Im letzten Abschnitt der Buskampagne ging es wieder in den Osten, in die "säkulare Diaspora". Für die letzten Stationen wuchs das Team noch einmal deutlich an: Jetzt war unter anderem auch Bruder Spaghettus und somit der Segen des fliegenden Spaghettimonsters mit an Bord.
An Tag 22 stand die längste Strecke der gesamten Bustour an: 413 Kilometer von München nach Erfurt. Für Autoverhältnisse mag das nicht so weit klingen, wenn man aber mit einem Oldtimer-Doppeldecker mit aufschiebbarem Cabriodach unterwegs ist und nur 70 Kilometer pro Stunde fahren darf, ist das eine tagesfüllende Aufgabe. Nach vier Stunden musste Busfahrerin Sabrina mindestens eine halbe Stunde Pause einlegen, das ist vorgeschrieben. Kurz vor Coburg musste der Bus von der Autobahn abfahren und die Mitfahrenden suchten auf dem Land nach einer Möglichkeit zum Essen. Die Zeit wurde knapp. Glücklicherweise war das Internet der Buskampagne diesmal hold und gerade noch rechtzeitig fanden sie eine Gaststätte – in der gerade passenderweise eine Kommunionsfeier stattfand.
Das Begleitfahrzeug machte eine kurze Pause in Erlangen und war zwei Stunden vor dem großen Bus in Erfurt. Auf dem Anger wurde der Infostand aufgebaut, allerdings ohne Buskulisse: Die maximale Lenkzeit von acht Stunden war durch die lange Strecke bereits erreicht.
Tags darauf ging es nach Dresden. Hier platzierte sich der "Schlussmachen.jetzt"-Bus äußerst dekorativ zwischen Luther-Denkmal und Frauenkirche. Ersteres wurde bei dieser Gelegenheit auch gleich mit Infomaterial über die dunklen Seiten des Reformators bestückt. Abends hielt Michael Schmidt-Salomon ein letztes Mal im Rahmen der Bustour seinen Vortrag "Abschied von der Kirchenrepublik" bei Fiete Behnersens v-cake. Einer der Geschäftsführer des veganen Cafés, Falko Pietsch, ist auch Sprecher der örtlichen Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs). In der gemütlichen Atmosphäre der dort regelmäßig stattfindenden "Kamingespräche" ging der Vortrag direkt in eine lebhafte Diskussion über, die sich über zwei Stunden erstreckte.
In Leipzig stand der Doppeldecker-Oldtimer vor dem Paulinum, der umstrittenen Universitätskirche, die eigentlich keine Kirche sein sollte: Der vom Krieg beschädigte alte Sakralbau wurde in der Nachkriegszeit vom DDR-Regime gesprengt (Gerüchten nach soll Walter Ulbricht gesagt haben: "Das Ding muss weg"). Die Uni wurde neu aufgebaut – ohne Kirche. Anfang der 2000er Jahre wurde sie erneut abgerissen. Es gründete sich der "Pauliner-Verein", der dafür eintrat, auch die Kirche an der alten Stelle wieder zu errichten. Das Rektorat der Universität Leipzig trat aus Protest geschlossen zurück. Doch der Pauliner-Verein ließ nicht locker und auch die CDU machte Druck. Die Pauliner-Kirche wurde also wieder errichtet und ist heute Teil der Universitäts-Aula, symbolisch abgetrennt durch eine zur Seite schiebbare Plexiglasscheibe. Anfang Dezember 2017 wurde das aus öffentlichen Mitteln finanzierte Gebäude geweiht und seitdem erhebt dir Kirche dort ihre Ansprüche: Es werden Gottesdienste abgehalten, auch zu Zeiten, an denen die Universität geschlossen hat. Das Paulinum gilt nicht als öffentlicher Raum, wie zahlreiche Schilder verlauten lassen. Ein exemplarisches Beispiel für die Verquickung von Staat und Kirche, welche die Buskampagne anprangert.
Bruder Spaghettus alias Rüdiger Weida, langjähriges Oberhaupt der "Kirche des fliegenden Spaghettimonsters Deutschland", begegnete diesem Missstand auf seine Weise: Er weihte das Paulinum nach pastafarianischem Ritus um: Die Ecken des Gebäudes wurden mit Hilfe eines heiligen Rasierpinsels mit heiligem Bier aus dem Biervulkan besprenkelt. Er rief das Monster an, alle falschen Götzen aus dem Haus zu verbannen und bat es darum, dass alle, die das Gebäude verlassen, mit einem kritischen Geist wieder herauskämen, selbst wenn sie es nicht mit einem solchen betreten haben sollten.
Am vorletzten Kampagnen-Tag steuerte der große rote Bus Magdeburg an. Der angemeldete Platz vor dem Rathaus war von einem Transporter des mdr und einigen Marktständen versperrt. Nach einem Gespräch mit der Polizei einigte man sich darauf, den Platz zu wechseln, was sich als gute Idee erwies: Vor dem Allee-Center war wesentlich mehr Passantenverkehr. Das typisch ostdeutsche "vollumfängliche Desinteresse" wie es Maximiian Steinhaus, Social-Media Beauftragter der Bustour und selbst Sprecher der gbs Leipzig, nannte, besserte sich im Laufe des Tages: Als er sich gen Feierabend neigte, ließ sich die Sonne blicken und mit ihr hellten sich auch Stimmung und Interesse der Passanten auf.
5 Kommentare
Kommentare
Johannes Gerdes am Permanenter Link
Sehr geehrte Frau Bodenstein, gerade weil ich der Leipziger Gruppe der GBS sehr nahe stehe, vor fünf Jahren den hiesigen Stammtisch initiiert und die Aktivitäten des Pauliner-Vereins sehr kritisch verfolgt habe, berüh
1. Die Kriegsschäden waren so geringfügig, dass sie zu keiner Zeit und in keiner Weise die Nutzung der Kirche beeinträchtigt haben. Sie in einem Satz mit der Sprengung zu nennen, suggeriert einen kausalen Zusam-menhang. Das ist nicht nur falsch, sondern eine bewusst verfälschende Darstellung. Gerade die Vernichtung eines nahezu unversehrten Baudenkmals aus dem 13. Jh. hat in der Bevölkerung eine so große Empörung und dann eine über mehrere Tage andauernde Demonstration ausgelöst und verleiht noch heute dem Verein hohes moralisches Gewicht.
2. Wenn Sie das Jahr 1968 als "Nachkriegszeit" bezeich-nen, müssten Sie analog auch 1941 als Nachkriegszeit des 1. Weltkriegs bezeichnen. Der Unsinn einer solchen Zuordnung ist evident.
Mit solchen in einem besonders sensiblen Zusammen-hang tendenziös formulierten Halbwahrheiten haben Sie die Glaubwürdigkeit von Hpd-Berichten generell beschä-digt. Das bedauert sehr Johannes Gerdes
Chad am Permanenter Link
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Also, thanks for allowing me to comment!카지노
Jürgen Roth am Permanenter Link
Tut mir leid, aber ein solcher abgehobener Firlefanz bringt die säkulare Debatte hierzulande nicht weiter - im Gegenteil.
Uwe am Permanenter Link
Gut so, Sie haben bereits den ersten Schritt gemacht. Sie müssen nur noch erkennen, dass das mit dem abgehobener Firlefanz für alle Religionen gilt. Wer Religion ernst nimmt, ist selbst schuld.
Bitte informieren sie sich entsprechend, bevor sie ohne jede politische oder satirische Qualität eine Kommentar mit intellektueller Selbstverzwergung verfassen.
micham. am Permanenter Link
Aha, das "DDR-Regime", der "Unrechtsstaat", der,der die Trennung von Staat und Kirche weitestgehend beseitigte...
Der hpd wird unglaubwürdig.
Die Bundesrepublik Deutschland ist Mitglied der Vereinten Nationen. Bedeutet, die Bundesrepublik Deutschland ist verpflichtet die Deklaration der Menschenrechte der Vereinten Nationen umzusetzen. Tut diese aber nicht, das Gegenteil ist der Fall. Tag für Tag, Stunde für Stunde, Minute für Minute werden in diesem Land Menschenrechte mit Füßen getreten, durch den Staat, und hier wird vom "DDR Regime" gefaselt... Schon mal was von Hartz IV gehört?...Die Bundeswehr soll jetzt in Syrien mitmischen, toll, super, leider rechtswidrig, die Aufzählung tät endlos werden, also hör ich hier auf.
Irgendwer kommentierte hier mal, sinngemäß, `Nur der Kapitalismus kann den Humanismus finanzieren`. Blieb, leider auch meinerseits, unwidersprochen. Hiermit nachgeholt. Humanismus lebt Mensch, muss nich "finanziert werden".
So Zensor, an die Arbeit. Hier widerspricht einer...