Notizen aus Benelux und Frankreich

Belgien:
Massenhochzeit für die Integrationspolitik.
Nachdem in der Stadt Sint Niklaas

es drei Paare abgelehnt hatten, sich durch einen schwarzen Gemeinderat vermählen zu lassen (hpd berichtete) reagierten viele Ehekandidaten mit einem Trauantrag in der Stadt und bei dem schwarzen Schöffen. Mit Unterstützung einer ganzen Reihe von Organisationen wurde dafür unter der Losung „Sint Niklaas geht fremd" ein Fest organisiert und mehr als 300 Paare konnten an einem Tag durch Wouter van Bellingen getraut werden. Während des Festes wurden fünf belgische Rekorde gebrochen: das größte Hochzeitsfest, der größte Gruppenkuss, das größte Hochzeitsphoto, das größte Dessertbuffet und der größte Eröffnungstanz. (Niederländisch)

Katholischer universitärer Zentralismus

2010 sollen die vier frankophonen katholischen Universitäten Belgiens, die Université catholique de Louvain (UCL - 21.647 Studenten), die Facultés universitaires Notre-Dame de la Paix à Namur (FUNDP - 4.807 Studenten), die Facultés universitaires Saint-Louis à Bruxelles (FUSL - 2.031 Studenten) und die Facultés universitaires catholiques de Mons (Fucam - 1.129 Studenten) zu einer neuen Universität verschmelzen. Sie wird wahrscheinlich den ehrwürdigen Namen der größten Universität, die von Louvain, annehmen und durch die Zentralisation mehr Forschungskapazitäten zur Verfügung bekommen. Für die ideologische Grundlage wird bereits an eine Wertecharta gebastelt welche in einem Geist der Toleranz durch die humanistischen und christlichen Traditionen geprägt werden soll. (Französisch)

Der Hitler von Kerkrade

Auf einer neonazistischen Demonstration in Lommel fiel ein Mann besonders auf: Stefan Wijkamp (40) aus dem holländischen Oosterbeek und in den ganzen Niederlanden bekannt als der „Hitler von Kerkrade". Mit schiefer Haarlocke, typischem Schnurbart, braunem Hemd und Krankenkassenbrille sieht er wirklich aus wie Hitler. Auf dem deutschen Soldatenfriedhof von Lommel hielt er eine feurige Ansprache gegen Homos und Allochthonen. Bei den Gemeinderatswahlen von 2002 kandidierte er für die rechtsextreme NVU, holte aber nur 0,2 % der Stimmen. (Niederländisch)

Neues Gesetz zum Verbot nazistischer Organisationen

Der Abgeordnete T'Sijen von der Partei Spirit hat ein Gesetzvorschlag eingereicht, um rassistische, negationistische und neonazistische Organisationen noch einfacher verbieten zu können. Der Text greift zurück auf ein Gesetz von 1934, welches zu einem Verbot von privaten Milizen führte. Neu ist vor allem, dass nach dem Verbot einer Organisation ihr ganzes Vermögen und ihr Besitz beschlagnahmt wird. Somit kann eine Neugründung besser verhindert werden. (Niederländisch)

Kein Niederländisch, kein Arbeitslosengeld!

Die konservative flämische Partei N-VA will das Arbeitslosengeld für Arbeitslose sperren, die kein Niederländisch lernen wollen. Während einer Kundgebung in Halle-Vilvoorde wies sie darauf hin, dass in diesem Kreis bereits mehr als die Hälfte der Arbeitslosen kein Niederländisch spricht. 40 % von ihnen sprechen nur französisch und 13 % eine andere Sprache. Die Bereitschaft, an Sprachkursen teilzunehmen, nimmt außerdem ständig ab. (Niederländisch)

Zwangsehen werden strafbar

Das Abgeordnetenhaus hat ein Gesetz verabschiedet, wodurch Zwangsehen strafbar sind und für ungültig erklärt werden. Belgien ist nach Norwegen das zweite Land in Europa mit einer solchen Gesetzgebung. Wer solche Ehen erzwingt, kann mit Gefängnisstrafe von bis zu 2 Jahren und Geldbußen von bis 2500 Euro bestraft werden. Analysen besagen, dass 1999 25 % der türkischen und marokkanischen Frauen unter Zwang verheiratet wurden. (Niederländisch)

 

Niederlande

Mit „Saukerlen" gegen den Islamterror

Der Arabist Hans Jansen fordert in der meinungsbildenden Zeitschrift „Opinio" die Gründung einer Abteilung „Saukerle" (Rotzakken) bei den niederländischen Sicherheitsdiensten. Es sollte ihr - wenn nötig - gestattet sein, im Verborgenen schmutzige Praktiken im Kampf gegen den Islamterror anzuwenden. Gewalt kann nach Jansen nur durch Gewalt gestoppt werden. Die Sicherheitsdienste seien zu defensiv und verzichteten auf die notwendigen dreckigen Jobs. (Niederländisch)

Ärzte gegen die Anpassung des bestehenden Abtreibungsgesetzes

Um die Schwangerschaftsabbrüche zu vermindern, will die heutige Regierung die Möglichkeiten der Adoption erweitern. Die meisten Ärzten sind gegen dieses Vorhaben und würden eine verpflichte Adoptionsberatung verweigern. Adoption kann nach ihrer Meinung keine Alternativ zur Abtreibung sein. (Niederländisch)

Orthodoxe Juden dürfen nicht singen

Drei jüdische Chöre orthodoxer Herkunft dürfen nicht an dem nationalen jüdischen Chorfestival teilnehmen. Der Amsterdamer Oberrabiner sprach dieses Psak (Verbot) aus, weil das Festival in den Räumen einer liberalen jüdischen Gemeinde stattfindet. (Niederländisch)

Gotteslästerung ist passé

Auf einem Symposium der christlichen Raboud Universität Nijmegen kamen die meisten Teilnehmer zu der Schlussfolgerung, das Verbot von Gotteslästerung abzuschaffen. Angst vor Strafe aus dem Himmel gehöre ins Mittelalter und das Verbot stamme aus vergangenen Zeiten. Der Staat sollte sich heute nicht um das Verhältnis des Menschen zu Gott, sondern mehr um das zwischen den Menschen kümmern. Gotteslästerung ist jedoch etwas anders als das Verletzen religiöser Gefühlen, obwohl letzteres mehr oder weniger gestattet ist. (Niederländisch)

 

Frankreich

Umfassende Dokumentation zum Islam im Internet

Unter der Adresse http://islam-documents.org findet sich ein Archiv von mehr als 10.000 Originaltexten zum Islam in französischer Sprache. Es umfasst Texte aus dem Anfang des Islams bis hin zu heutigen Interpretationen der Lehre. (Französisch)

Abgeschwächtem Laizitätsdekret durch Ministerrat zugestimmt

Bevor Nicolas Sarkozy das Innenministerium verlies, um sich dem Kampf um das Präsidentenamts zu widmen, unterzeichnete er nach Einverständnis des Ministerrates noch den Entwurf zur Gründung eines Observatoriums der Laizität (hpd berichtete). Besonders Jacques Chirac hat in letzter Zeit die Verteidigung der republikanischen Werte stark betont und will deshalb auch das Observatorium noch vor dem Ende der laufenden Legislatur installieren. Entgegen seinen ursprünglichen Intentionen wird das Observatorium jedoch über kein Initiativrecht verfügen, sondern nur eine beratende und informierende Rolle haben. Es wird weniger Macht besitzen als z.B. die „Hohe Autorität zur Bekämpfung der Diskriminierungen" (Halde). Es wird sich auf die Unterstützung der Regierung bei der Durchsetzung der Prinzipien der Laizität in den öffentlichen Diensten konzentrieren und wird dem Premierminister direkt unterstehen. Auch im Bereich der Wirtschaftsunternehmen darf es sich jetzt nicht mehr einmischen. Im 22-köpfigen Gremium werden auch religiöse Gemeinschaften vertreten sein. Zugleich mit diesen ersten Schritten wurde der Laizitätscodex fertig gestellt. Er fasst alle Prinzipien und Regulierungen im Bezug zu der Sicherung der Laizität in den öffentlichen Diensten zusammen und wird bald veröffentlicht. (Französisch)

Das Sexualverhalten der französischen Frauen ändert sich rapide

Drei wissenschaftliche Institute (Inserm, ENED und ANRS) haben mehr als 12.000 männliche und weibliche Franzosen zu ihrem Sexualverhalten befragt. Deutlich zeigt die Untersuchung eine rapide Änderung des Sexualverhaltens bei Frauen. In den letzten 50 Jahren ist das durchschnittliche Alter für den ersten Sexualkontakt bei ihnen von 20,6 auf 17,6 Jahre gesunken. Blieben früher 70 % bei ihrer ersten Liebe sind es heute nur noch 20 % und sie haben im bisherigen Leben durchschnittlich mit 4,4 Partnern Sexualkontakt gehabt (1970 nur mit 1,8 Partnern). Die homosexuellen Beziehungen haben zugenommen: 1992 nur 2,6 % und heute 4%. Auch die Praktiken ändern sich. Fellatio und Cunnilingus sind heute weit verbreitet, während Analverkehr noch immer nur für eine Minderheit in Frage kommt (1992 24 %, aber heute doch bereits 37 %). Geschlechtsspezifisch bleibt die Meinung über die Sexualität. Für die Frauen bleibt sie mehrheitlich an die wechselseitige Zuneigung und an die Ehe gebunden, während sie bei Männern eher eine Frage der natürlichen Bedürfnisse und der Lust ist. (Französisch)

Ségolène Royal verteidigt die Diversität als nationale Identität Frankreichs

In Antwort auf die Prinzipienerklärung von Nicolas Sarkozy betonte die PS Kandidatin für das Präsidentenamt, Ségolène Royal, ihre eigene Auffassungen zu der nationalen Identität: „ Die Nation unterscheidet nicht zwischen Weißen, Schwarzen oder Gelben, nicht zwischen Christen, Juden oder Muslimen.(...) Es gibt keine Stamm-, Blätter- oder Zweigfranzosen." Laut Royal wird die Geschichte Frankreichs durch eine beständige Diversität gebildet, die in der Zukunft noch zunehmen, aber immer ihrem Ursprung treu bleiben wird. (Französisch)

Stürmischer Zuwachs der Evangelikalen sorgt für Raumprobleme

Die 290 Plätze einer alten Lagerhalle in Ivry-sur-Seine reichen nicht mehr aus, um den Zustrom neuer Gläubige zu fassen. Sogar TV-Monitore müssen draußen aufgestellt werden. In 5 Jahren ist die evangelische Gemeinde von 20 Mitglieder auf 700 angewachsen. Vor allem afro-antillianische Menschen sorgen für den Zulauf. Die Gemeinde sucht jetzt verzweifelt nach neuen Gebäuden, stoßt aber wie überall für die evangelikalen Gemeinden auf Widerstand. In Ivry z.B. auf den kommunistischen Gemeinderat. Besonders das Vorverkaufsrecht wird durch die Kommunen angewandt, um die Ansiedlung der Evangelikalen zu verhindern. Die mögliche Mitgliedschaft in der protestantischen Föderation Frankreichs (FPF) ist zwar hilfreich, nützt aber letztendlich nicht viel, weil sie nach wie vor als Sekten betrachtet werden. Besonders die lauten Gospel-, Rn'B- oder Hip-Hop-Gesänge der Kirchenmitglieder erschrecken die Ratsherren. Angesichts der viel liberaleren Praxis gegenüber den Muslimen gibt es jetzt zunehmend Klagen auf der Basis des Antidiskriminierungsgesetzes. (Französisch)

Life-Parade statt Love-Parade

In Paris fand Mitte März die dritte Life-Parade statt. Sie ist eine Initiative der „kulturellen Vereinigung für die Förderung der Familie und der Würde der menschlichen Persönlichkeit". Diese Kopie der amerikanischen „Marche for Life" bringt 10 bis 15.000 junge Leute auf die Strasse, die mit Musik und Tanz gegen Schwangerschaftsunterbrechung, Homosexualität und für christliche Werte demonstrieren. Die Organisatoren bestreiten jegliche direkte Unterstützung der Kirchen und präsentieren sich als eine spontane Reaktion der Jugendlichen auf den "zunehmenden Sittenverfall". (Französisch)

Für wen stimmen die Katholiken?

Eine Enquete des Ifop weißt aus, dass die Katholiken während der Präsidentschaftswahlen zu 51 % rechts wählen und die praktizierenden Gläubigen dies zu 62 % tun werden. Für Extremrechts geben sogar noch 20 % der Katholiken ihre Stimme ab (Wähler insgesamt 14 %). Ségolène Royal kommt demgegenüber nur auf 22 % (bei den Kirchgängern auf 16 % und bei allen Wählern auf 27 %). Spektakulärer noch die Lage in der zweiten Wahlrunde. Hier werden 60 % der Katholiken generell und sogar 72 % der praktizierenden Katholiken für Sarkozy stimmen. Sarkozy gelangt so zu besseren Resultaten als sein Vorgänger Chirac. Auch der mehr christlich-demokratisch orientierte Kandidat Bayrou kommt nur auf 19 % der katholischen Stimmen. Insgesamt wird diese beachtliche Verschiebung der Wahlpräferenzen auf die zunehmende Macht der Integristen zurückgeführt. (Französisch)

Klage gegen die Bibel und den Koran

Die Zeitung Le Monde publiziert einen Leitfaden, wie man gegen die Bibel und den Koran wegen der Verbreitung von Gewalt, Unterdrückung der Frauen etc. Klage erheben kann vor den europäischen Gerichten. (Französisch)

Kolloquium gegen islamischen und katholischen Integralismus

Die Website Atheisme.org publiziert die Protokolle eines in Montreuil (Paris) stattgefundenen internationalen Kolloquiums der „Union der laizistischen Familien" und „Algérie Ensemble". Auf dem Kolloquium wurden die Gefahren des religiösen Integralismus für die Laizität und die Frauen diskutiert. Besonders die Stellungnahmen von algerischen und polnischen Opfern des islamischen und katholischen Fanatismus sind sehr beeindruckend. Auch die französische Linke wird wegen ihrem teilweisen Schweigen gegenüber diesen Problemen angegriffen. (Französisch)

 

Internationales

Keuschheitsfeste

USA - Besonders in Kreisen bewahrenden Christen der USA werden immer mehr so genannten „purity balls" (Keuschheitsfeste) gefeiert. Auf diesen Festen verpflichten sich junge Mädchen - meistens im Alter von neun Jahren - bis zur Ehe Jungfrau zu bleiben. Sie geloben das gegenüber ihren Vater und der verspricht dann, diese Keuschheit zu verteidigen. Während des Festes bekommen die Kinder Schmuck geschenkt, z.B. Keuschheitsringe oder -armbänder. In diesem Jahr erwartet man mehr als 2.500 solcher Feste. Kritiker betonen die Gefahr solche Praktiken, da die meisten Mädchen sich nicht an die Gelöbnisse halten, aber nicht sexuell aufgeklärt sind. (Niederländisch)

Die Kirche von Quebec streitet sich um den Religionsunterricht

Quebec - In Reaktion auf die Einrichtung eines obligatorischen Faches Ethik und Kultur in den Schulen von Quebec hat der Erzbischof von Quebec, Marc Ouellet, den obligatorischen Religionsunterricht gefordert. Dieser Forderung wurde aber durch die Versammlung der katholischen Bischöfe von Quebec (AECQ) widersprochen und betont, dass der Kampf um diese Forderung bereits 2005 verloren war. Die Veränderungen in der Lebenskultur der Menschen machen einen allgemeinen Religionsunterricht in der Schule unpraktikabel. Er soll stattdessen in der Gemeinde stattfinden. (Französisch)

Maya-Priester gegen Bush

Guatemala - Maya Priester haben eine heilige Stätte der Mayas rituell gesäubert, um die „bösen Geister" zu vertreiben, die dort durch den Besuch von Georg W. Busch hingelangt sind. Juan Tiney, Direktor der nationalen Vereinigung der Eingeborene und der Bauer, erklärte, dass „eine Person wie Bush, der unsere Brüder verfolgt, Kriege provoziert, unsere heilige Gründe betritt, ist eine Provokation des Volkes und der Kultur der Mayas".(Französisch)

Der Dollar ohne "In God we trust"

USA - Eine große Unruhe herrscht in der USA - Münze nachdem festgestellt wurde, dass ein Teil der neuen 1 Dollar Münzen ohne die obligatorische Losung "In God we trust" geprägt waren. Die atheistischen Münzen wurden in der Münzfiliale von Philadelphia geprägt. Wie viele es von den Münzen gibt wurde bis jetzt nicht bekannt gegeben. Im Internet holen die gottlosen Münzen bereits einen Preis von über 50 Dollar. (Französisch)

 

Rudy Mondelaers