AHA! Humanisten

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Bearbeitung und Collage: Fiona Lorenz

(hpd) Humanisten dieser Welt – gestern war Welthumanistentag, wie jedes Jahr am 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres, der Sommersonnenwende. Der hpd stellt heute einen sehr alten ehemaligen Schäfer vor, der eine frühe Version der Goldenen Regel niederschrieb, sowie einen ehemaligen schwedischen Popstar, eine Anthropologin und Mutter eines US-Präsidenten, einen Philosophen, einen Schauspieler und einen Biologen. Alles Humanisten.

 

Einige der hier vorgestellten Humanisten sind sozusagen offiziell von humanistischen Vereinigungen als Humanisten ausgezeichnet worden, anderen haben sich gemäß den Beschreibungen anderer selbst als Humanisten definiert beziehungsweise sich entsprechend engagiert. Selbstredend gibt es mehr von ihnen, hier ist eine kleine, recht heterogene Auswahl.

 

Die Humanisten sind nach Geburtsdatum sortiert.

Konfuzius (551-479 v.u.Z.) war ein chinesischer Lehrer, Herausgeber, Politiker und Philosoph der Frühlings- und Herbstperiode der chinesischen Geschichte.
Konfuzius soll als Schäfer, Kuhhirte, Angestellter und Buchhalter tätig gewesen sein.
Die Philosophie des Konfuzius betonte die persönliche und obrigkeitliche Moral, die Korrektheit sozialer Beziehungen, Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit. Seine Gedanken wurden von offizieller Seite unterstützt und zu einem System weiterentwickelt, das als Konfuzianismus bekannt ist.
Die Prinzipien des Konfuzius basierten auf üblichen chinesischen Traditionen und Überzeugungen. Er setzte sich für eine starke familiäre Loyalität ein, die Verehrung der Vorfahren, den Respekt der Kinder vor Älteren (und in traditionellen Interpretationen der Frauen vor ihren Männern) sowie der Familie als Basis für die ideale Regierung. Von ihm stammt das bekannte Prinzip „Füge anderen nicht zu, von dem du nicht willst, dass es dir zugefügt werde“, eine frühe Version der Goldenen Regel.
Obwohl der Konfuzianismus häufig in einer religiösen Weise befolgt wird, gehen die Meinungen auseinander, ob es sich um eine Religion handelt. Im Konfuzianismus werden Elemente des Jenseits und Ansichten bezüglich des Himmels thematisiert, er steht aber spirituellen Angelegenheiten, die für religiöses Denken meist als wesentlich erachtet werden, wie etwa der Natur der Seelen, gleichgültig gegenüber.
In den Analekten präsentiert sich Konfuzius als einen „Übermittler, der nichts erfunden hat“. Er betont besonders die Wichtigkeit des Studiums und so beginnt er den Text auch mit dem chinesischen Schriftzeichen für Studium (学).

 

Stanley Ann Dunham, 29. November 1942 – 7. November 1995, war eine amerikanische Anthropologin, die sich auf ökonomische Anthropologie und ländliche Entwicklung spezialisierte.
Sie ist außerdem die Mutter von Barack Obama, dem 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Dieser schrieb in seinem Buch The Audacity of Hope (2006; dt. Hoffnung wagen): „Ich wuchs nicht in einem religiösen Haushalt auf... Die Erfahrungen meiner Mutter... verstärkten nur diesen ererbten Skeptizismus. Ihre Erinnerungen an die Christen, die ihre Jugend bevölkerten, waren nicht angenehm... Und doch, trotz ihrer erklärten Weltlichkeit, war meine Mutter auf vielfache Weise die spirituell wachste Person, die ich je traf. 
"I was not raised in a religious household ... My mother's own experiences ... only reinforced this inherited skepticism. Her memories of the Christians who populated her youth were not fond ones ... And yet for all her professed secularism, my mother was in many ways the most spiritually awakened person that I've ever known.”

In einem Interview mit the Christian Science Monitor, in dem Obama erzählt, wie er selbst vom Skeptiker zum Religiösen wurde, sagt er über seine Mutter Ann Dunham: „Religion war für sie nur eine der vielen Arten – und nicht unbedingte die beste Art – in der Menschen versuchten, das nicht Wissbare zu kontrollieren und die tieferen Wahrheiten über unser Leben zu verstehen.“
"Religion for her was just one of the many ways — and not necessarily the best way — that man attempted to control the unknowable and understand the deeper truths about our lives.”

 

Björn Kristian Ulvaeus, geboren am 25. April 1945, ist ein schwedischer Songwriter, Komponist, Musiker, Schriftsteller, Produzent und ehemaliges Mitglied der schwedischen Popgruppe ABBA (1972-83) sowie Co-Komponist der Musicals Chess und Mamma Mia! Er war gemeinsam mit dem ehemaligen ABBA-Mitglied und engen Freund Benny Andersson Koproduzent des Films Mamma Mia!
Ulvaeus ist Mitglied der schwedischen Mitgliedsorganisation der International Humanist and Ethical Union, Humanisterna und erhielt 2006 deren jährliche Auszeichnung Hedenius-priset. Ulvaeus beschreibt sich eher als „Freidenker“ denn als Atheist. In einem Interview mit dem Vorsitzenden von Humanisterna, Christer Sturmark, erklärt Ulvaeus, dass er an keinen der Götter glaube, die in den Weltreligionen beschrieben werden und ein großes Engagement in humanistischen Belangen an den Tag lege:
„Christer: Björn, du bist Mitglied der schwedischen humanistischen Vereinigung. Erzähl mit, weshalb du angefangen hast, dich für diesen Themen einzusetzen und weshalb du sie für wichtig hältst?
Björn: Weil ich festgestellt habe, wie Religion zur Macht in der Politik wird und zudem mit der wissenschaftlichen Art zu denken konkurriert. Das macht mir Sorge. Ich war immer ein großer Freund der Aufklärung und der Wissenschaft.
Als ich sah, wie irrationale, konservative Werte und Feindseligkeit gegenüber Wissenschaft begannen, die Gesellschaft zu beeinflussen, suchte ich nach einer Organisation, die diese Fragen angeht. Ich fand heraus, dass es die schwedische humanistische Vereinigung gibt und wofür sie steht und wurde Mitglied.
Ich vermisse die Zeiten, in denen Menschen an Wissenschaft und den gesunden Menschenverstand glaubten, in den Fünfzigern und Sechzigern. Jetzt scheinen sich Fundamentalismus und Geringschätzung der Wissenschaft auszubreiten. Ich glaube, dass Religion vollständig vom Staat getrennt sein sollte. So ist es heute nicht, nicht einmal in Schweden. Hunderte von Jahren haben wir darum gekämpft, eine säkulare Gesellschaft zu erreichen, und nun scheint es rückwärts zu gehen. (...)“
“Christer: Björn, you are a member of the Swedish Humanist Association. Tell me why you have chosen to commit yourself to these issues and why you think they are important?
Björn: Because I have noticed how religion is becoming a power in politics and is also competing with the scientific way of thinking. That worries me. I have always been a huge friend of “the Enlightenment” and of science.
When I have seen irrational, religious conservative values and hostility against science influencing society, I searched for an organization that deals with these questions. I found that Swedish Humanist Association existed and what they stood for, and as a result I became a member.
I miss those days when people believed in science and common sense as in the Fifties and Sixties. Now fundamentalism and contempt for science seems to be spreading. I believe that religion should be totally separated from the state. That’s not the way it is today, not even in Sweden. For hundreds of years we have struggled to achieve a secular society, and now we seem to be going backwards. “

 

Anthony Clifford „AC“ Grayling, geboren am 3. April 1949, ist ein englischer Philosoph. 2011 gründete er in London das unabhängige New College of the Humanities und wurde dessen erster Rektor. Bis Juni 2011 war er Professor für Philosophie an Birkbeck, University of London, wo er von 1991 an lehrte. Er ist zudem außerplanmäßiger Professor am St Anne’s College, Oxford.
Grayling hat rund 30 Philosophiebücher geschrieben, einschließlich The Refutation of Scepticism (1985), The Future of Moral Values (1997), The Meaning of Things (2001), und The Good Book (2011).
Seine akademischen Interessen beziehen sich hauptsächlich auf Epistemologie, Metaphysik und philosophische Logik. In Großbritannien wird er auch mit dem Neuen Atheismus in Verbindung gebracht. Darüber hinaus interessiert er sich sowohl für praktische als auch theoretische Fragen der Menschenrechte und verwandte ethische Probleme.
Unter seinen Beiträgen zur Diskussion über Religion in der zeitgenössischen Gesellschaft argumentiert er, es gebe drei trennbare, wenn auch natürlich verbundene Debatten:
(a) eine metaphysische Debatte darüber, was das Universum beinhaltet; zu leugnen, dass es übernatürliche Organe irgendeiner Art gebe, mache ihn zum Atheisten;
(b) eine Debatte über die Grundlage der Ethik; die Welt als natürliches Reich von Naturgesetzen anzusehen setze voraus, dass die Menschheit selbst über das Richtige und Gute nachdenke, basierend auf unserem besten Verständnis der menschlichen Natur und der menschlichen Verfassung; das mache ihn zum Humanisten;
(c) eine Debatte über den Platz religiöser Bewegungen und Organisationen im öffentlichen Raum; als Säkularist argumentiert Grayling, diese sollten sich als zivilgesellschaftliche Organisationen ansehen, auf einer Stufe mit Gewerkschaften und anderen NGOs, mit jedem Existenzrecht und Rederecht, aber nicht mehr Rechten als jede andere selbstkonstituierte, selbsterwählte Interessengruppe.

 

Paul Zachary „PZ“ Myers, geboren am 9. März 1957, ist ein amerikanischer Wissenschaftler und Biologieprofessor an der University of Minnesota Morris (UMM) und Autor des Pharyngula Wissenschaftsblogs. Als Professor arbeitet er im Bereich der evolutionären Entwicklungsbiologie (EvoDevo) mit Zebrafischen und ist zudem an Kopffüßlern interessiert. Myers hat zahlreiche wissenschaftliche Artikel in Nature und anderen namhaften Wissenschaftszeitschriften publiziert.
Er tritt auf als öffentlicher Kritiker des Intelligent Design (ID) sowie der Kreationistenbewegung und engagiert sich in der Kreation-Evolution-Kontroverse.
Der Asteroid 153298 Paulmyers wurde nach ihm benannt.
Seit 2005 schreibt er auch auf der Website für wissenschaftliche Bildung, Ask A Biologist (Frage einen Biologen).
Pharyngula ist der persönliche Weblog von Myers, der mit „Evolution, Entwicklung und zufällige biologische Ergüsse (ejaculations) eines gottlosen Liberalen“ beworben wird. Die Themen, die Myers abdeckt, sind eklektisch, erforschen das Nicht-Wissenschaftliche wie das Wissenschaftliche.
2006 listete die Zeitschrift Nature seinen Blog Pharyngula als den wichtigsten Blog, der von einem Wissenschaftler geschrieben wird. Außerdem erhielt PZ Myers 2009 den Humanist of the Year award sowie 2011 den International Humanist Award.

 

Stephen John Fry, geboren am 24. August 1957, ist ein englischer Schauspieler, Drehbuchautor, Autor, Dramatiker, Journalist, Dichter, Comedian, Fernsehmoderator, Regisseur und ein Vorsitzender des Norwich City Football Club.
Nach einer kritischen Kindheit und Jugend, in deren Verlauf er aus mehreren Schulen verwiesen wurde und irgendwann wegen Kreditkartenbetrugs drei Monate im Gefängnis verbrachte, gelang es ihm, sich einen Platz am Queen’s College, Cambridge zu verschaffen, wo er englische Literatur studierte.
Fry hat wiederholt seinen Widerstand gegen organisierte Religion zum Ausdruck gebracht und sich als Atheist und Humanist zu erkennen gegeben, während er einige Sympathie für den Glauben der alten Griechen an kapriziöse Götter bekundete.
2009 gewann er gemeinsam mit Christopher Hitchens eine Debatte. Die beiden überzeugten das Publikum mit 1.876 zu 268 Stimmen davon, dass die Kirche keine Macht für das Gute sei. Fry attackierte die Lehren der Kirche bezüglich Sexualität, meinte, die Kirche sei von Sex besessen, und prangerte ihren Reichtum an.
2012 wurde er zum Herausragenden Unterstützer der British Humanist Association und meinte, es sei wichtig, sich als Humanist zu profilieren. Auch gehörte er im selben Jahr mit 54 anderen zu den Unterzeichnern des Aufrufs gegen den Papstbesuch.
Am 22. Februar 2011 erhielt Fry den Lifetime Achievement Award in Cultural Humanism vom Humanist Chaplaincy der Harvard University und fügte sich damit in eine Reihe vorheriger Geehrter ein: dem Autor Salman Rushdie, des Drehbuchautors Joss Whedon sowie der Mythbusters Adam Savage und Jamie Hyneman (um damit weitere Humanisten zu nennen).
 

Mit den AHA!-Humanisten endet die Reihe vorläufig. Im Herbst geht es weiter.

Fiona Lorenz

Anmerkung: Die Originalzitate sind – sofern nicht anders gekennzeichnet – wikipedia.org entnommen

AHA! Politiker (1.6.2012) - Hier sind Links auf die vorhergehenden AHA!-Artikel zu finden.
AHA! Comedy (8.6.2012)
AHA! Ex-Muslime (15.6.2012)