Die Organisation MissBiT – Missbrauchsopfer & Betroffene im Bistum Trier hat mit einer Pressemitteilung auf einen Artikel im Trierischen Volksfreund reagiert. Es geht ausgerechnet um Vorwürfe gegen einen Priester, der maßgeblich an der Erstellung des Institutionellen Schutzkonzeptes zur Prävention von sexualisierter Gewalt beteiligt gewesen sein soll.
MissBiT bezieht sich auf die Berichterstattung des Trierischen Volksfreunds in seiner Ausgabe vom 12. Dezember. Diese handelte von dem Fall eines Bistumspriesters, dem ein Übergriff auf einem Firmling im Jahr 2015 vorgeworfen wird. 2016 soll es einen zweiten Übergriff auf denselben Firmling gegeben haben. Zusätzlich existieren zwei Hinweise auf mögliches grenzüberschreitendes Verhalten. In Summe seien es also bisher vier mutmaßliche Vorfälle, die nun der Öffentlichkeit bekannt sind. Die Übergriffe aus 2015 und 2016 sieht MissBiT e.V. nach intensivem Austausch mit dem Opfer als erwiesen an.
Den Bock zum Gärtner gemacht
MissBiT kritisiert, besagter Pfarrer sei maßgeblich an der Erstellung des Institutionellen Schutzkonzeptes zur Prävention von sexualisierter Gewalt beteiligt gewesen und sei laut diesem weiter verantwortlich ("der Pfarrer achtet darauf, dass Verantwortungsübernahme situations- und altersgemäß erfolgt").
Das Bistum sehe sich hier außen vor und sehe die Verantwortung für das Mitwirken des Pfarrers bei der Pfarrgemeinde. "Ein Zynismus sondergleichen", findet die Betroffenenorganisation. Man informiere die Gemeinde vor Ort nicht über die Tathinweise und nehme bewusst in Kauf, dass der Täter sich in der Gemeinde als Speerspitze der Missbrauchsprävention profilieren könne. Das Bistum überlasse diese verantwortungsvolle Aufgabe weiterhin einem Seelsorger, "der erwiesenermaßen dafür denkbar ungeeignet ist".
Für den Bischof von Trier Stephan Ackermann sei das offensichtlich kein Problem, schließt MissBiT daraus. Die Stimme des Bischofs lasse verlauten, dass man 2015 disziplinarische Maßnahmen gegen den Pfarrer ergriffen habe und die Leitlinien keinen anderen Handlungsspielraum vorgaben. "Das ist eine glatte Lüge", wirft ihm der Verband vor, denn laut den Leitlinien, die ab 2013 galten, hätte Ackermann anders handeln müssen. Mehr noch, in der Vorgehensweise der Behandlung des Falls seien besagte Leitlinien mehrfach gebrochen worden, 2015 und 2023 erneut, indem man vorgeschriebene Verfahrensschritte missachtet habe.
MissBiT fährt in sarkastischem Tonfall fort: "Offensichtlich haben die 'disziplinarischen Maßnahmen' so gut gewirkt, dass es 2016 zu einem erneuten Übergriff gekommen ist. Auch will man die beiden anderen Hinweise nicht datieren. Warum wohl?"
Staatsanwaltschaft ermittelt nun zum zweiten Mal
Die Ermittlungen 2018/2019 hätten offensichtlich nur den Vorfall 2015 beleuchtet. Nach der Meldung in 2023 sei nun der erneute Vorfall im Jahre 2016 im Fokus. Das Opfer sei mehrfach befragt worden und habe sich wiederum offenbaren müssen. "Der Beschuldigte konnte also über mindestens weitere neun Jahre hinweg mit Duldung des Bistums segensreich wirken", fasst es der Betroffenenverband auf seine Art zusammen. "Wer nun erwartet hätte, dass zwei aus unserer Sicht erwiesene Übergriffe, zwei weitere Hinweise, die laut Kirchenrecht als Grenzverletzung unter die Leitlinien fallen und ein abgeschlossenes sowie ein laufendes Ermittlungsverfahren ausreichen, den mutmaßlichen Täter laut Leitlinien 'aus dem Verkehr zu ziehen' dem kann man nur frohlockend zurufen: 'Willkommen in Bischof Ackermanns Welt'", so MissBiT weiter. "Auch die aktuelle Meldung im Trierischen Volksfreund scheint an Ackermann in Lindner-Manier abzuperlen: 'Wo ist die Nachricht?' – Keine Reaktion aus der Präventionshochburg Trier."
MissBit e.V. fordert die sofortige Freistellung des Priesters vom Dienst
"Wie kann es sein, dass der Priester mit aller Macht im Dienst gehalten wird? Wie kann es sein, dass Bischof Ackermann Kirchenrecht bricht, Leitlinien ad absurdum führt und weitere Taten bewusst in Kauf nimmt? Oder steht der Priester bereits unter Führungsaufsicht?", fragt die Organisation, die sich für Missbrauchsopfer im Bistum Trier einsetzt.
Ob MissBit dafür sorgen müsse, dass der öffentliche Druck so stark werde, dass Ackermann den Priester bis zum Abschluss der Untersuchungen vom Dienst freistelle, lautet die nächste Frage. Die Leitlinien ließen bei einer falschen Beschuldigung explizit ein geordnetes Rehabilitierungsverfahren zu.
"Sollte Ackermann nicht unverzüglich handeln, müssen wir uns überlegen, an einem der nächsten Sonntage mit einem Transparent in der entsprechenden Pfarrgemeinde aufzutauchen. Vielleicht: 'Kein Raum für Missbrauch in der Kirche' oder 'Auch hier?' Was bleibt uns sonst?"