Wider das Vergessen

"Dies war ein Vorspiel nur; dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen!" (Heinrich Heine)

 

MÜNCHEN. (hpd) Wolfram P.Kastner ist ein

politisch engagierter, aktiver Künstler, der mit seiner Kunst Dinge sichtbar macht, die man sonst nicht sehen oder erkennen oder einfach vergessen würde. Zum Gedenken an die öffentliche "Bücherhinrichtung" am 10.Mai 1933 auf dem Rasen des Münchner Königsplatzes vor 50.000 überwiegend akademischen Mitläufern brennt er seit 1995 alle Jahre wieder einen Fleck in den Rasen, damit - ganz bildlich - niemals Gras über die Geschichte wachsen soll. Begleitet wird der Brandfleck von einer Marathonlesung aus den Werken von "verbrannten" Dichtern, Schriftstellern, Journalisten.

Auch wenn Oberbürgermeister Ude 1995 diese Aktion verbieten ließ, weil - so der Jurist Dr.Ude! - die "Rasensituation" und damit die "historische Situation" inzwischen eine andere sei, brennt der Künstler Kastner seither Jahr für Jahr am 10.Mai den Fleck in den inzwischen immer wieder nachgewachsenen Rasen mitten in der "Stadt der Bewegung" und findet zahlreiche Leser/Leserinnen, die teilweise unbekannte Bürger sind, aber auch prominente Künstler, Politiker, Journalisten, für die 12-stündige Lesung. Zum 75.ten Jahrestag der Münchner Bücherverbrennung lasen heuer u.a. Hanne Hiob (Tochter Bertholt Brechts), Schülerinnen Münchner Gymnasien, Franz Maget (Chef der Bayern-SPD), Friedrich Ani (Schriftsteller), Nizza Tobi (jüdische Musikerin) und die Vorsitzende des Bund für Geistesfreiheit München, Assunta Tammelleo (s.Foto). Letztere las aus Kurt Tucholsky "Politische Justiz" Teile des Aufsatzes "Die Begründung" (1929). Darin beschäftigt sich der Jurist Dr. Tucholsky kritisch mit der Urteilsbegründung gegen George Grosz (1928), der wegen Verstoß gegen den damaligen § 166 StGB (der als "Blasphemie-Paragraf" noch heute existiert) zunächst verurteilt wurde.

Die Bibliothek verbrannter Bücher

Wolfram P.Kastner hat als "Erinnerungszeichen zu den Bücherverbrennungen" auch ein informatives kleines Buch herausgegeben mit dem Titel "Wie Gras über die Geschichte wächst" - A1-Verlag/ISBN 3-927743-28-3). Gemeinsam mit Georg Salzmann versucht er außerdem seit Jahren, für die "Bibliothek der verbrannten Bücher" eine Stadt zu gewinnen, die diese einzigartige Sammlung von mehr als 10.000 Büchern und Zeugnissen des weiteren Lebenswerkes der von den Nazis verbrannten Autoren erwirbt und zu einer öffentlichen Einrichtung macht. In einer solchen Einrichtung könnten Lesungen und Ausstellungen stattfinden, durch die auch junge Leute und andere Interessierte mit Literatur bekannt werden, deren Autoren durch die Verbrennung ihrer Werke und häufig genug durch physische Vernichtung aus dem kulturellen Gedächtnis "ausgemerzt" worden sind. Eine solche Einrichtung scheiterte bislang daran, dass die Städte das Geld für den Erwerb der "Bibliothek der verbrannten Bücher" nicht aufbringen konnten. Der bfg München unterstützt Wolfram P.Kastner bei seinen Aktionen!

Anna Wolf