Bloß keine private Religion!

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck findet den Gedanken unerträglich, dass Religion Privatsache sein könnte. Denn schließlich sei "das Evangelium von der Auferstehung und der Gotteskindschaft jedes Menschen" für alle gültig, "egal ob Christ, Moslem oder Agnostiker."

Ihm kommt der Gedanke nicht, dass die Genannten möglicherweise nur wenig Interesse daran haben, von diesem Evangelium gemeint zu werden. Und einige von denen dürften sich auch vehement dagegen wehren, vom Christentum vereinnahmt zu werden. 

Die Arroganz des Kirchenfürsten kommt auch darin zum Ausdruck, dass er nicht darüber nachdenken möchte, ob und was sich seit der Hoch-Zeit des Christentums in Europa (glücklicherweise) verändert hat. Sondern er redet von der "Kulturleistung des Christentums für die Selbstvergewisserung und das Selbstverständnis der modernen Gesellschaft" - die alles, was sie heute auszeichnet, gegen den Widerstand der Kirchen erkämpft hat.

Die Krönung seiner Ausführungen dürfte aber dieser Satz sein: "Deshalb müsse gesichert bleiben, dass auch künftig religiöse Sinnzusammenhänge und Traditionsbestände in den Medien ausreichend Platz haben, um individuelle Glaubensentscheidungen zu ermöglichen." Denn ganz sicher hat Herr Overbeck dabei nicht im Sinn, das "Wort zum Sonntag" an jedem dritten Wochenende den Muslimen und an jedem Vierten den Konfessionsfreien abzutreten.