Was macht eigentlich… die Buskampagne

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Plakat der Buskampagne (Vorderseite)

BERLIN / DÜSSELDORF. (hpd) Die Monate sind ins Land gegangen und just zu dem Zeitpunkt, als die Frage auftauchte, ob das abschließende Video zur Buskampagne in diesem Jahr fertig wird, meldet sich Ricarda Hinz mit einer Mail, einem Link und der Mitteilung: „Fertig!“

 

hpd sprach mit der Videoteuse, wie sie sich selber nennt. Von den ‚sieben Gottlosen‘, die 2009 die Buskampagne organisiert haben, hatte Carsten Frerk den Spaß, mit Ricarda Hinz sprechen zu können.

Hpd: Hallo Ricarda! Gestern kam die Meldung, das Video ist fertig. Wir haben alle drauf geschaut und uns sehr gefreut.

Ricarda Hinz: Schön.
 

Beim Abspann war ich allerdings sehr verwundert, denn da schreibst du schlicht, Schnitt von Ricarda Hinz. Das fand ich nun sehr tief gestapelt, denn eigentlich müsste dort doch stehen: „Durch Berge verschiedenstes Material durchgesichtet, Konzeption erarbeitet, Komposition entwickelt und Schnitt von Ricarda Hinz“…

… sich geärgert, zehn Bleistifte abgeknabbert, … (Lachen) … die Sachen hingeschmissen, mit in den Urlaub genommen, in der Sonne auf dem Campingplatz noch einmal alles in Ruhe zu Gemüte geführt, immer wieder Abstand genommen und gewonnen. Das hat zwar sehr viel Zeit gekostet, weil man sich dann immer wieder neu hineindenken muss, aber letztendlich sollte ja eine Art Konzentrat entstehen aus der Vorgeschichte, den drei Wochen Fahrt des Doppeldeckers, alles musste in etwa eine halbe Stunde gefasst werden. Das Wichtigste der Buskampagne wollte erzählt sein.
 

Was jetzt durch deine Arbeit entstanden ist, ist ein Zusammenschnitt, ein Resümee. Und wenn ich in zwanzig Jahren mit meinen Urenkeln irgendwo sitze, kann ich denen das zeigen und wir haben dann unseren Spaß daran. (Lachen)

Der Film macht deutlich – und das war mir selber vorher nicht so klar – worum es im Kern der Sache geht: Die Religionen haben mit „Gott“ eine riesige imaginäre Autorität in der Gesellschaft installiert und die hat die Buskampagne in Frage gestellt. Die Menschen sind geimpft mit Religion und denken, ohne Gott bräche alles zusammen. Wir Freigeister sind aber genau der entgegengesetzten Meinung, dass nur ohne die latente Entmündigung durch unhinterfragbare und unkritisierbare Autoritäten selbstbestimmte und mündige Menschen ihre höchsteigene Verantwortung wahrnehmen können.
 

Eigentlich hat die Buskampagne das Ziel gehabt, die Nicht-Religiösen zu bestärken: Zeigt euch, so wie wir uns zeigen! Und als Folge sind ja in verschiedenen Städten Gruppen entstanden, die gesagt haben: Das ist richtig! Jetzt wollen wir uns zeigen.

Es wurde ganz dankbar aufgenommen, von allen Freigeistern und religionsfreien Menschen, die sonst eher vereinzelt gelebt haben und sich nur einzeln über die Zumutungen der religiösen Zugriffe auf die Menschen geärgert haben, sich dem einzeln widersetzt haben, denn die Freigeister neigen ja nun einmal nicht dazu, sich zu organisieren,…

...Leider nicht…

… aber die Buskampagne hat es geschafft, dass sich allerorten Gruppen von Freigeistern entlang der Busroute gebildet haben. Die haben nun Geschmack an der Sache gefunden und haben nun keine Lust mehr, wieder auseinander zu gehen.
 

Ursprünglich, als klar war, wir können die Werbung an den Bussen des öffentlichen Nahverkehrs als Buskampagne nicht platzieren, wir müssen selber auf die Straße gehen, war die Absicht, einen normalen einstöckigen Linienbus zu mieten. Es war dann ja ein Zufall, dass wir diesen großen roten Doppeldecker gefunden haben. Mein Eindruck ist, wenn ich jetzt die Bilder wieder sehe, mit dem weißen Eindecker hätte es gar nicht so gut funktioniert.

Die Frage des „Wie“ ist tatsächlich entscheidender als das „Was“. Da sind in der Buskampagne dann viele gute Aspekte zusammengekommen. Einmal das Design von Peder Iblher, das war perfekt umgesetzt, …

… das grafische Gesicht der Kampagne, dann Philipp Möller als das fröhliche Gesicht,…

… Ja, als eindeutiger, den Nagel immer auf den Kopf treffender Pressesprecher, der frei sprechen und die Leute an sich binden kann. Die Leute hier in Düsseldorf haben gesagt, sie waren alle froh, als Philipp auf der Busrundfahrt endlich wieder das Mikro ergriffen hat…

… und wenn man bedenkt, dass es wie ein Durchschreiten einer Tür war, auf ein Terrain, das er vorher gar nicht betreten, als Möglichkeit gesehen hatte…

Na ja, und du selber als die große Eminenz im Hintergrund …

(herzliches, lautes Lachen)

…der alle Fäden zusammen hielt und das neue säkulare Netz ursächlich mit gebaut hat. Entlang der Busroute haben sich ja die Leute zusammengefunden, die vorher nur vereinzelt aktiv waren, weil Skeptiker nun mal nicht dazu neigen sich zu gruppieren und auch sehr eigenmächtig und eigenwillig sind. Und der religiöse Konformitätsdruck um sie herum tut dann sein Übriges.
 

Ich denke auch, das war eines der Hauptanliegen der Kampagne, den Freigeistern zu sagen: Ihr seid nicht allein, wir sind mehr!

Ich finde es auch prägnant, dass ausgerechnet in Deutschland und in Österreich diese Kampagnenplakate an öffentlichen Bussen verhindert wurden, während sie sonst beinahe überall auf der Welt, auch in den katholischen Ländern Europas geklebt werden konnten. Als ob in Deutschland und Österreich immer noch ein vorauseilender Gehorsam aktiv ist oder sie immer noch besonders autoritätsgläubig sind.
 

Ja, das ist durchaus möglich. Aber wir haben nun ein Videodokument mit Bildern, Geschichten und Orten….

Ja, das verdanken wir vor allem der fleißigen und einfühlsamen Fotoreportage von Evelin. Was ich an Evelins Fotografie so sehr schätze, ist, dass sie das Humane sucht und findet, dass sie sehr auf das Menschliche focussiert. Der Film ist dadurch auch ein „Bilderbuch“ der Kampagne geworden, ein fotografisches Denkmal für die Buskampagne…

…Wenn man Denkmal als Denk-mal-Buskampagne schreibt, sicherlich…

…ja, zum Nachdenken anregen, zum selbstständigen Denken, auch wenn das letztlich unmöglich bleibt, denn das individuelle Denken lebt vom Gedanken-Austausch zwischen den Menschen. Aber der ist ja, was das säkulare Gedankengut angeht, bestens durch die Buskampagne gefördert worden!
 

Ricarda! Ein wunderbares Werk aus deiner Hand, mit viel, viel Material von den verschiedensten Leuten …

…und mit viel Liebe von mir… (gemeinsames Lachen)

…schauen wir also, ob die Leute es mögen.

Das scheint aber so, denn ich habe schon sehr zustimmende Reaktionen bekommen. Ich freue mich auch, dass wir hier in Düsseldorf mit Christian Ehring, dem Kabarettisten, der in den letzten beiden Jahren eine TV-Karriere gemacht hat, und mit Martin Maier-Bode auch so prominente Gesichter dabei haben.
 

Das war ja unter anderem euer Beitrag, von dir und Jacques Tilly in Düsseldorf, der zeigt, wie viele Menschen zu diesem ‚Gesamtwerk Buskampagne‘ etwas beigetragen haben. Die vielen, vielen Menschen, die daran mitgewirkt haben…

…Und das kommt auch rüber?...

Ja, das kommt ganz deutlich rüber. Besten Dank, Ricarda!

Und nun: Film ab!

 

 

Wer noch weitere Details schauen möchte, der kann es u.a. auf hpd-video tun:

Buskampagne 2009 Vorstellung in Berlin

Buskampagne - Start der Deutschlandtour in Berlin

Buskampagne - Tour durch Mecklenburg

Buskampagne Hamburg - Teil 1

Buskampagne Hamburg - Teil 2

Buskampagne Bremen

Buskampagne in Bremen Teil2

Die Buskampagne in Frankfurt

Buskampagne Chemnitz

Buskampagne - Dresden Teil 1

Buskampagne - Dresden Teil 2

Buskampagne - Abschluss der Deutschlandtour in Berlin