Unterrichtsfach „Religionen der Welt" empfohlen.
Die Debatte um die landesweite Einführung eines Schulfachs zur Religion nimmt kein Ende.
Dabei reichen die Bestrebungen von einer dem Glauben verpflichteten Religionskunde, die die orthodoxe Kirche unter dem Etikett „Grundlagen der orthodoxen Kultur" vorantreibt - hpd berichtete mehrfach - bis hin zur Forderung akademischer Kreise, Kenntnisse über Religionen kulturologisch orientiert und neutral an den Schulen zu vermitteln.
Mitte April hat der Gesellschaftliche Rat beim Ministerium für Bildung und Wissenschaft Letzterem empfohlen, sich als Behörde auf die Vermittlung eines einheitlichen Faches „Religionen der Welt" zu beschränken. Dieses könnte anhand eines von der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAW) verfassten Lehrbuchs unterrichtet werden. „Wenn man berücksichtigt, dass wir in einem multikonfessionellen Staat leben, ist anzustreben, dass der Unterricht nicht zur Entzweiung der Schüler in der Schule führt, weil ihre Eltern sich zu unterschiedlichen Konfessionen bekennen oder als Atheisten gar keiner Glaubensrichtung angehören", erklärte der Vorsitzende des Rates, RAW-Mitglied Alexander Tschubarjan.
Alexander Adamski, ein weiteres Mitglied des Gesellschaftlichen Rates und Rektor des für Bildungspolitik zuständigen „Heureka"-Instituts, wies darauf hin, dass das zuständige Bildungsministerium in Vorbereitung auf die im August anstehende Jahresversammlung des Rates eine Vereinbarung von religiösen und interreligiösen Organisationen zu einem Unterrichtsfach „Religionen der Welt" ausarbeiten soll. „Hier müssen partielle Themen einzelner Konfessionen ausgeschlossen werden. Die Vermittlung von Grundlagen der orthodoxen oder islamischen Kultur kann nur fakultativ erfolgen - auf freiwilliger Basis, oder außerhalb einer weltlichen Schulinstanz, zum Beispiel in den Sonntagsschulen", meinte Adamski. Nach seiner Ansicht sollte die Frage eines neuen kulturologischen Schulfaches zur Thematik Religion bereits zu Beginn des kommenden Schuljahres gelöst sein. Originalartikel (Russisch)
Unterrichtsfach „Religionen der Welt" in Moskau beschlossen
Die Vorsitzende der Abteilung für Bildungsfragen bei der Moskauer Stadtverwaltung Ljubow Kesina hat am 24. April angekündigt, dass mit dem kommenden Schuljahr ab September in den Schulen Moskaus das Unterrichtsfach „Religionen der Welt" eingeführt werde. Man plane eine fakultative Unterrichtsstunde pro Woche für Schüler der 10. und 11. Klassen (der Abiturstufe in Russland). Weiterhin informierte Kesina darüber, dass es für das neue Fach bereits ein Lehrbuch von einem akademischen Autorenteam gebe, das auch unter Berücksichtigung der Hinweise von Vertretern unterschiedlicher Konfessionen verfasst worden sei. Mehr im Originalartikel (Russisch)
Evolution des Menschen praktisch abgeschlossen
Der Mensch als biologische Gattung hat seine Evolution praktisch abgeschlossen, da in der menschlichen Gesellschaft die Auslese als grundlegender Faktor für die Herausbildung neuer Formen sowie für den Ausstoß schädlicher Mutationen ihre Rolle verloren habe. Auf diese im 20. Jahrhundert gezogene grundlegende Schlussfolgerung der Evolutionswissenschaften verwies Sergej Inge-Wetschtomow, Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften und Inhaber des Lehrstuhls für Genetik und Selektion an der Universität St. Petersburg, am 28. April in einem Interview für die Nachrichtenagentur ITAR-TASS. Der Akademiker ergänzte wörtlich, dass „die Evolution des Menschen sich auf sozialem Gebiet vollzieht. Die entscheidende Rolle spielt hierbei der Mechanismus der so genannten ‚Signalvererbung', d. h. einer nichtgenetischen Erbfolge oder einfach - Kultur." Grundlage für die Signalvererbung sei die Vermittlung und Weitergabe von Erfahrung an die folgenden Generationen. Originalartikel (Russisch)
Vom Glück des Lebens
In einer Umfrage fanden Soziologen heraus, was sich die Russen zum vollendeten Lebensglück wünschen: In erster Linie gehöre hierzu ein eigenes Haus, äußerten sich 69 % der Befragten. Für 65 % zähle eine glückliche Ehe dazu, 57 % wünschten sich eine gutdotierte Anstellung. Weitere wesentliche Aspekte für ein glückliches Leben seien ein Auto (34 %), eine interessante Arbeit (30 %), viel Geld (29 %) sowie zwei Kinder und eine Hochschulausbildung für den Nachwuchs (jeweils 27 %).
Die Soziologen stellten fest, dass im Vergleich zu 1991 der Wunsch nach Kindern in der Familie gestiegen sei. Als weniger wichtig erachten die Russen mittlerweile solche Wohlstandsparameter wie eine interessante Arbeit, viel Geld, ein Wochenendhaus und einen eigenen Garten, Auslandsreisen, modische Kleidung und einen Farbfernseher. Mehr im Originalartikel (Russisch)
Zwei Drittel der Russen für ewigen Präsidenten Putin
Zwei Drittel der russischen Einwohner würden einer dritten Amtszeit des Präsidenten zustimmen - und zwar nicht nur des jetzigen Staatschefs Wladimir Putin, sondern auch eines jeden anderen Staatsoberhaupts. Das geht aus den am 17. April veröffentlichten Ergebnissen einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts WZIOM hervor.
Am 7. und 8. April wurden 1600 Einwohner von 153 Orten in 46 Regionen befragt. 65 % bewerteten den Vorschlag von Sergej Mironow, Vorsitzender des Föderationsrates und Chef der Partei „Gerechtes Russland", die Amtszeit des Präsidenten Russlands auf fünf bis sieben Jahre zu verlängern, positiv (nur 24 % sind dagegen). 69 % der Befragten würden eine Änderung der Verfassung begrüßen, die dem heutigen Präsidenten die Möglichkeit für eine dritte Amtszeit hintereinander eröffnen würde.
Sollten die Wünsche der Bevölkerungsmehrheit realisiert werden, würde der Staatschef also bis zu 21 Jahre - dreimal sieben Jahre lang - herrschen können. Im Falle einer entsprechenden Verfassungsänderung würde die erste siebenjährige Amtszeit von Präsident Wladimir Putin 2008 beginnen. Das würde bedeuten, dass er 29 Jahre lang an der Macht bleiben kann. In der Sowjetgeschichte war nur Josef Stalin mit 31 Jahren länger an der Macht gewesen. Nicht viele russische Monarchen können eine derart lange Herrschaft aufweisen.
Die Dauer der Vollmachten der Sowjetführer und der russischen Zaren war durch keine gesetzlichen Rahmen begrenzt. Von der Macht konnten sie lediglich durch den Tod, einen Putsch oder eine Revolution getrennt werden. Originalartikel (Deutsch)
Jugendliche Extremisten unter Terrorismusverdacht
In Sankt Petersburg hat die Polizei im März einen Sprengstoffanschlag im „Haus des Kinos" vereitelt. Wie der Chef der Petersburger Polizei Wladislaw Piotrowski am 25. April vor den Abgeordneten der gesetzgebenden Stadtversammlung erklärte, war der Anschlag während des in dem genannten öffentlichen Gebäude durchgeführten Filmfestivals gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit „Öffne die Augen!" geplant.
Laut Piotrowski seien in jüngster Zeit 20 Personen aus Kreisen informeller Jugendgruppen mit extremistischer Ausrichtung verhaftet worden. Sie stünden unter dem Verdacht, einen Anschlag auf ein McDonald's-Restaurant, eine Sprengung der Metrostation „Wladimirskaja" und einen Mordanschlag auf einen Antifa-Aktivisten geplant zu haben. Die Sicherheitsorgane gehen davon aus, dass die geplante Explosion im „Haus des Kinos" auch auf das Konto dieser Extremisten gehe. Originalartikel (Russisch)
Duma nimmt verschärftes Extremismus-Gesetz an
Das russische Parlament hat ein Gesetz angenommen, nach dem Vergehen mit extremistischen Motiven als Schwerverbrechen eingestuft und mit bis zu zwölf Jahren Gefängnis bestraft werden können. Entsprechend dem neuen Gesetz kann die Teilnahme an Massenunruhen mit zwölf Jahren und Rowdytum mit extremistischem Hintergrund mit acht Jahren Haft bestraft werden. Die russische Opposition betrachtet diese Verschärfung als Versuch des Kremls, gegen regierungskritische Demonstrationen vorzugehen.
Nach den Kundgebungen am 14. und 15. April in Moskau und St. Petersburg („Märsche der Unzufriedenen"), die von der Staatsmacht mit massiver Gewalt aufgelöst worden waren - hpd berichtete -, beschuldigen die Behörden beispielsweise den früheren Schachweltmeister Garri Kasparow als Mitorganisator der Demonstrationen, er habe zu extremistischen Handlungen aufgerufen.
Vertreter der Kreml-Partei „Einiges Russland" behaupten hingegen, das neue Gesetz richte sich gegen Nationalismus und Faschismus und sei eine wichtige Handhabe im Kampf gegen die Fremdenfeindlichkeit in Russland. Originalartikel (Deutsch)
Kampf gegen Mythen über Juden, Muslime und Schwule
In Petrosawodsk, Hauptstadt der Republik Karelien, hat der Regionalverband der gesellschaftlichen Organisation „Molodjoschnaja prawosaschtschitnaja gruppa", („Jugendliche für die Verteidigung der Menschenrechte") ein Projekt „Alle sind verschieden - alle sind gleich" gegen Antisemitismus, Islamophobie und Homophobie initiiert.
Im Rahmen des Projekts werden Schüler der oberen Klassen von einem Konfliktpsychologen im gegenseitigen besseren Verständnis geschult, werden Filme über die Gedenkstätte Yad Vashem und Israel gezeigt, wird eine CD über den arabisch-israelischen Konflikt verteilt und hält ein Moskauer Wissenschaftler Vorlesungen zur Geschichte des Antisemitismus in verschiedenen Ländern.
In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule der Stadt erscheint die Broschüre „Islam und Toleranz" und es wird eine CD mit einer Rede des Muftis von Karelien Wisam Ali Bardwil über islamische Doktrin und Toleranz in den Schulen der Stadt verteilt. Auf der Internetpräsenz sollen Beiträge zur homosexuellen Identität und Kultur veröffentlicht werden.
Maxim Jefimow, Vorsitzender der karelischen Menschrechtsjugend, erklärte zum Anlass des Projekts: „Antisemitismus, Islamophobie und Homophobie können nur in einer Gesellschaft existieren, die sich in einer Krise befindet. Häufig wird die Schuld für eine Unzulänglichkeit nicht mit den wahren Schuldigen in Verbindung gebracht, sondern bei einer Minderheit gesucht, die sich wegen ihres Aussehens, ihrer Sprache oder ihrer Überzeugungen von der gesellschaftlichen Mehrheit unterscheidet. Der ‚Schwache' wird so zum Sündenbock gemacht."
Daher sei es das Anliegen der Aktivisten, die Menschen für gemeinschaftliche, integrierende Interessen zu solidarisieren und die Bevölkerung für den Aufbau einer neuen Gesellschaft nach dem Vorbild der westlichen Demokratien zu gewinnen. Da eine Menge subjektiver Empfindungen diesen Weg behindere, habe man als eine von mehreren Richtungen der Menschenrechtsarbeit den Kampf gegen Vorurteile, Stereotype und Mythen über Juden, Muslime und Homosexuelle gewählt.
Auf die aktuelle russische Scheindebatte zur Schuld Schwuler und Lesben am demographischen Rückgang des Volkes angesprochen, sagte Jefimow: „Jede beliebige Angst und Diskriminierung sind gefährliche Symptome für Störungen und für zu befürchtende Erschütterungen einer Gesellschaft. Die Einstellung gegenüber sexuellen Minderheiten ist der Indikator für den Reifegrad einer Gesellschaft, ihrer Festigkeit und ihrer stabilen Entwicklung. Homophobie ist heutzutage einer der ernsthaftesten Faktoren für Hass und sogar für die nationale Selbstidentifizierung. So werden demographische Probleme Homosexuellen angelastet. Schaut man sich jedoch die überfüllten Polikliniken an, so sieht man die tatsächliche ‚Sorge' des Staates, für den die Steigerung der Bevölkerungszahl nur ein PR-Gag ist, um das aussterbende und sich selbst zerstörende russische Volk zu beruhigen. Die homophobe Hysterie dient dazu, die Verantwortung für eine erfolglose Wirtschafts- und Sozialpolitik auf Menschen mit einer anderen sexuellen Identität abzuwälzen. Und das, obwohl ein Teil dieser Minderheit bereit ist, Kinder zu adoptieren bzw. eigene Kinder ohnehin großzieht." Das Problem der Homophobie sei eigentlich ein gesamtgesellschaftliches Problem und Folge der innenpolitischen Staatskrise, so Jefimow weiter. Mehr im Originalartikel (Russisch)
Russland - Estland: Toter bei Ausschreitung um Denkmal
Der Streit um die Demontage des Denkmals des Sowjetsoldaten im Zentrum der estnischen Hauptstadt - hpd berichtete - ist in der vergangenen Woche endgültig eskaliert. Nachdem die estnischen Behörden am Donnerstag, den 26. April, die Abbrucharbeiten vorbereitet hatten, kam es in der Nacht zum Freitag, bei Beginn der Arbeiten, zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Zumeist jugendliche, russischstämmige Bürger des Baltenstaats prügelten sich mit der estnischen Polizei.
Die Jugendlichen seien durch das Zentrum Tallins gezogen, hätten Schaufenster eingeschlagen, Geschäfte in Brand gesetzt, Mülltonnen und Briefkästen umgestürzt, berichten russische Medien. Bei Handgreiflichkeiten wurde ein Jugendlicher erstochen. Der 19-Jährige verstarb noch in der Nacht im Krankenhaus. Insgesamt wurden bei den Krawallen 44 Menschen verletzt, darunter auch dreizehn Polizisten. Bis zum Morgen sollen rund dreihundert Personen vorübergehend festgenommen worden sein.
Derartige Ausschreitungen habe es in Tallinn noch nie gegeben, erklärte ein Sprecher der estnischen Polizei gegenüber den Medien. Angeblich seien die Randalierer betrunken gewesen. Die Ausschreitungen hätten nichts mehr mit dem Streit um das Denkmal zu tun gehabt.
Das offizielle Russland sieht das anders. Bereits am Donnerstag hatte sich der russische Außenminister Sergej Lawrow über die geplanten Abbrucharbeiten entrüstet. Die Demontage des Soldaten-Denkmals „muss sich auch auf unsere Beziehungen zur NATO und zur Europäischen Union auswirken, Organisationen, die ein Land aufgenommen haben, das Werte sträflich missachtet, auf denen etwa die EU gründet, ja die europäische Kultur und Demokratie insgesamt", verkündete er.
Der Streit um das Denkmal für die gefallenen Sowjetsoldaten kochte bereits mehrere Monate - bisher allerdings auf kleiner Flamme und von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Der Konflikt war vor allem über russische und estnische Medien ausgetragen worden. Ob es tatsächlich zur Überführung des Denkmals und der auf dem Gelände beerdigten Sowjetsoldaten kommen würde, war bis zum Schluss nicht klar. Nach jüngsten Meldungen will die estnische Regierung das Denkmal des „Bronzenen Soldaten" auf einem Friedhof am Stadtrand wieder errichten. Russische Abgeordnete reisen nach Tallinn und fordern den Aufbau am alten Platz. Mehr in den Originalartikeln (Deutsch) und (Deutsch)
Reaktionen Europas zu Unruhen in Tallinn
In einem Telefongespräch mit dem estnischen Präsidenten Toomas Hendrik Ilves versicherte EU-Außenkomissar Javier Solana am Sonnabend, dem 28. April, der estnischen Regierung seine Unterstützung.
Der Vorsitzende der parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE), Rene van der Linden, fordert hingegen von der estnischen Regierung „sofortige Schritte zur Versöhnung statt zur weiteren Spaltung". Der Abriss des Denkmals vertiefe den „Abgrund" zwischen der estnischen und russischen Bevölkerung in Tallinn, erklärte van der Linden. Das Denkmal symbolisiere eine sehr schwierige Epoche in den estnisch-russischen Beziehungen. Aus diesem Grunde hätte man es besser nicht antasten sollen.
Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder kritisierte das Vorgehen der estnischen Behörden. Es widerspreche allen zivilisierten Ansätzen. So dürfe man mit dem Andenken an die jungen russischen Soldaten nicht umgehen, die ihr Leben im Kampf gegen den Faschismus verloren. Nicht umsonst habe sich Deutschland verpflichtet, Denkmäler und Soldatenfriedhöfe zu pflegen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte in ihrer Eigenschaft als EU-Ratspräsidentin zur Besonnenheit in Tallinn. In Telefonaten mit dem estnischen Regierungschef Andrus Ansip und mit Wladimir Putin rief Merkel dazu auf, eine Eskalation zu vermeiden.
Ein Ende der Unruhen in Tallinn ist derweil nicht abzusehen. Die starke russische Minderheit in Tallinn empfand schon den Abriss des sowjetischen Kriegerdenkmals als Schande. Wenn die estnische Regierung jetzt auch noch wie geplant die Verlegung der Soldatengräber beginnen sollte, dürfte dies vor dem emotional hoch besetzten 9. Mai, dem russischen Tag des Sieges über Hitlerdeutschland, sicher wieder als Provokation aufgefasst werden. Mehr in den Originalartikeln (Deutsch) und (Deutsch)
Polen will ebenfalls Sowjetdenkmäler abreißen
Neben dem Denkmalstreit mit Estland droht Moskau ein neuer Konflikt. Der polnische Kulturminister Kazimierz Ujazdowski erklärte, dass „alle Symbole der kommunistischen Diktatur" in Polen verschwinden werden. Ein entsprechendes Gesetzesprojekt wird vorbereitet. Dieses soll den lokalen Behörden die Möglichkeit geben, „effektiv Denkmäler und Symbole ausländischer Herrschaft über Polen zu beseitigen", berichtet die Nachrichtenagentur RIA Novosti.
Der polnische Kulturminister versicherte zwar in einem Fernsehinterview, dass die Initiative nicht gegen Russland und die Rote Armee gerichtet sei, dennoch müssten die kommunistischen Denkmäler verschwinden, „da sie der polnischen Tradition fremd sind". Unterstützung erhielt der Minister (und auch die estnische Regierung) vom so genannten „Katyn-Komitee". Es sei eine Schande, dass nach wie vor Millionen Zloty für den Erhalt der 2000 Sowjetdenkmäler vom polnischen Steuerzahler aufgebracht werden müssten, heißt es in einem Schreiben der Organisation. Die Denkmäler werden als Symbole der Okkupation bewertet.
Offiziell gibt es noch keine Reaktion aus Moskau. RIA Novosti erinnert allerdings daran, dass bei der Befreiung Polens über 600.000 Sowjetsoldaten den Tod fanden. Mehr im Originalartikel (Deutsch)
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Thema:
Sterbehilfe
Auch in Russland hat eine gesellschaftliche Debatte zum Für und Wider von unterschiedlichen Formen der Sterbehilfe bei unheilbar erkrankten Menschen eingesetzt. Den aktuellen Stand der Diskussion (dortzulande unter dem Begriff „Euthanasie" geführt) illustrieren die folgenden Beiträge:
Moskauer Hospiz gegen Sterbehilfe, Liga für Patientenschutz dafür
Die Verantwortlichen des ersten Städtischen Hospizes in Moskau sind gegen die Legalisierung von Sterbehilfe. Ein Hospiz-Vertreter erklärte am 17. April: „Wir lehnen diese Idee kategorisch ab." Seiner Auffassung nach sollte dieses Thema erst dann auf staatlicher Ebene diskutiert werden, wenn die Gesellschaft und die Vertreter des Staates hundertprozentig davon überzeugt sein können, dass sie alles Menschenmögliche zur Linderung der Leiden bei den Betroffenen getan haben.
Alexander Sawerski, Präsident der Liga für Patientenschutz, hingegen befürwortet, Sterbehilfe in Russland zu ermöglichen - vorausgesetzt, es sei die Transparenz des Prozedere gewährleistet. In einem Interview am 17. April äußerte Sawerski: „Wahrscheinlich spielt hier der ethische Aspekt die entscheidende Rolle: Wollen wir uns darüber verständigen, wie ein Mensch zu leiden hat, oder wollen wir ihm letztlich doch das Recht auf freie Wahl gewähren? Meiner Ansicht nach ist es ethischer, der Wahrheit ins Auge zu sehen." Und weiter sagte er: „Im Leben gibt es Situationen, in denen man sich einer Entscheidung stellen muss und nicht den Kopf in den Sand stecken darf. Hierzu gehört auch die Frage der Sterbehilfe." In einer solchen Situation müssten alle Faktoren berücksichtigt werden, darunter auch religiöse. Die endgültige Entscheidung sollte jedoch der Betroffene selbst treffen. Mehr im Originalartikel (Russisch)
Föderationsrat befasst sich mit Sterbehilfe
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur „Echo Moskau" erklärte Valentina Petrenko, die Vorsitzende des Komitees für Sozialpolitik im Föderationsrat, dem Oberhaus des russischen Parlaments, dass man die Frage der Sterbehilfe gegenwärtig mit Medizinern diskutiere, um herauszufinden, inwieweit dieses Problem für Russland aktuell sei. Von der Ausarbeitung eines eigenen Gesetzes hierzu - wie von den Medien kolportiert - könne man jedoch nicht sprechen. Gleichzeitig betonte Petrenko, dass es notwendig sei, ein staatliches Hilfesystem für Schwersterkrankte einzurichten. Es ginge nicht um den Tod, sondern darum, alles Erdenkliche zu tun, um das Leben der Menschen zu erhalten.
Petrenko teilte ferner mit, dass man in Abhängigkeit von den Ergebnissen des eingesetzten Expertenrates auch einen „Runden Tisch" zur Sterbehilfe oder parlamentarische Anhörungen von Experten, darunter vom Gesundheitsministerium, plane. Dann könnten ggf. bereits vorhandene Gesetze modifiziert oder ein neues System der sozialen Hilfe für die betroffenen Patienten eingerichtet werden. Laut Petrenko erhalte das Komitee für Sozialpolitik zahlreiche Briefe mit der Bitte von kranken Menschen, die Sterbehilfe in Russland zu legalisieren.
In der Staatsduma, dem russischen Parlament, besteht hingegen die vorherrschende Meinung, dass die russische Gesellschaft für eine Legalisierung der Sterbehilfe noch nicht so weit sei. Der Stellvertreter des Duma-Komitees für Gesundheitsschutz Nikolai Gersimenko ist beispielsweise der Auffassung, dass solch ein Schritt das Ansteigen der Verbrechensrate provozieren könnte. Der populistisch-nationalistische Führer der Liberal-Demokratischen Partei Russlands Wladimir Schirinowski befürchtet, dass es zu viele Menschen geben könnte, die freiwillig aus dem Leben scheiden wollten: „Wir würden dann nicht genug Leichenhallen zur Verfügung haben und es müssten Mittel zu deren Bau umgeschichtet werden." Mehr im Originalartikel (Russisch)
Onischtschenko: Medienschelte zur Diskussion um Sterbehilfe
Der Oberste Sanitätsarzt des Landes Gennadi Onischtschenko verurteilte die Versuche russischer Medien, das Thema Sterbehilfe auf Russland bezogen zu diskutieren. Fernsehsendungen, in denen dazu aufgefordert werde, Ärzten die Kunst des Tötens beizubringen, kämen einer satanischen Lästerung und einer Verspottung des Arztberufes gleich: „Den Autoren dieser barbarischen ‚Initiativen' möchte ich sagen, dass jemand, der den Arztberuf gewählt hat und in diesem aufgeht, sich das Ziel setzt, das Leben und die Gesundheit eines Menschen zu erhalten, also alles zu tun, damit ein Mensch nicht erkrankt. Und wenn ein Mensch krank wird, ihn zu heilen, und wenn er unheilbar krank ist, sein Leid so lange zu lindern, wie der Schöpfer ihn auf dieser Erde leben lässt."
Ferner erklärte Onischtschenko: „Wenn jemand dieses Thema aufgreift oder sogar vom Verfassen irgendwelcher ‚Gesetze' berichtet, die erlauben, den Arzt zum Mörder zu machen, so hat derjenige das Wesen der ärztlichen Berufung nicht verstanden. Arzt ist kein Beruf, sondern ein Zustand der Seele." Und weiter: „Wer dies nicht versteht, beleidigt eine Armee von fast einer Million russischer Ärzte."
Nach den Worten Onischtschenkos hat ein Land, dass sich ein Moratorium zur Todesstrafe auferlegt hat, „kein Recht auch nur daran zu denken, den Arzt zum vorzeitigen Auslöschen des Lebens eines Kranken zu verpflichten." Ein Arzt sei kein Henker und diese unmoralische „Diskussion" solle beendet werden. Originalartikel (Russisch)
Russisch-orthodoxe Kirche warnt vor einem voreiligen Sterbehilfe-Gesetz
Die orthodoxe Kirche hat vor einem voreiligen Gesetz zur Sterbehilfe gewarnt, obwohl die Politik selbst davon sprach, dass von einem Gesetzesvorhaben derzeit keine Rede sein könne. Die Kirche äußerte sich aber im Unterschied zu einigen Ärzte-Funktionären moderater und fordert eine breite gesellschaftliche Diskussion zum Thema: „Es wäre wichtig, dass diesem Gesetzesvorhaben, sofern es tatsächlich existiert, eine breitestmögliche gesellschaftliche Diskussion vorangehen würde. Schließlich geht es hierbei um das Leben und den Tod zahlreicher Menschen", erklärte am 17. April Wsewolod Tschaplin, Stellvertreter der Abteilung für Außenbeziehungen beim Moskauer Patriarchat.
Daher dürfe es nicht sein, dass nur Ärzte, Juristen und Berufsverbände über das Schicksal eines solchen Gesetzes entscheiden: „Man muss das Volk, die religiösen Gemeinden und gesellschaftliche Organisationen fragen, was sie über die Sterbehilfe denken." Nach den Worten des Geistlichen gebe es Situationen, in denen es keinen Sinn habe, das Leben eines Körpers künstlich aufrechtzuerhalten, „in welchem viele Jahre lang keine Anzeichen von Bewusstsein existieren und von dem sich möglicherweise die Seele schon getrennt habe." Gleichfalls wies Tschaplin darauf hin, dass es aus christlicher Sicht absolut unmoralisch sei, jemandem zum Selbstmord zu verhelfen.
Tibor Vogelsang