfüllt und das Bildungsziel erreicht werden kann."

Zu diesen schulischen Aufgaben gehöre neben der Vermittlung von Wissen ebenso die offene Verständigung, wie die Richter weiter ausführten. "Sowohl Schüler untereinander als auch Schüler und Lehrkräfte müssen sich so austauschen können, dass die volle – verbale und nonverbale – Kommunikation jederzeit möglich ist". Die Kommunikation sei eine Grundlage für die schulische Leistungsbewertung, besonders bei der mündlichen Mitarbeit im Unterricht. Diese mache immerhin die Hälfte der Leistungsbewertung aus.

Indem jedoch die Vollverschleierung die Kommunikation und damit die Leistungsbewertung verhindere, beeinträchtige sie den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Die religiöse Weltanschauung wertet das Gericht dagegen als untergeordnet: "Soweit hierdurch in die grundgesetzlich geschützte Glaubensfreiheit der Schülerin eingegriffen wird, ist dieser Eingriff angesichts des staatlichen Bildungsauftrags gerechtfertigt". Zudem seien keine hinreichenden Anzeichen für einen Gewissenskonflikt der Schülerin zwischen Vorschrift und Glaubensüberzeugung erkennbar. Gegen den Beschluss kann Beschwerde eingelegt werden.

Deutsche Gerichte sehen sich in jüngerer Zeit immer wieder mit Auseinandersetzungen zwischen säkularem Recht und islamischem Brauch befasst. So hatte das Hamburger Oberverwaltungsgericht 2020 die Vollverschleierung einer 16-jährigen Berufsschülerin zugelassen. Die Richter argumentierten damals, dass das Hamburger Schulgesetz ein derartiges Verbot nicht hergebe. Der aktuelle Fall ist nicht der erste Konflikt zwischen staatlichen Vorschriften und muslimischer Verschleierung vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht. Erst im Juli 2024 hatten die Richter den Antrag einer Muslima abgelehnt, die den Niqab beim Autofahren tragen wollte.

Unterstützen Sie uns bei Steady!