Mit antiken Philosophen die Trump-Regierung untersuchen

Was würden Platon und Aristoteles über das System Trump sagen?

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Welche Bezeichnung wählt man, um autoritäre Regime zu kennzeichnen? "Bekämpft die Oligarchie" meint eine Protestbewegung in den USA. Bewusst oder unbewusst knüpft sie dabei an eine Analysekategorie der antiken griechischen Philosophie an. Erneut erweisen sich deren Denker auch noch wichtig für Fragen der politischen Gegenwart.

"Fight Oligarchy", also "Bekämpft die Oligarchie" – dieses Motto prägt eine neue Protestbewegung in den USA. Sie kritisiert die große Bedeutung der "Superreichen", welche die Präsidentschaft von Donald Trump direkt oder indirekt unterstützen. Angeführt wird die Bewegung von Alexandria Ocasio-Cortez, die für die Demokraten im Repräsentantenhaus sitzt, und Bernie Sanders, dem unabhängigen Senator für Vermont. Erstere gehört auch den "Democratic Socialists of America" an, Sanders versteht sich selbst als demokratischer Sozialist. Beiden geht es um eine politische Reformorientierung, hin zu einem Sozialstaat ähnlich wie in den skandinavischen Wohlfahrtsmodellen. Ihr Bezug auf die Kritik an einer Oligarchie hat damit aber nur indirekt etwas zu tun, führt die Bezeichnung doch weit zurück in die griechische Geschichte zu auch heute noch bekannten Philosophen. Dabei geht es insbesondere um Aristoteles, aber auch um Platon. Kann man mit diesen antiken Denkern die gegenwärtige Trump-Regierung analysieren und kritisieren?

Eine Antwort auf diese Frage setzt eine Klärung des Verständnisses voraus. Ganz allgemein steht die Bezeichnung "Oligarchie" für ein System, das durch die "Herrschaft der Wenigen" von der eigentlichen Wortbedeutung her geprägt ist. Nähere Bestimmungen ergeben sich aus einer solchen Übersetzung aber nicht. Blickt man auf die Ausführungen von Platon, so leiten sich daraus genauere Elemente des Gemeinten ab. Es geht zunächst um eine Gruppe an der Macht, also nicht um einen Einzelherrscher, aber auch nicht um das ganze Volk. Neben diesem quantitativen Aspekt betonte Platon noch ein qualitatives Verständnis. Denn damit sollte eine Differenzierung von Systemtypen vorgenommen werden, einerseits einer Aristokratie, andererseits einer Oligarchie. Entscheidend wäre dabei die Ausrichtung am Gemeinwohl wie an den Gesetzen, welche für eine Aristokratie und eine Oligarchie die jeweiligen Unterschiede ausmachten. Im erstgenannten Fall hielte man sich an Gemeinwohl und Gesetze, in einer Oligarchie könne davon aber nicht die Rede sein.

Hinzu kam für die dortigen Herrschenden noch ein soziales Kriterium, handele es sich doch bei der dominanten Gruppe eben um die Reichen. Darauf stellte auch Aristoteles ab, der an die erwähnte Unterscheidung anknüpfte. Er differenzierte ebenfalls Herrschaftsmodelle, einerseits nach der Anzahl der jeweiligen Individuen, andererseits nach der Einstellung bei der sozialen Orientierung. Damit waren Eigennutz und Gemeinwohl gemeint, wobei auch bei Aristoteles die erwähnte Einteilung erfolgte: der Eigennutz sei eben konstitutiv für die gemeinte Oligarchie. Es ging demnach um die Herrschaft der Reichen, also um eine Plutokratie im ursprünglichen Sinne. Aristoteles wie Platon wandten sich nicht grundsätzlich gegen ein Staatsmodell, das auf eine Eliten- beziehungsweise Gruppenherrschaft als konkrete Ordnungsvorstellung bezogen war. Es sollte in der Gesamtschau aber um ein besonderes Votum gehen: entweder primär für die eigenen egoistischen Interessen oder für das allgemeine gesellschaftliche Wohl. Oligarchien standen für die erste Variante.

Aktuelles Beispiel: Die USA

Und genau diese Ausrichtung ist für Einordnungen in der Gegenwart wichtig. Auf die Aktualität und Gefahren einer solchen Oligarchie machte der scheidende Präsident aufmerksam, äußerte doch Joe Biden in aller Öffentlichkeit in seiner letzten Rede: "Es gibt eine gefährliche Konzentration von Macht in den Händen von sehr wenigen ultrareichen Leuten mit gefährlichen Folgen, wenn diese Macht nicht begrenzt wird. Heute formiert sich in Amerika eine Oligarchie aus extremem Reichtum, Macht und Einfluss, die im wahrsten Sinne des Wortes unsere Demokratie gefährdet, unsere grundlegenden Rechte und Freiheiten und die faire Chance für jeden Einzelnen voranzukommen." Und weiter hieß es auch bezogen auf die eventuellen Folgen von öffentlicher Manipulation: "Ich bin besorgt über den möglichen Aufstieg eines technisch-industriellen Komplexes. … Die freie Presse bröckelt, es gibt immer weniger Journalisten. Social Media verzichtet auf die Prüfung von Fakten. Die Wahrheit wird mit Lügen erstickt, die im Dienst von Macht und Profit verbreitet werden."

Die gemeinten Akteure und Potentiale nannte Sanders in einer Senatsrede: Eine "Regierung von Milliardären, durch Milliardäre und für Milliardäre" drohe, die "drei Reichsten in Amerika verfügten über mehr Wohlstand als die 170 Millionen in der unteren Hälfte." Die Äußerungen spielten erkennbar auf ein Bild an, das bei der Amtseinführung von Trump weltweit sichtbar wurde: Die Gemeinten waren direkt hinter dem Präsidenten zu sehen. Über die Dimension ihres Reichtums äußerte Sanders: "Mr. Musk ist 402 Milliarden Dollar wert, Mr. Zuckerberg 252 Milliarden und Mr. Bezos 249 Milliarden". Demnach gelte: "Immer mehr Macht ruht in immer weniger Händen." Der Einfluss ist nicht nur im Geheimen erkennbar, er war in aller Öffentlichkeit in seiner Relevanz zu sehen. Darüber hinaus finden sich auch im Kabinett selbst Minister, die über Milliarden als "Superreiche" und in der Regierung insbesondere über die ökonomischen Zuständigkeiten verfügen. Dazu gehören insbesondere Scott Bessent (Finanzen) und Howard Lutnick (Wirtschaft).

Bilanzierend lässt sich wie bei den antiken Denkern sehr wohl von einer ausgeprägten Oligarchie sprechen. Der ohnehin nicht geringe politische Einfluss von "Superreichen" in den USA erhöhte sich noch mehr, sind doch mittlerweile Dimensionen weit über bisherige Regierungen und deren Umfeld erreicht. Die Demokratiegefährdung durch eine solche Entwicklung bedarf wohl keiner ausführlicheren Erläuterung. Gleichwohl besteht hinsichtlich eines gesonderten Gesichtspunktes noch Unklarheit: Wer verfügt im Konfliktfall über die eigentliche Macht? Denn bereits jetzt zeichnen sich auch Differenzen bei aktuellen Entwicklungen ab, die zwischen dem Präsidenten und den "Superreichen" bestehen. So schaden die gegenwärtigen handelspolitischen Kriegserklärungen durch Trump letztendlich der US-Wirtschaft, was auch nicht dem ökonomischen Interesse der erwähnten "Superreichen" entspricht. Hier artikulieren sich zwischen den Akteuren auch erste Konfliktlinien, die aber lediglich zwischen Autokrat und Oligarchen bestehen.

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