(hpd) Vor fünf Jahren machte das „Ferkelbuch“ gerade Furore. Das Jugendbuch „Gott gibt es wohl nicht“ des schwedischen Autors Patrik Lindenfors geht auch davon aus, dass es Götter nicht gibt und Ungläubigkeit in erster Linie Freiheit bedeutet. Trotzdem dürfte es kaum ins Visier einer wildgewordenen Familienministerin geraten.
Das liegt zum einen daran, dass es anders als das „Ferkelbuch“ kein doppelbödiger, subversiver Erwachsenen-Comic ist, sondern sich tatsächlich an Jugendliche zwischen zwölf und 14 Jahren wendet. Zum anderen ist es ein Sachbuch, das mit seiner oft augenzwinkernden, aber eben sachlichen Argumentation per se außerhalb der Reichweite der Bundesprüfstelle liegt. hpd sprach mit dem Autor Patrik Lindenfors.
Herr Lindenfors, sind Ihre Kinder Atheisten?
Patrik Lindenfors: Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Ich habe drei Söhne, 9, 13 und 13 Jahre alt, und ich bin der Meinung, Kinder sollten nicht vom Glauben ihrer Eltern gezeichnet sein. Dann stellt sich die Frage so: Haben sie von sich aus irgendwann zum Ausdruck gebracht, dass sie an einen Gott glauben?
Da wir zuhause nicht so oft über Gott gesprochen haben, kam die Frage, als die Jungs klein waren, eigentlich niemals auf – außer wenn wir Kirchen oder Tempel auf Reisen besichtigt oder dort Konzerte besucht haben. Aber vor kurzem sind wir ins Ausland gezogen und meine Kinder besuchen nun eine internationale Schule. Plötzlich waren sie umgeben von gläubigen Kindern der verschiedensten Religionen: Christen, Buddhisten, Muslime, Hindus und Anhänger chinesischer Religionen. Da kam natürlich die Frage auf, zu welcher Religion wir denn gehören. Unsere Antwort war dann: „Für dich kannst du das entscheiden, wenn du groß bist. Aber deine Mutter und ich glauben nicht an irgendeinen Gott.“
Natürlich haben wir als Eltern jetzt, wo sie noch klein sind, großen Einfluss auf die Ansichten unserer Kinder und so antworten sie, wenn sie gefragt werden: „Ich habe keine Religion“. Es wäre mir lieber, wenn sie antworten würden: „Ich habe das noch nicht entschieden“ – aber es liegt nicht an mir zu entscheiden, was sie antworten. Es liegt bei ihnen, als was sie sich bezeichnen.
Wem haben Sie das Buch zuerst vorgelesen?
Patrik Lindenfors: Meiner Frau.
Was hat Sie auf die Idee gebracht, ein Kinderbuch zu schreiben?
Patrik Lindenfors: Als meine Kinder geboren wurden, haben Sie von einem Verwandten, der es gut meinte, eine Kinderbibel geschenkt bekommen. Wenn du Atheist bist, gibt es kein entsprechendes Geschenk. Ich musste feststellen, dass es kein einziges Kinderbuch gab, in dem es darum gegangen wäre, nicht an Götter zu glauben. So habe ich mir überlegt, diese Lücke zu füllen.
Können Sie uns sagen, wie das Buch aufgebaut ist?
Patrik Lindenfors: Im Grunde geht das Buch alle Argumente für und gegen die Existenz von Göttern durch, die ich finden konnte. Ich habe mich bemüht, das Buch so zu schreiben, dass es beim Lesen Spaß macht und so leicht verständlich ist wie möglich. Aber es bleibt ein philosophisches Thema und Vanja Schelins Zeichnungen haben sehr viel dazu beigetragen, die Argumentation auf den Punkt zu bringen, und sorgen dafür, dass die Lektüre auch Spaß macht.
Wie können Kinder dazu angeregt werden, über Götter nachzudenken, ohne sie gleich in eine Richtung zu lenken?
Patrik Lindenfors: Ich denke, es ist wichtig, dass Kinder mit vielen Arten von Glauben und Unglauben in Berührung kommen, wenn sie aufwachsen. Sie sollten gut informiert sein über die unterschiedlichen Ansichten, die es zu dieser Frage gibt. Als Eltern können Sie nicht verbergen, was Sie selbst glauben, das wäre unehrlich. Wenn Sie Ihre Kinder nicht in eine bestimmte Richtung lenken wollen, sollten Sie dafür sorgen, dass sie so vielen Religionen wie möglich begegnen, und gleichzeitig mit dem eigenen Glauben oder Unglauben ehrlich umgehen.
Die Erkenntnis, dass es keine Götter gibt, ist sicherlich fein und hilft auch Illusionen zu vermeiden. Aber auf manche Leute wirkt das allein vielleicht ein kleines bisschen entmutigend. Was ist die positive Botschaft Ihres Buches?
Patrik Lindenfors: Die positive Nachricht des Buches ist, dass du ohne Regeln „von oben“ (tatsächlich natürlich von Priestern aus sehr lange zurückliegenden Zeiten) frei bist, das Richtige zu tun, anstatt einfach Regeln zu folgen, die vor mehr als 1000 Jahren aufgestellt wurden. In der Geschichte der Menschheit gibt es einige fürchterliche Erfahrungen damit, was passiert, wenn du einfach nur Regeln befolgst. Ich hoffe, dass mein Buch Kinder dazu ermutigt, alles zu hinterfragen und selbst zu denken.
Gab es Reaktionen von Kindern?
Patrik Lindenfors: Ich habe einige sehr positive Reaktionen von Teenagern, die das Buch gelesen hatten, bekommen. Wenn jemand mal angefangen hat, sich über diese Fragen Gedanken zu machen, dann ist das Buch offenbar ein ganz guter Wegweiser, wie man über das Thema nachdenken kann.
Die Fragen stellte und die Antworten übersetzte Martin Bauer.
Illustrationen aus dem Buch
Patrik Lindenfors: Gott gibt es wohl nicht. Mit Illustrationen von Vanja Schelin. Übersetzt von Rainer Lippold. Aschaffenburg: Alibri 2012, 91 Seiten, vierfarbige Abbildungen, gebunden, Euro 12.-, ISBN 978-3-86569-089-0
Das Buch ist auch im denkladen erhältlich.