BERLIN. (hpd) Bei sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen sind die Verjährungsfristen generell aufzuheben, dafür tritt das netzwerkB (B wie Betroffene) seit Jahren aktiv ein. Das Netzwerk und Norbert Denef, sein Vorsitzender, schaffen sich auch manchen Orts unerwartet und ungewünscht Gehör. Auch in der Politik?
Die Realität
8. Juni 2012
Norbert Denef, Vorsitzender des NetzwerkB.org teilt am 8. Juni 2012 über Netzwerk B und den Medien direkt per Mail mit, dass er, Denef in einen unbefristeten Hungerstreik trete um an dem „Murks mit den Verjährungsfristen“ zu rütteln. Einen anderen Ausweg sehe er für sich nicht mehr. In den vorangegangenen sechs Monaten hatte Denef Kontakt mit den Bundestags-Fraktionen aufgenommen. Zuversicht hatte sich eingestellt, die Politiker würden auf breiter Basis ein Gesetz vorbereiten, um die Täter zur Verantwortung zu ziehen, die an Kindern und Jugendlichen sexuell Gewalt ausgeübt haben und das ohne Einspruch auf Verjährung.
Die Politik
6. Dezember 2011
Der SPD-Parteitag. Man ließ Denef sprechen und mit Standig-Ovations quittierten die Delegierten seinen Vortrag. Es schien, als hätte die Forderung, Tätern von sexueller Gewalt keine Verjährung zuzubilligen, endlich eine Mehrheit gefunden. Die Delegierten waren auf seiner Seite. Denefs Vertrauen in die SPD-Fraktion stieg sprungartig.
28. März 2012
Denef trifft Christine Lambrecht (Rechtsanwältin), Burkhart Lischka (Jurist), Marlene Rupprecht (Lehrerin) alle MdBs der SPD, mit seiner Frage, wie die SPD den Beschluss des Parteitages vom 6. 12.2011 umzusetzen gedenke. Aus der Rechtsperspektive sei dieses schwierig, die Mehrheit im Bundestag fehle dafür.
Gerold Reichenbach, MdB (SPD) äußert seine Empfehlungen.
Denef will die Strategie kennenlernen und ausloten, wo die gemeinsame Schnittmenge bei den Fraktionen des Bundestages liegt. Denef hat seinen Rede vor den SPD-Delegierten gehalten. Hätte er in jeder Fraktion sprechen können, wie wären deren Reaktionen ausgefallen – gleichermaßen, ganz anders?
23. Mai 2012
Denef vereinbart weitere Gespräch und trifft sich mit Andrea Voßhoff, rechtspolitische Sprecherin der CDU. Sie positioniert sich: „Wir von der CDU unterstützen Ihr Anliegen.“
8. Juni 2012
Freitag, der Tag an dem Norbert Denef mit dem Hungerstreik begonnen hat.
Der hpd nimmt einen ersten Kontakt mit dem politischen Berlin auf, mit der Anfrage an die SPD/Presse, wie es mit dem Beschluss des Parteitages zur Aufhebung der Verjährungsfristen aussieht und wie es weiter gehe. Und auf an den begonnenen Hungerstreik blickend: Wer trägt die politischen Verantwortung?
8. Juni 2012
Zweiter Kontakt mit der Staatskanzlei NRW, um die Delegierte Hannelore Kraft zu informieren. Unterstützend hatte sie Norbert Denef auf dem SPD-Parteitag Mut und Zuversicht zugesprochen. Das Geschäftszimmer sagt einen Rückruf zu.
11. Juni 2012
Burkhard Lischka, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion sendet ein Statement. Es drückt Bedauern und Besorgnis aus. Die SPD habe sich mit der Bundestagsdrucksache 17/3646 bereits im November 2011 als einzige Fraktion für eine deutliche Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfristen stark gemacht und bitte Denef, seine Energie bei den Regierungsfraktionen Überzeugungsarbeit zu leisten. (Gesetzentwurf im Anhang)
21. Juni 2012
14. Tag des Hungerstreiks. Für die bedingungslose Aushebung der Verjährungsfristen sind inzwischen vier weitere BürgerInnen in unserem Land in den Hungerstreik getreten. Hpd fragt erneut bei der SPD an: Ist es richtig, dass der Gesetzentwurf keine Aufhebung sondern, abweichend von der Zustimmung der Delegierten im Dezember 2011 zum Vortrag von Denef, lediglich eine Verlängerung vorsieht?
21.Juni 2012
hpd fragt bei die CDU an nach (1.) Unterstützungszusage und deren geplante Umsetzung, sowie (2.) Folgen den Zusagen auch Taten? Wer trägt die politische Verantwortung?
22. Juni 2011
SPD Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht klärt auf: Der Beschluss des Parteitags lautete nicht die Aufhebung der Verjährungsfristen umzusetzen sondern sich für die Belange der Opfer einzusetzen. Das wird mit der SPD-Bundestagsfraktion gewährleistet.
„Für den Gesetzentwurf bekommen wir keine Unterstützung durch die anderen Fraktionen. Das drückt sich darin aus, dass dieser Gesetzentwurf trotz erster Lesung vor mehr als sechs Monaten bisher nicht im Rechtsausschuss auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Dies werden wir nicht länger akzeptieren und haben dies für die kommende Woche (letzte Arbeitswoche vor der Sommerpause – Anm. der Redaktion) beantragt. Wenn dies nicht geschieht, wollen wir im Deutschen Bundestag eine Geschäftsordnungsdebatte erwirken.“
25. Juni 2012
hpd fragt beim Bundesjustizministerium an: (1.) Mord, Völkerrechts- und Menschenrechtsverletzungen sind von Verjährungsfristen befreit, sexuelle Gewalt unterliegt der Verjährung. Wie ist das politisch/juristisch zu erklären? (2.) Es wird von einem ‚langen Weg’ der Instanzen gesprochen, der für eine Änderung der Verjährungsfristen zu gehen wäre – gibt es ein politisches Signal, das aktuell den Betroffenen und Hungerstreikenden gegeben werden kann und wenn, wer könnte das?
25. Juni 2012
Bundesjustizministerium an hpd: Abwesenheits- und Weitergabenotiz
25. Juni 2012
hpd – Weitergabe der Anfrage der Abwesenheitsnotiz entsprechend.
25. Juni 2012
hpd – telefonische Nachfrage bei dem genannten BMJ-Adressaten, wir werden zurückverwiesen an die erstgenannte Stelle, die abwesend ist.
25. Juni 2012
hpd – Mail an die Landesregierung NRW/Presse/Chefin vom Dienst. Wird Hannelore Kraft vermitteln können?
26.Juni 2012
hpd per Mail an: Fraktion DIE LINKE/Pressestelle. Unsere Fragen:
1. Wie wird sich die "Linke" verhalten, falls in dieser Woche aus dem konkreten Anlass und Handlungsbedarf heraus der Gesetz-Entwurf der SPD auf die Tagesordnung kommt?
2. Wie stellt sich die "Linke" generell zu einer Aufhebung der Verjährungsfristen bei sexualisierter Gewalt?
3. Stellt sexualisierte Gewalt eine Menschenrechtsverletzung dar?
4. Wie ist politisch/juristisch zu erklären, dass bei für Mord und Völkerrechtsverletzung keine Verjährung gibt, bei sexueller Gewalt derzeit jedoch die Verjährungseinrede geltend gemacht werden kann?
26. Juni 2012
Andrea Voßhoff, MdB (CDU) und rechtspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion per Mail an den hpd: Von Denef als leidenschaftlichem Verfechter ließe sich wie von anderen Opfern kein distanzierter Umgang erwarten. Drohung mit Selbstverletzung oder Selbstmord dürfe in eine Demokratie niemals ein Mittel in der politischen Auseinandersetzung sein. CDU/CSU Bundestagsfraktion befürworte eine Ausweitung der strafrechtlichen Verjährung. Irritiert sei sie über die Wiedergabe und Veröffentlichung des Gesprächs mit Denef.
27. Juni 2012
hpd telefonische Nachfrage – Bundesjustizministerium/Pressestelle avisiert Bearbeitung
27. Juni 2012
hpd – Nachfrage per Mail/Tages aktuelle Rufnummer. Pressestelle avisiert Rückruf.
27. Juni 2012
hpd fragt telefonisch bei der Fraktion DIE LINKE/Pressestelle nach.
Sie werden sich melden, es gäbe bei ihnen wichtigere Themen.
Auf die vom hpd aktuell angesprochene Frage zur Debatte über den Gesetzentwurf der SPD erhalten wir eine Zwischenmeldung per Mail, dass ein Antrag dieser Art nicht auf der Tagesordnung dieser Woche stehe.
28. Juni 2012
Ingrid Hönlinger, MdB, Bündnis 90/Die Grünen per Mail an den hpd: Man habe eine umfassende Debatte geführt, einen Gesetzentwurf (Bundesdrucksache 17/5774) erstellt. Weiterreichende Verjährungsfristen wären notwendig. Die Frage sei wichtig, alle Fraktionen sollten gemeinsam aktiv werden, dafür sollten die Gesetzesentwürfe auf die Tagesordnung gesetzt werden um den Opfern die Durchsetzung ihrer Ansprüche möglichst lange offen zu halte
29. Juni 2012
hpd an Ingrid Hönlinger, MdB, Bündnis 90/Die Grünen mit der Frage nach der Umsetzung. (1.) Was wollen die Grünen tatsächlich unternehmen? (2.) Gibt es einen Ansatz für fraktionsübergreifende Aktivitäten, einen Zeitrahmen und was ist den sieben Hunger Streikenden konkret zu sagen?
29. Juni 2012
hpd – telefonische Nachfrage beim Bundjustizministerium/Pressestelle: 28.6.2012 ihr Rückruf war erfolglos und wird erneut für den 29. Juni 2012 avisiert.
29. Juni 2012
hpd – Telefonat mit der Staatskanzlei NRW/Presse/Chefin vom Dienst - es wurde nichts berichtet.
29. Juni 2012
Hungern aus medizinischer Sicht, ein Arzt nimmt Stellung: Hungern kann man sehr lange, wobei es auf die Ausgangssituation ankommt (Ernährungszustand). Manche hungern auch und nehmen mit der Flüssigkeit dann doch lebensnotwendige Mineralien oder Vitamine ein. Problem ist immer nur das Trinken. Deshalb ist ja auch die Suizidmethode durch Einstellung der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme so ein Problem. Wie gesagt: Hungern geht wohl sehr lange, monatelang.
Konjunktiv auf allen Ebenen.
Die Sommerpause des Bundestages beginnt heute.
Sie endet am 7. September 2012.
Evelin Frerk
Die Hungerstreikenden
Seit dem 8.Juni 2012: Norbert Denef. Ebenfalls in den Hungerstreik getreten sind seit dem 10. Juni 2012 Christiane Kieburg, Berlin; 11. Juni 2012 Katharina M., Berlin; 12.06.2012 Alwin Michel; 15. Juni 2012 Wilfried Fesselmann, SNAP-Sprecher Deutschland; 21. Juni 2012 Brigitte Lunzer Rieder, Politikerin, Künstlerin, Autorin, Österreicherin, Jahrgang 1954; und Anette W., Stuttgart, vom 12.06.2012 bis zum 22. Juni 2012. (Ihre Chronik unter: http://netzwerkb.org/)