DRESDEN. (hpd) Das Deutsche Hygienemuseum (DHMD) zeigt bis Anfang November 2008 eine weit gefächerte Ausstellung zum Thema Glück
Glück - welches Glück - so ganz ohne Interpunktion. Ist es ein Seufzer, ein enthusiastischer Ausruf oder gar eine Frage? Aber genau diese Vieldeutigkeit ist das Anliegen einer Ausstellung im Deutschen Hygienemuseum in Dresden. Es werden ganz exemplarisch verschiedene Facetten des Glücks gezeigt. Was ist Glück? Wie kann man glücklich sein? Gibt es Garantien fürs Glück? Kann man immer glücklich sein? Darf man glücklich sein?
Deutlich wird, dass der Mensch schon immer nach Glück suchte und strebt. Wie aber das Glück aussieht, hängt von den vielfältigsten Komponenten ab und bleibt immer, auch im gesellschaftlichen Kontext eine sehr individuelle Größe.
Bisher war Glück meist religiöser, philosophischer oder gesellschaftlicher Natur. Der Forschung ist es in den letzten Jahren gelungen, Glück als chemisch-biologischen Vorgang nachzuweisen. Doch man kann es nicht darauf reduzieren. Ausschlaggebend sind das subjektive Wohlbefinden wie Gesundheit, Lebenserwartung, Bildung, Erziehung, Arbeit, Wohlstand und soziale Netzwerke.
Es wurden einige Grundkomponenten für das Glücklichsein herausgefunden. Glücksstudien sind in den Focus von Psychologie und Ökonomie gerückt. Dabei will die Ausstellung kein Ratgeber zum Glück sein und zeigt doch, dass man in gewisser Weise lernen kann, glücklich zu sein. Man muss schon alle Sinne schärfen und aktiv sein, um das Glück zu erkennen und es zu spüren. In der Ausstellung wird man mit Alltäglichem und Vertrautem konfrontiert, was im Unterbewusstsein als Glück empfunden wird, es gibt aber auch Überraschendes. Die Dimensionen, was als Glück empfunden wird, gehen dabei individuell sehr weit auseinander.
Deutschland in weltweiter Glücksstudie weit zurück
In der heutigen Zeit, wo die Jagd nach Wohlstand und immer mehr Reichtum und Macht, auch nach dem „Kick" im Leben, Ausmaße angenommen hat, die fast nicht mehr fassbar sind, bringt die Ausstellung einige Beispiele, die überraschend sind. Beim Flanieren durch die verschiedenen Räume, die gleichzeitig verschiedene Aspekte des Glücks darstellen, kann man sich auch in die Gedankenwelt bekannter und weniger bekannter Schriftsteller, Musiker und Maler hineinlesen, -hören und sehen. Die Ausstellung hat dabei nur sieben Bereiche ausgewählt, bei denen „Glück haben" und „glücklich sein", im Deutschen nur ein Begriff, beleuchtet werden. Übrigens steht Deutschland in einer weltweiten Glücksstudie erst an 81. Stelle - weit hinter Dänemark, Kolumbien, der Schweiz, nach Mexiko, Malta und El Salvador.
Angefangen bei dem großen Thema Liebe, im Zusammenhang mit Träumen, Wünschen und spirituellen Gedanken, kommt man in den Bereich des leiblichen Genusses, des Strebens nach materiellem Wohlstand. Dabei wird nicht außer Acht gelassen, dass durch die Globalisierung und die Steigerung des Wohlstandes einiges auf der Strecke bleibt. Die natürlichen Ressourcen werden verschwendet und der Abstand zwischen Arm und Reich wird immer größer. Der Bereich Sport mit schneller, weiter, höher lässt die Frage offen: wohin? Extremerfahrungen werden selbst beim Risiko des Lebens zum immer intensiveren Glücksgefühl, von dem manche Menschen nicht genug bekommen können.
Wann verkehrt sich Glück ins Gegenteil?
Auch hier die Frage, an welcher Stelle verkehrt sich das Glück ins Gegenteil? Glück hat auch seit jeher mit Schönheit und Unvergänglichkeit zu tun. Schöne Menschen scheinen glücklicher zu sein. Mit Schönheit scheint auch Anerkennung im gesellschaftlichen und privaten Leben, sowie im beruflichen Fortkommen einherzugehen, was wiederum Komponenten des Glücks sind. Unsterblichkeit hängt damit eng zusammen. Es ist eine Faszination, mit der sich viele auseinandersetzen. Fast alle Religionen bieten diesbezügliche Perspektiven an, sei es als Unsterblichkeit oder Wiedergeburt.
Glück ist nicht logisch und nicht berechenbar. Verbindet sich Glück mit Zufall, dann ist es Schicksal. Menschen haben immer versucht durch Berechnung, Vorhersage, Beschwörung und Opfer das Glück festzuhalten, zu beeinflussen. Doch Glück ist ein Vorgang. Zum Glück gehört auch Unglück. Dies konfrontiert mit Vergänglichkeit, Zufall und Grenzen der Handlungsfreiheit. Technik und Fortschritt bringen zwar eine Verringerung der Risiken von Unfällen, können jedoch nicht über die existentielle Abhängigkeit hinwegtäuschen. z.B. auch bei Naturkatastrophen.
Glück - mit Risiken und Nebenwirkungen
In einer abendlichen Diskussionsrunde „Glück- Risiken und Nebenwirkungen" wurde aus drei verschiedenen Blickwinkeln versucht, dem Glück auf die Spur zu kommen. Prof. Dr. J. Oehler (Neurobiologe am Universitätsklinikum Dresden), Tom Fritz (Biologe und Musiker, Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Leipzig,) und Odile Vassas (Mitarbeiterin des DHMD und Literaturverantwortliche) haben versucht, aus der Sicht ihrer Wissenschaftszweige das Phänomen Glück physiologisch und psychologisch verständlich zu machen.
Immer wieder kam es in der Diskussion zu der Erkenntnis, dass Glück zwar erstrebenswert ist, dass es aber leicht ins Negative abrutschen kann und dann zu Suchterscheinungen, oder im modernen Wirtschaftssystem zu Stress und unerträglichem Druck führt. Andererseits machte der Neurobiologe auch auf die Kleinheit des Menschen und seiner Erkenntnisfähigkeit aufmerksam. Wir sollten uns also alle nicht so wichtig nehmen und dem Glück sinnlos hinterher jagen. Wichtiger ist es, zu versuchen ein inneres Gleichgewicht zu finden und ab und zu Glücksmomente zu erfahren und als solche auch wahrnehmen zu können.
Die Ausstellung ist noch bis zum 2. November 2008 geöffnet und es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm mit Autorenlesungen, Vorträgen und Diskussionsrunden.
Elke Schäfer