Skeptische Köpfe im Gespräch: Michael Scholz

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Michael Scholz
Michael Scholz

Vom 29. bis 31. Mai findet in Regensburg die "SkepKon", die Jahreskonferenz der Skeptikerorganisation GWUP, statt. Aus diesem Anlass stellt der hpd jede Woche einen Referenten und sein Thema im Interview vor. Den Anfang macht Michael Scholz.

Er ist Bibliothekar und betreibt seit 2015 den Blog Onkel Michaels kleine Welt, in dem er sich mit Aufklärung zu sogenannter "Alternativmedizin", Verschwörungstheorien, angeblichen Geheimgesellschaften, Antisemitismus und anderem Schwurbel beschäftigt. Michael Scholz schreibt zudem auch für den hpd. Auf der "SkepKon" spricht er am Donnerstag, 29. Mai in einem gemeinsamen Vortrag mit dem Mediziner Edzard Ernst über "NS-Pseudomedizin und ihre langfristigen Folgen".

hpd: Worum geht es in dem Vortrag?

Michael Scholz: Es geht darum, dass die massive Förderung der sogenannten "Alternativmedizin" in der Zeit des Dritten Reiches ihren langen Schatten bis heute wirft. Bekanntestes Beispiel dürfte der von den Nazis geschaffene Beruf des "Heilpraktikers" sein. Weniger bekannt ist, dass zahlreiche Funktionäre und Mediziner, die damals die Alternativmedizin förderten, nach dem Krieg teilweise an gleicher Stelle ihre Lobbyarbeit für die Pseudomedizin fortsetzen konnten.

Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit dem Thema zu befassen?

Ich kenne Edzard Ernst bereits über die gemeinsame Arbeit im Informationsnetzwerk Homöopathie (INH), und seine Forschungen zur Geschichte der sogenannten Alternativmedizin im Dritten Reich haben mich schon immer interessiert. So kam die Zusammenarbeit zustande.

Worin liegt die gesellschaftliche Relevanz Ihres Vortragsthemas?

Es ist für mich immer noch unglaublich, dass etwa Ärzte, die an den biochemischen Menschenversuchen in den Konzentrationslagern Auschwitz und Dachau teilnahmen, vollkommen unbehelligt blieben. Hierüber muss aufgeklärt werden. Es gab enge Verbindungen zwischen dem damaligen Regime und der alternativmedizinischen Szene.

Während der Zusammenarbeit mit Ernst habe ich viel gelernt, gerade darüber, wozu der Mensch fähig ist. Die Mediziner, die in den Konzentrationslagern Menschenversuche durchgeführt haben, sahen in ihrem Gegenüber "Untermenschen", die kein "Lebensrecht" hatten. Auch heute gibt es wieder gesellschaftliche und religiöse Strömungen, die ganze Gruppen entmenschlichen. Wo das hinführen kann, zeigt unser Vortrag sehr gut. Von daher soll er natürlich auch eine Mahnung und Warnung sein.

Debatten über emotionale Themen entgleiten leicht. Haben Sie einen Tipp parat, wie wir damit konstruktiver umgehen können?

Es ist gut, leidenschaftlich und engagiert zu diskutieren. Es ist sogar notwendig. Aber es gibt eine entscheidende Wahrheit, die wir nicht aus den Augen verlieren sollten: Diese Leidenschaft darf nicht das respektvolle Miteinander verdrängen. Denn am Ende des Tages ist es der Respekt vor dem anderen, der das Fundament einer Gesellschaft bildet, die auf echter Kommunikation beruht. Eine einfache, aber wichtige Faustregel lautet: Nach einer Debatte sollte man sich immer noch in die Augen sehen können – und wenn man will, sogar zusammen ein Bier trinken, ohne dass der Gesprächspartner zu einem Feind geworden ist.

Das klingt trivial, doch es ist die Grundlage für eine entspannte, offene Haltung gegenüber anderen Meinungen. Denn nur wenn wir uns regelmäßig dieser Tatsache erinnern, fällt es uns leichter, mit einem offenen Ohr zuzuhören und selbst in den hitzigsten Momenten Raum für den anderen zu lassen. Selbst wenn wir nicht einer Meinung sind, können wir dennoch mit Respekt und Verständnis auseinandergehen. Das ist die wahre Kunst der Kommunikation – nicht der Sieg in einer Diskussion, sondern die Fähigkeit, miteinander zu sprechen, ohne den anderen zu verlieren.

Über welche Fragen wird in der skeptischen Community momentan noch zu wenig gesprochen?

Wir als Skeptiker sollten uns nicht scheuen, auch heiße Eisen anzufassen. Ja, das gibt Gegenwind, oder einen "Shitstorm", wie man es heute nennt. Ich habe auch schon einige davon abbekommen, aber wenn wir uns selbst zensieren, nur um politisch oder gesellschaftlich opportun zu sein, dann sind wir keine Skeptiker, sondern eine Versammlung von Waschweibern und Windbeuteln. Wie es so schön heißt: "Everybody's Darling is everybody's Depp". Von daher sehe ich keine thematische Einschränkung für uns Skeptiker.

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