Jesus fährt mit dem Zug Nummer 7

Mickey Z. über dem Kampf zwischen Jesus und Godzilla...

 

Ich fahre während

der Hauptverkehrszeit mit dem Zug Nummer 7 von Queens nach Manhatten, als plötzlich: Ich spüre eine Erschütterung der Macht. Meine Augen schnellen nach links. Nicht mehr als 15 Fuß von mir entfernt sitzt eine Dame, die sich im Besitz jener beliebten Oase unangebrachten Vertrauens befindet: Einer Bibel.

Vor einigen Jahren fand eine Vergleichsstudie über religiöse Vorlieben heraus, dass beinahe 75% der Amerikaner an religiöse „Wunder“ und an den „Teufel“ glauben; nur 9% der Amerikaner akzeptierten die Darwinistische Evolution, während etwa die Hälfte der Bevölkerung an eine gottgelenkte Evolution glaubte; 40% meinten, die Erde sei vor 6000 Jahren erschaffen worden.

Nirgendwo sonst in der industrialisierten Welt wird man mit voraufgeklärten Zuständen solchen Ausmaßes konfrontiert wie hier. Die Entwicklung höchst irrationaler und selbstzerstörerischer Haltungen ist eine der Konsequenzen aus der zunehmenden Entfremdung und Vereinsamung der Menschen, mit denen ich mich gerade in der Nummer 7 suhle. Wir haben es schon beinahe aufgegeben, von unseren Führern Ergebnisse zu verlangen, weil wir indoktriniert wurden, das Regieren den Leuten zu überlassen, von denen man uns sagt, dass sie das Kind auch wirklich schaukeln können. Stattdessen nehmen wir Pressemitteilungen des Außenministeriums und Leitartikel der New York Times für bare Münze und enden damit, unsere Hilfeschreie an den Himmel zu richten, statt an die Leute, die wir ins Amt wählten.

Aber das ist doch die vorletzte Funktion der Religion, nicht wahr? Sie stattet uns mit einem in Stein gemeißelten Gesetzespaket aus, das uns von dem Elend bewahrt, unseren eigenen Verstand gebrauchen zu müssen. Stattdessen richten wir unseren Blick auf medienerzeugte Stars wie den Papst oder den Dalai Lama, um unsere Selbstzweifel zu bestätigen.

Die Anhänger jeder Religion werden beruhigt, indem man ihnen Wege zeigt, wie sie das Nicht-Tolerierbare tolerieren können, nicht etwa, indem man sie aus ihrem Elend rettet. Die organisierte Religion – gefüllt mit allen unseren Zweifeln, Ängsten und unterdrückten Begierden – gibt ihrem ewig währenden Leiden einen gewissen Sinn. So, im Namen des ewig währenden Leides, hier einige bohrende Fragen für den nächsten Bibelfanatiker, dem Sie begegnen:

  • Wenn Ihr Gott allwissend ist, warum müssen Sie dann beten, um ihn wissen zu lassen, was Sie möchten?
  • Insofern: Wenn er ohnehin schon weiß, was passieren wird, wofür ist Beten dann überhaupt gut?
  • Wenn es Leben auf anderen Planeten gibt und Gott seinen Sohn auf die Erde schickte, um sie zu erlösen, hat er diesen Sohn dann auch auf andere Planeten geschickt oder hat er noch ein paar Kinder in Reserve?

  • Nebenbei: Warum hat er sich überhaupt Nazareth ausgesucht? Ich meine, das war nicht gerade der Times Square. Diese Wahl machte die Verbreitung des Christentums zu einem eher mühseligen Unterfangen, finden Sie nicht? Und warum wartete er so lange? Hatte Ihr Gott kein Interesse an den Generationen vor Jesus?

  • Und als Jesus angeblich aus seinem Grab stieg, machte er es noch immer nicht überall bekannt. Hey, wenn Ihr Gott so allmächtig ist, warum hat er sich dann überhaupt so einen behämmerten Plan ausgedacht?

  • Zum Abschluss ein Favorit: Wer würde den Kampf gewinnen, Jesus Christus oder Godzilla?

Ich glaube ja, dass die gigantische Echse JC mit seinem radioaktiven Atem wegblasen würde, ohne zu ahnen, dass er nach drei Tagen wieder auferstünde. Dieses Schema würde sich ein paar Mal wiederholen, bis JC zum Himmel schaut und den Pazifik in Wein verwandelt. Godzilla würde sich einen oder zwei Schluck genehmigen, bis er seinen Gegner auf dem Wasser herumlatschen sieht, um dann im Reptilienflügel der Betty-Ford-Klinik einzuchecken.

TKO: Jesus.

 

 

Übersetzung: Andreas Müller
Quelle: Mickey Z.: The Smirking Chimp. 1. November 2007.

 

Der Autor "Mickey Z.", hier sein Blog, ist ein amerikanischer Schriftsteller und Anarchist. Von ihm stammen Bücher wie "50 American Revolutions You're Not Supposed to Know" ("50 amerikanische Revolutionen, die Sie nicht kennen sollen") und "The Seven Deadly Spins" ("Die sieben tödlichen Verdrehungen").

 

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