(hpd) Hans Albert gehört zu den bedeutendsten Ideologiekritikern und Wissenschaftstheoretikern der Bundesrepublik Deutschland.
Als führender Vertreter des Kritischen Rationalismus in der deutschen Philosophie spielte er bei vielen erkenntnistheoretischen Debatten eine wichtige Rolle. So war Albert etwa der Gegner des jungen Jürgen Habermas beim Positivismusstreit Anfang der 1960er Jahre. Wissenschaftliche Aussagen sollten nach Albert so formuliert sein, dass sie an der Realität überprüft werden können. Alle Erkenntnisse wären demnach nur Hypothesen und seien ständig einer kritischen Prüfung ausgesetzt. Diese Position brachte Albert auch in Konflikt mit den Vertretern der modernen Theologie, die er in verschiedenen Aufsätzen und Büchern kritisierte. In jüngsten Veröffentlichungen setzte Albert sich dabei auch mit den Auffassungen von Joseph Ratzinger auseinander.
Mit dem Buch „In Kontroversen verstrickt. Vom Kulturpessimismus zum kritischen Rationalismus" legt er nun eine Art Autobiographie vor, welche aber gar keine Autobiographie sein will. Im Vorwort bemerkt der Philosoph, der Text sei aus fragmentarischen Schilderungen seines Lebens mit Kommentaren zu Entwicklungen und Ereignissen hervorgegangen. Dabei habe der Bericht seine fragmentarische Form behalten, wolle er doch viele persönlich wichtige Erlebnisse aussparen. Gleichwohl handelt es sich demnach um eine Autobiographie, aber mehr im Sinne der Autobiographie eines Wissenschaftlers im engeren Sinne. Persönliche und private Aspekte werden zwar hier und da angesprochen, aber finden keine ausführlichere Beachtung und Kommentierung. Dafür benennt Albert sehr wohl die geistigen und politischen Einflüsse auf seine Person.
„In Kontroversen verstrickt" ist entsprechend der skizzierten Anlage des Buchs historisch-chronologisch aufgebaut und beginnt mit der Jugendzeit im „Dritten Reich", wobei der Philosoph den Einfluss Oswald Spenglers für seine frühe Abkehr vom Nationalsozialismus hervorhebt. Ausführlich geht er danach auf die Zeit als Soldat in unterschiedlichen Phasen des Zweiten Weltkriegs ein. Nach Kriegsende begann Albert sein Studium und seine akademische Karriere. Nähere Beachtung finden dabei die Schilderungen der Begegnung mit Karl R. Popper und Ernst Topitsch. Die folgenden ausführlichsten Kapitel widmen sich dann der frühen und späten Mannheimer Zeit an der dortigen Universität mit Ausführungen zu Kontroversen über Max Weber, Alberts „Traktat über kritische Vernunft", die Achtundsechziger, die moderne Theologie oder seine „Kritik der reinen Erkenntnislehre".
Herausgekommen ist mit „In Kontroversen verstrickt" eine überaus interessante intellektuelle Biographie, die allerdings gewisse Grundkenntnisse über die dort skizzierten philosophischen Themen voraussetzt. Gleichwohl zeichnet Albert seinen Weg „Vom Kulturpessimismus zum kritischen Rationalismus" - so der Untertitel des Bandes - anschaulich nach.
Mache Entwicklungen können nicht ganz nachvollzogen werden. So bewegten sich doch Spenglers Differenzen zum Nationalsozialismus nur auf einer bestimmten Ebene. Besonderes Interesse verdient darüber hinaus die geschilderte Kontroverse mit modernen Theologen wie Gerhard Ebeling oder Hans Küng. Albert argumentierte hier ohne billige Polemik, sondern mit der Kühle des Verstandes. Dabei zeigte sich immer wieder auch seine große Bedeutung für das moderne Verständnis von Aufklärung und Kritik.
Armin Pfahl-Traughber
Hans Albert, In Kontroversen verstrickt. Vom Kulturpluralismus zum kritischen Rationalismus, Münster 2007 (Lit-Verlag), 250 S., 19,90 €