Teil 1: Killerspiele - was ist das?

Spiele machen Mörder? Man möchte es nicht glauben. Und das sollte man auch nicht.

"Die Industrie des Hasses produziert Software für Massaker, die harmlose Jugendliche in gewissenlose Massenmörder verwandeln können."

Dieser hoch emotionale Satz fasst die damalige Position von Frank Schirrmacher (FAZ) zusammen (vgl.: Florian Rötzer: Virtuelle Welten - reale Gewalt, Seite 10-11), der 2003 das Attentat von Erfurt kommentierte: Ein ehemaliger Schüler des Gutenberg-Gymnasiums tötete 16 Menschen, darunter Lehrer, Schüler und Polizisten, anschließend sich selbst. Praktisch jeder Fernsehsender, auch viele Zeitungen und Nachrichtenmagazine, nahmen dies zum Anlass, ihren Zuschauern und Lesern ihre Fantasien zu erzählen. Märchen von bösen Männern, die böse Spiele machen, um sie an unschuldige Seelen zu verkaufen und viel, viel Geld damit zu scheffeln. Damals war der Mut einzelner Autoren und Wissenschaftler hervor zu heben, die sich diesem unterirdischen Niveau von Medien und Politik entgegen stellten und sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigten. Hier sollen nun ihre Ergebnisse vorgestellt werden, diesmal ohne viel Fachsprache.

Dies soll in einer 4-teiligen Artikelreihe geschehen, die das Thema angemessen beleuchtet, um Klarheit zu schaffen über das Verhältnis von Fantasie und Realität, um eine Antwort zu geben auf die Frage, welche Auswirkungen Mediengewalt tatsächlich auf die menschliche Psyche haben kann, wobei in diesem jungen Forschungsgebiet kein Konsens besteht. Dennoch ist es möglich, eine logische Interpretation der bisherigen Forschungsergebnisse zu bieten und einige schwerwiegende Fehldeutungen aufzudecken. Die wichtigsten Quellen stammen dabei aus den Bereichen Psychologie und Kulturwissenschaften. Es geht um Macht und Kontrolle, um Krieg und Blut, aber es geht auch um Kunst, um Menschlichkeit und um die Liebe von Eltern zu ihren Kindern. Eines ist also garantiert: Es bleibt spannend!

 

Verbieten - was eigentlich?

Was hat sich seit Erfurt geändert? Diesmal ist der Stein des Anstoßes "Der Amoklauf von Emsdetten", um es einmal in Mediensprache auszudrücken. Man sollte dieses Ereignis nicht klein reden, 37 Menschen sind dabei verletzt worden, drei davon schwer - und zwar von einem anderen Menschen, nicht von einer Bestie, einem Monster, einem dreiköpfigen Seeadler oder von einer anderen mythologischen Gestalt. Die Reaktionen von Medien und Politik müssen im Kontext von Erfurt gesehen werden, unter anderem, weil sie sich zwar inhaltlich ähneln, die Medien jedoch insgesamt ausgewogener berichten, also dazu gelernt haben, während die Bundesregierung so verantwortungslos vorgeht, wie es nur möglich ist. Prinzipiell ist alles beim Alten geblieben: Die üblichen Verdächtigen aus den Reihen der CDU/CSU, diesmal auch aus Reihen der SPD, spucken Gift, Galle und die populistische Forderung: „Killerspiele verbieten!" Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sagte dazu in einem Interview mit Spiegel Online: "Viele dieser Spiele vermitteln eine Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben. Wenn solche Wirkungen feststellbar sind - und die Wissenschaft tut das - dann muss man darauf reagieren." Was die Wissenschaft tatsächlich feststellt, werden wir noch im Verlaufe der Artikelreihe erfahren. Währenddessen stellt man ein paar selbsternannte Experten vor die Kamera, wiederholt standardisierte Phrasen und so weiter und so fort. „Same procedure as every year", möchte man fast sagen. Wenn das die Art und Weise sein soll, wie auf derartige Taten reagiert wird, dann ist vielleicht wirklich bald jedes Jahr ein Amoklauf zu befürchten.

Warum eigentlich sollen „Killerspiele" für die Tat von Bastian B. verantwortlich gewesen sein? Etwa nur deshalb, weil er solche Spiele besaß? Bastian hatte gewiss auch Hemden, Taschen und Zimmerwände. Er befand sich sicherlich auch im Besitz von Softdrinks. Sind Softdrinks der Grund für den Amoklauf? Hatte Bastian womöglich eine falsche Socke an, eine Killersocke? Oder sind Computerspiele doch gefährlicher als Socken? Zunächst einmal zur Begriffsklärung: Was ist ein „Killerspiel"? Bis heute weigern sich die Urheber der CSU-stämmigen Wortneuschöpfung, sie näher zu definieren. Kein Wunder, denn wie sie in zahlreichen Interviews bewiesen hat, kennt sich die Truppe rund um Beckstein und Stoiber weder mit Computerspielen aus, noch mit der zugehörigen Gesetzgebung, die in Deutschland strenger ist als in jedem (!) anderen Land auf diesem Planeten. Ergo: Wir kennen unseren Untersuchungsgegenstand nicht. „Killerspiele" sind halt so Spiele, da wo man schießen muss und Blut fließt. Auf dieser Basis kann man nicht arbeiten, deshalb wird Teil 1 der Artikelreihe auf das Thema "Video - und Computerspiele" eingehen.

 

Wer spielt "Killerspiele"?

Zunächst einmal ein kurzer Überblick über den Videospiele-Markt: Am ersten Juni 2004 wurden 415 Millionen Spielekonsolen weltweit verkauft. Dazu kommen noch PCs, die für Spiele genutzt werden, was viele hundert Millionen zusätzliche Spieler ausmacht. Der Computerspielemarkt wächst nach wie vor, nicht zuletzt wegen Erfolgstiteln vom Schlage eines World of Warcraft oder Half Life 2. Laut einer Studie der gfk (Gesellschaft für Konsumforschung) über den deutschen Spielemarkt, sind 25-30 % der Spieler unter 19 Jahre alt, während 20 % zwischen 20 und 30 Jahre alt sind und 50 % die Grenze von 30 Jahren überschreiten. Damit sollten gewissen Politikern die Schuppen von den Augen (und Haaren) fallen, denn es handelt sich hier um Wähler, die sie als potenzielle Massenmörder brandmarken. Ein Drittel der 20 000 Teilnehmer umfassenden Studie hatte einen Hauptschulabschluss oder Abitur - dumme, Junk-Food-konsumierende Jugendliche haben wir also nicht vor uns.

Die Anzahl von Konsumenten gewalthaltiger Spiele ist unklar, was wohl an der Tatsache liegt, dass es keine allgemeingültige Definition von Gewalt gibt. Eine Studie der UCLA von 1998 soll laut populärer Lesart beweisen, dass ein Kind, bis es die Grundschule verlässt, schon 6000 brutale Tode im Fernsehen gesehen habe. In seinem Buch "Killing Monsters" zeigt Gerard Jones, dass es sich vielmehr um die Zahl der Tode handelt, die ein Kind hätte sehen können, wenn es sich jede Sendung und jeden Film angetan hätte, in denen solche Tode vorkommen. Tatsächlich wird das Kind wahrscheinlich nicht einen Tod gesehen haben, weil es sich lieber die Tele-Tubbies anschaut. Eine Harvard-Studie von 2001 zeigt angeblich, dass 60 % der Videospiele, welche die Alterskennzeichnung "Für alle" (E-rating) tragen, Gewalt enthalten. Dabei wurde allerdings Gewalt mitgezählt, wie etwa Pac Mans Verspeisen von Geistern oder Schwanzschläge von der Cartoonfigur Gex the Gecko (vgl.: Gerard Jones: Killing Monsters. Seite 54-55).
Angesichts dessen, dass solche abwegigen Definitionen in einer ernsthaften Argumentation nichts verloren haben, verwende ich die "brutale" Definition von Gewalt: Gewalt meint die Erzeugung sichtbarer Verletzungen auf einem Körper, der menschlich oder menschenähnlich aussieht. Tiere sind selten Ziele virtueller Flinten und wenn es der Fall ist, regt sich darüber komischerweise niemand auf. An sich ein interessanter Untersuchungsgegenstand, dennoch muss er hier außen vor bleiben.

Mit dieser Definition von Gewalt können wir nun untersuchen, in welchen Spielegenres Gewalt vorkommt, obgleich nicht notwendigerweise jedes der zugehörigen Spiele Gewalt enthält.

 

Videospiele

Beginnen wir mit dem Rollenspiel. Normalerweise handeln Rollenspiele in einer Fantasiewelt und erzählen eine epische Geschichte mit mehr oder minder glaubwürdigen Charakteren. Der Spieler muss seine Figur oder seine Gruppe durch Kämpfe aufleveln, also ihre Fähigkeiten verbessern und eine Strategie ausarbeiten, wie er Monster oder menschenähnliche Feinde besiegen kann. Es gibt mindestens zwei Arten von Rollenspielen: Die erste Kategorie ist sehr strategisch, mit einem langsamen Spielfluss und erfordert logisches und kreatives Denken. Dazu zählt zum Beispiel die Final-Fantasy-Reihe, wobei es noch erhebliche komplexere Werke gibt. Richtig brutal geht es hier im Regelfall nicht zu. Die zweite Kategorie heißt Action-Rollenspiel und unterscheidet sich von Kategorie 1 durch Kämpfe in Echtzeit, welche viel schneller und gewalthaltiger sind, außerdem ist das Genre weniger komplex. Populärster Vertreter ist nach wie vor Diablo und dessen Nachfolger.

Das zweite verdächtige Genre nennt sich Action-Adventure (aktionsreiches Abenteuer). Hier sieht der Spieler seinen Charakter für gewöhnlich aus der Verfolgerperspektive, also von hinten und leicht von oben. Er muss simple Rätsel lösen, wie das unter Spielern inzwischen verhasste Kistenschieben. Diese Rätsel wechseln sich mit Kämpfen ab, normalerweise gegen Fantasiekreaturen, aber manchmal auch gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen. Populärster Vertreter dieses Genres ist ein Spiel, das inzwischen jedem ein Begriff sein dürfte: Tomb Raider, mit Hauptcharakter Lara Croft. Eine weibliche, kämpferische Heldin, besonders beliebt übrigens bei Kulturwissenschaftlern. Natürlich nur als Untersuchungsgegenstand.

Ein anderes gewalthaltiges Genre ist das Beat 'em up. Zwei oder mehr Gegner bekämpfen sich durch nachgeahmte oder fiktive Kampfstile, zum Beispiel Martial-Arts-Techniken. Während sich in Dead or Alive vollbusige Schönheiten ohrfeigen, geht es in Mortal Kombat richtig zur Sache: Dort kann man Gegner am Ende der Kämpfe durch "Finishing-Moves" in ihre Bestandteile zerlegen, allerdings stets - typisch Splatter - überzogen und fast zum Lachen. Trotzdem sind die ersten Teile der Serie in Deutschland verboten ("beschlagnahmt").

Natürlich muss auch der legendäre Ego-Shooter erwähnt werden: Der Spieler verfolgt das Geschehen aus der Ich-Perspektive, sieht also von seiner Spielfigur nur die Waffe. Er muss einfache Rätsel lösen, etwa Schlüssel finden oder Schalter aktivieren. Der überwiegende Teil dieser Spiele besteht aus dem Bekämpfen von Monstern, Außerirdischen, Menschen oder sonstigen Lebensformen, manchmal auch von Robotern. Die eigentliche Kunst besteht allerdings darin, die eigene Spielfigur vor einem zu schnellen Bildschirmtot zu bewahren. Das vieldiskutierte, obgleich eher harmlose, Counterstrike ist ein taktischer Online-Ego-Shooter.

Das letzte Genre ist streng genommen kein Genre, sondern ein Thema: Die Kriegs-Simulation, oder auf Pädagogen-Deutsch: Das Kriegsspiel. Zunächst einmal: Jedes gute Spiel muss Spaß machen, das ist das zentrale Ziel eines Spieledesigners, meist das einzige. Aus diesem Grunde sind Kriegs-Simulationen niemals wirklich Simulationen eines Krieges. Kriege machen nämlich keinen Spaß, was manche regierungsamtliche Rohstoffsammler offenbar noch nicht so ganz begriffen haben. Kein halbwegs vernünftiger Mensch möchte Glauben gemacht werden, dass er an einem echten Krieg teilnimmt. Darum werden in diesen Spielen fast immer Opfer und Schmerzen ausgeklammert. Kriege sind hier saubere High-Tech-Protzereien, manchmal sollen sie Waffen und das Militär bewerben, wie im Falle von Soldier of Fortune von John Mullins, einem ehemaligen Söldner und Produzent eines Waffen-Magazins. Die amerikanische Armee entwickelt sogar selbst Rekrutierungs-Spiele wie America's Army, mit denen sie sich explizit an Jugendliche richtet.

Zunächst einmal gibt es noch etwas zu sagen über Gewalt in Film und Fernsehen. Schließlich ist auch das Fernsehen noch nicht alt genug, um von wilden Verdächtigungen verschont zu bleiben.

 

Film und Fernsehen

Die bekannteren Filmgenres, die Gewalt enthalten, sind unter anderem: Action, Science-Fiction, Horror, Mystery und historische Filme. Während diese keine nähere Erklärung benötigen, erfordert die weltweite Zensur der Gewalt in Fernsehnachrichten eine breitere Darlegung. Die Gründe für diese Form der Zensur sind: Rücksichtnahmen auf die Angehörigen der Opfer, das Vorhaben, die Zuschauer nicht zu schockieren, oder eben auch politische Gründe, wie die Glorifizierung von Krieg durch das Ausblenden von Opfern.

Von diesen weithin bekannten Fernseh- und Filmgenres abgesehen, gibt es ein weiteres, ein sehr spezielles: Das Splatter-Genre. Es besteht überwiegend aus Independent- oder Low-Budget-Produktionen, die eines gemeinsam haben: Sie zeigen sehr explizit Gewalt, oft in Nahaufnahme. Meist ist die dargestellte Gewalt überzogen, wodurch ein Verfremdungseffekt eintritt. Beispiele für diese Gewalt sind: Abgesägte Körperteile, die durchs Bild fliegen, Nägeln in Augen, Körper, die ihn Säure aufgelöst werden oder einfach nur brutale Schießereien. Man fragt sich unwillkürlich, warum jemand solche Filme produzieren sollte und die Gründe sind mannigfaltig: Manchmal soll der Schockeffekt eines Horrorfilms verstärkt werden, wie zum Beispiel in Sam Raimis (u. a. Spiderman) The Evil Dead von 1982, ein Klassiker des Genres, der einen festen Platz im Museum of Arts in New York inne hat und hierzulande immer noch verboten ist. Auch zur Verstärkung des Schockeffekts setzt George A. Romeros Dawn of the Dead von 1979 diese extreme Gewalt ein. Allerdings ist vor allem dieser Film für seine Gesellschaftskritik bekannt und soll ein Plädoyer gegen die oberflächliche Konsumgesellschaft und eine Abrechnung mit Vietnam darstellen. Ein anderes Ziel ausartender Gewalt in Filmen kann ein humoristischer Effekt sein, tatsächlich gibt es so etwas wie Slapstick-Splatterfilme. Bekanntestes Beispiel ist Peter Jacksons (u. a. Der Herr der Ringe) Braindead von 1992, eine bizarre, ultra-brutale Groteske mit Monty-Python-inspiriertem Humor. In England ist der Film für Kinder ab zwölf Jahren freigegeben, während er hierzulande verboten ist. Genauer bedeutet Beschlagnahmung, dass der Erwerb und Verkauf eines Produktes unter Strafe stehen, der Besitz ist aus rätselhaften Gründen legal. Die Strafe für den Verkauf beschlagnahmter Filme schlägt mit bis zu 50 000 Euro zu Buche. Die rechtliche Grundlage der Beschlagnahmung in derartigen Fällen, ist strittig. Unstrittig ist zum Beispiel die Beschlagnahmung von Nazi-Propaganda, wobei allerdings das Verbot von Hakenkreuzen und der zunehmenden Menge von Ersatzsymbolen kritisiert wird. So musste etwa das Hakenkreuz vom DVD-Cover des Films Der Untergang entfernt werden, obwohl es fester Bestandteil des Stoffes ist und im Film selbst vorkommen darf.

 

Comics

Gewalt kann auch problemlos in Comic-Heften wie Asterix gefunden werden, in denen Römer verprügelt werden, oder in amerikanischen Superhelden-Comics, wo es fiesen Schurken an den Hals geht. Dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird, dürfte auffallen. Ein so oberflächliches Kriterium wie "Gewalt" ist schlicht unbrauchbar für die Einschätzung der Jugendtauglichkeit, denn zweifellos gibt es große Unterschiede zwischen Braindead und Asterix. Aus diesem Grunde haben USK und FSK weitaus komplexere Kriterien zur Einstufung von Filmen entwickelt, welche durch unreflektierte Verbotsforderungen von hilflosen Politikern boykottiert werden.

 

Klassische Literatur

Auch „hohe Literatur" enthält nicht selten Gewalt, man erinnere sich zum Beispiel an die Eröffnungsszene von Romeo und Julia in den Straßen von Verona, wo ein Fechtkampf ausgetragen wird. Michael Moore stellte die ironische Frage, ob man nicht Shakespeare verbieten müsse, weil sonst die Gefahr bestünde, dass sich Kinder mit Degen erstechen. In der Summe bietet Literatur erheblich mehr Gewalt, als alle anderen Medienprodukte zusammen, schließlich existiert sie schon viel länger als die moderne Konkurrenz. Wenn wir die Gewalt in der Literatur betrachten, fällt uns etwas sehr Wichtiges auf: Sie war schon immer da. In praktisch jeder Kultur, zu allen Zeiten, spielte Gewalt eine bedeutende Rolle in der menschlichen Fantasie. Sei es in der griechischen Mythologie, in der Götter ihre Verwandten aufessen, oder in moderner Literatur wie Bret Easton Ellis' American Psycho, in welchem ein Geschäftsmann der Reagan-Ära scheinbar Frauen ermordet. Dieses Buch wird aufgrund angeblicher Frauenfeindschaft auf dem Index gelistet, während die Verfilmung ab 16 Jahren frei gegeben ist. Bei der deutschen Erfindung Index jugendgefährdender Medien handelt es sich um eine Liste von Medienprodukten, die nicht an Leute unter 18 Jahren verkauft, außerdem nicht beworben oder öffentlich ausgestellt werden dürfen. Was ebenfalls auffällt: Es hat auch schon immer Leute gegeben, die gewalthaltige Kulturgüter verbieten wollten, ob Gemälde, Bücher oder Sonstiges.
Nur hingewiesen werden soll in diesem Zusammenhang darauf, dass auch das „Buch der Bücher" - die christliche Bibel - vor den Gewalttätigkeiten und Morden (Genozid, Menschheitsvernichtung) eines eifersüchtigen Gottes überbordet und auch das „friedliche" Neue Testament die Ungläubigen u. a. mit dem „Verbrennen in den Öfen" bedroht und nach den Kriterien der BPJM (BundesPrüfstelle für Jugendgefährdende Medien) eigentlich schon lange auf den Index gehören würde.

 

Medienkompetenz

Erheblich wichtiger als das Verbot von Kunstwerken ist jedoch die Vermittlung von Medienkompetenz: Die Fähigkeit, nützliche Informationen von unwichtigen oder falschen Informationen zu unterscheiden, auch die Fähigkeit, die Realität von dem zu unterscheiden, was uns andere als real, oder sogar als natürlich, verkaufen wollen. Zum Beispiel geht es darum, die objektive Wahrheit, so weit wir sie überhaupt erfassen können, aus dem Chaos an Informationen heraus zu filtern, das die Nachrichtensender aus einer bestimmten Perspektive darstellen. Eine wirkliche Neutralität kann es nicht geben, schließlich muss immer zugunsten einer Information und ihrer Darstellung auf andere Informationen und Darstellungsmöglichkeiten verzichtet werden. Man sieht das zum Beispiel an Talkshows zum Thema „Killerspiele", wo die Programmgestalter entscheiden müssen, wen sie einladen. Reicht es zum Beispiel, einfach Vertreter der staatlichen BPJM einzuladen oder sollte man lieber Experten bemühen? Medienkompetenz meint vor allem die Bildung eines kritischen Verstandes. In einer Welt, die jede Erklärung und Interpretation anbietet, die man sich vorstellen kann, gibt es kaum eine Fähigkeit, die wichtiger wäre als diese. Vor allem die Werte-Entwicklung erfordert Medienkompetenz.

 

Ausblick

In Teil 2 der Artikelreihe zum Thema Mediengewalt geht es um den Unterschied zwischen Fantasie und Realität und um die Frage, warum es Gewaltdarstellungen in Kunst und Medien überhaupt gibt.

 

 

Andreas Müller

 

 

 

Quellen (Teil 1)

Florian Rötzer: Virtuelle Welten - Reale Gewalt, Verlag Heinz Heise, Hannover, 2003

Gerard Jones. Killing monsters: why children need fantasy, super heroes and make-believe violence, Basic Books, United States of America, 2002

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