„Es war eine schwierige Geburt"

FRANKFURT. (hpd) Als Abschluss der Reden auf dem Festakt zum 200. Geburtstag von Charles Darwin trug der Schauspieler Walter Gontermann „Darwins Dankesrede" vor. Ein Text von Michael Schmidt-Salomon. 1)

 

 

 

 

 

 





 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke Ihnen herzlich für diesen schönen Festakt, für die freundlichen Worte und die brillanten Analysen, durch die ich viel hinzugelernt habe. Es ist ein Genuss, zu sehen, wie sehr sich die Evolutionstheorie seit meinem Tod weiterentwickelt hat und wie überwältigend heute die Belege sind, die die Theorie der natürlichen und sexuellen Selektion stützen.

Wie Sie vielleicht wissen, habe ich es mir dereinst mit der Formulierung der Evolutionstheorie nicht leicht gemacht. Es war eine schwierige Geburt. Dabei hatte alles so rasant angefangen. Schon 1839 hatte ich ein klares Konzept von meiner Theorie (2), 1844 hatte ich dazu sogar einen 230seitigen Text verfasst, der alle wesentlichen Gedanken meines Buchs „Über die Entstehung der Arten" enthielt.(3) Und doch kam das „Arten-Buch" erst 15 Jahre später, im November 1859, auf den Markt. Sehr wahrscheinlich hätte ich die Veröffentlichung sogar noch weiter hinausgezögert, wäre da nicht im Sommer 1858 jener berühmte Brief von Alfred Russell Wallace eingetroffen, der unabhängig von mir ganz ähnliche Ideen entwickelt
hatte.(4)

Weshalb wartete ich so lange mit der Veröffentlichung der Evolutionstheorie? Nun, mir war die enorme Tragweite der Theorie der natürlichen Selektion von Anfang an bewusst. Und ich war ein äußerst vorsichtiger Mensch, der nicht nur alles penibel belegen wollte, sondern der auch ein wenig Angst vor der eigenen Courage hatte. Ich befürchtete nicht nur, durch eine voreilige Publikation meinen Ruf als Wissenschaftler zu ruinieren, ich hatte auch großen Respekt vor den Angriffen von religiöser Seite.(5) Denn dass die Evolutionstheorie in schärfstem Gegensatz zur christlichen Schöpfungslehre stand, war unübersehbar.

Ich muss gestehen, dass ich anfangs selbst Probleme hatte, den weltanschaulichen Schock zu verarbeiten, der mit der Theorie der natürlichen Selektion einherging. Immerhin war ich als frommer Christ auf meine Reise mit der Beagle aufgebrochen. Ich weiß noch, wie etliche Schiffsoffiziere über mich lachten, weil ich die Bibel als unanfechtbare Autorität in einer Frage der Moral zitierte.(6) Im Grunde war ich damals gar nicht willens, meinen Glauben aufzugeben,(7) doch was ich in der Natur entdeckte, war, wie ich es auch drehte und wendete, einfach nicht mehr in Einklang mit dem zu bringen, was uns die Religion zu glauben lehrte. So beschlich mich der Unglaube ganz langsam, am Ende aber war er unabweisbar und vollständig.(8)

Doch wenn es selbst mir so schwer fiel, die weitreichenden Konsequenzen der Evolutionstheorie zu verdauen, wie viel schwerer musste es erst jenen fallen, die nicht gesehen hatten, was ich sehen durfte?! Hatte ich das Recht, sie in eine Glaubenskrise zu stürzen? Durfte ich ihnen die Illusion nehmen, die Krönung einer göttlichen Schöpfung zu sein? Wie würden sie reagieren, wenn man ihnen darlegte, dass wir Menschen bloß eine vorübergehende, durch blinde Selektionskräfte hervorgebrachte, affenartige Lebensform sind?

Versuchen Sie, sich vorzustellen, was es bedeutet, eine solch weit reichende Idee jahrelang mit sich herumzutragen, ohne dies der Umwelt mitteilen zu können! Es war eine enorme psychische Belastung! Die Theorie zu veröffentlichen, das erschien mir 1844 so, als ob man einen Mord gesteht. (9) War es ein Zufall, dass sich mein Gesundheitszustand kurz nach der ersten Skizzierung der Selektionstheorie so dramatisch verschlechterte? Es mag ja sein, dass ich mir Helicobacter pylori eingefangen hatte oder irgendeine tropische Krankheit, aber ich bin überzeugt, dass diese ständige Übelkeit, die Schlaflosigkeit, die Schwindelgefühle, diese Schwächezustände nicht zuletzt auch psychisch bedingt waren. (10) Die Sorge um die Konsequenzen, die sich aus der Veröffentlichung der Evolutionstheorie ergeben könnten, schlug mir so sehr auf den Magen, dass ein normales Leben kaum mehr möglich war.

Leider konnte ich diesem inneren Konflikt auch zuhause nicht entrinnen. 1839 hatte ich meine Cousine Emma Wedgwood geheiratet. Emma war eine kluge Ratgeberin (11) und wunderbare Ehefrau, die die Kinder und auch mich, ihren ständig kränkelnden Ehemann, liebevoll umsorgte. Sie war mein größter Segen, und ich kann nur bestätigen, dass ich sie in meinem ganzen Leben nicht ein einziges Wort habe sagen hören, das besser ungesagt geblieben wäre (12). Doch bei all ihren charakterlichen Vorzügen war Emma leider auch eine gläubige Christin, was meine Gewissensbisse ungemein verstärkte. Sie werden es vielleicht seltsam finden, aber ich muss gestehen, dass ich die Veröffentlichung der Evolutionstheorie auch deshalb vor mir her schob, weil ich meine Ehe nicht aufs Spiel setzen wollte. Glauben Sie mir: Es sind durchaus nicht immer tiefsinnige, theoretische Erwägungen, sondern auch solche scheinbaren Banalitäten des Alltags, die das Denken und Handeln eines Forschers bestimmen...

Immerhin: Emma war glücklicherweise tolerant genug, um mir meine ketzerischen Überlegungen nicht allzu übel zu nehmen. Sie konnte sich allerdings nie dazu überwinden, ihr Bekenntnis über Bord zu werfen. Obwohl sie es eigentlich besser hätte wissen müssen, hielt sie zeitlebens an ihrem Kinderglauben fest. Logisch war diese Kombination aus Wissen und Glauben zwar nicht, aber psychologisch kann man ihr Verhalten nachvollziehen. Emma war, wie so viele andere Menschen auch, ein Opfer frühkindlicher Prägung. Ich habe über dieses Phänomen viel nachgedacht. Um zu verstehen, warum so viele Menschen wider aller Plausibilität an Gott glauben, sollten wir, wie ich einst schrieb, „die Möglichkeit nicht außer acht lassen, dass das kindliche, noch nicht voll entwickelte Gehirn stark geprägt wird, vielleicht schließlich eine ererbte Prägung davonträgt, indem Kindern ständig der Glaube an Gott eingeimpft wird, so dass es für sie ebenso schwer [ist], diesen Glauben an Gott abzuschütteln, wie für einen Affen, seine instinktive Angst vor Schlangen abzuschütteln."(13)

Verstört Sie diese Passage aus meiner Autobiographie? Emma jedenfalls war sehr verstört und sorgte dafür, dass die Stelle aus meinen Memoiren gestrichen wurde. Sie begründete dies damit, dass meine Auffassung, alle Moralität habe sich durch Evolution entwickelt, sie persönlich schmerze. Vor allem aber ging es ihr darum, zu verhindern, unsere religiösen Freunde und Verwandten durch meinen despektierlichen Vergleich von Gläubigen und Affen zu schockieren. Also griff sie liebevoll zensierend in den Text ein, um auf diese Weise, wie sie in einen Brief an unseren Sohn Francis schrieb, Admiral Sullivan, Tante Caroline und vielen anderen Kummer zu ersparen.(14) So war sie, meine Emma...

Bedauerlicherweise war dies nicht die einzige Passage, die Kummer hätte verursachen können. So hatte ich u.a. ausgeführt, dass mein Abschied vom Christentum nicht allein durch wissenschaftliche, sondern auch durch ethische Gründe bedingt war. „Ich kann nun wirklich nicht einsehen", schrieb ich, „warum sich jemand wünschen sollte, das Christentum sei wahr; wenn es nämlich wahr wäre, dann, das scheint mir die Sprache des Textes unmissverständlich zu sagen, würden alle Menschen, die nicht glauben, also mein Vater, mein Bruder und fast alle meine nächsten Freunde, ewig dafür büßen müssen. Und das ist eine verdammenswerte Doktrin."(15) Wie Sie sich vorstellen können, fiel auch diese Textstelle mit Rücksicht auf Tante Caroline der liebevollen Familienzensur zum Opfer...

Warum erzähle ich Ihnen diese Anekdoten aus meiner Familiengeschichte? Weil sie, ähnlich wie die heftigen, weltweiten Debatten um die Evolutionstheorie, zeigen, dass meine anfänglichen Befürchtungen alles andere als unbegründet waren. Die Evolutionstheorie war eben nicht nur ein faktenbasiertes wissenschaftliches Theoriegebäude, sondern zugleich ein Generalangriff auf hart umkämpfte Glaubensburgen. Es war zu erwarten, dass sich Gläubige durch die Erhellung ihrer Irrtümer in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen würden. Dennoch erstaunt mich, dass der Streit zwischen Evolutionisten und Schöpfungsgläubigen noch immer derart akut ist, obgleich im Zuge der Forschung doch so unendlich viele Fakten angehäuft wurden, die eindeutig für einen ziellosen evolutionären Prozess und gegen eine planmäßige Schöpfung sprechen. Offensichtlich ist es nur sehr schwer möglich, Menschen mit Argumenten von Überzeugungen abzubringen, zu denen sie nicht durch Argumente gefunden haben...

Allerdings sollte man sich durch solche Ignoranz nicht entmutigen zu lassen! 150 Jahre Evolutionstheorie reichen einfach nicht aus, um diese langlebigen Mythen zu entzaubern, die über Jahrtausende hinweg das Denken und Handeln der Menschen bestimmt haben. Immerhin: Wie ich gehört habe, vertraut hier in Deutschland mittlerweile die überwältigende Mehrheit der Menschen den Aussagen der Evolutionstheorie statt dem biblischen Schöpfungsmythos. Das ist ein bemerkenswerter Erfolg! Freilich heißt das nicht, dass man die Hände nun in den Schoß legen könnte. Schließlich ist nicht auszuschließen, dass sich am Ende doch kreationistische Wirrköpfe durchsetzen werden. Bleiben Sie also wachsam! Und: Lassen Sie sich bitte nicht dadurch ausbremsen, dass man Ihnen vorwirft, Ihr Einsatz für die Evolutionstheorie sei nicht „weltanschaulich neutral".(16) Natürlich ist er das nicht! Wäre die Evolutionstheorie „weltanschaulich neutral", hätte ich mir vierzig Jahre Magenschmerzen doch glatt ersparen können!

Im Ernst: Wer die Evolutionstheorie verstanden hat, der weiß, dass sie mit traditionellen Glaubenssystemen nicht zu vereinbaren ist. So einfach - und zugleich so schwierig! - ist das! Ob man will oder nicht, man muss eine Wahl treffen: Entweder Evolution oder Schöpfung, Aufklärung oder Obskurantismus, wissenschaftliches Wissen oder religiöser Glaube. Sämtliche Versuche, das eine mit dem anderen zu verbinden, sind gescheitert. Was mich auch nicht verwundert, denn: Ein bisschen schwanger sein, geht nicht! Man muss sich schon entscheiden, welchem Pfad man folgen will. Was mich angeht, so glaube ich, dass ich richtig gehandelt habe, als ich mein Leben unbeirrbar der Wissenschaft widmete.(17)

Die wissenschaftliche Methode, die Methode des kritischen Zweifels, ist ohne Zweifel das beste Erkenntnisprinzip, das unsere Art bislang hervorgebracht hat. Diese Methode hat die Menschheit von vielen Irrtümern befreit, unseren Blick auf uns selbst und die Welt kolossal erweitert. Woher rührt dieser bahnbrechende Erfolg der Wissenschaften? Meines Erachtens daher, dass sie im Unterschied zu den Religionen keine unantastbaren Dogmen und auch keine unfehlbaren Säulenheiligen kennen, sondern darauf ausgerichtet sind, die Aussagen selbst der bedeutendsten Wissenschaftler jederzeit in Frage zu stellen und aus ihren Fehlern zu lernen.(18) So war es auch in meinem Fall. Auch ich habe mich in zahlreichen Punkten geirrt,(19) aber nachfolgende Forschergenerationen haben diese Irrtümer erkannt und daraus ihre Schlüsse gezogen.

Und damit komme ich zu einem Punkt, der mir sehr am Herzen liegt: Der Begriff „Darwinismus" verschleiert leider, wie viele Forscherinnen und Forscher tatsächlich an der Entstehung der modernen Evolutionsbiologie und -theorie beteiligt waren. Das war ganz gewiss nicht allein mein Werk! Ich möchte deshalb nach 150 Jahren Evolutionsforschung dafür plädieren, den Begriff „Darwinismus" endlich fallen zu lassen! Wohlgemerkt: Ich plädiere dafür nicht nur, weil dies angesichts der großen Leistungen unzähliger kluger Menschen nur recht und billig ist und man mit 200 Jahren jegliches Eitelkeitsgebaren überwunden haben sollte. Ich sage es auch aus Selbstschutz: Denn für vieles, was als „Darwinismus" gehandelt wurde und wird, will ich meinen Namen nun wirklich nicht hergeben!

Von Karl Marx, der mir einst einen freundlichen Brief schrieb, ist überliefert, dass er nach einer Schilderung seiner vermeintlichen Theorien gesagt haben soll: „Alles, was ich weiß, ist, dass ich kein Marxist bin."(20) Ebenso könnte ich angesichts vieler vermeintlich „darwinistischer" Positionen sagen: „Alles was ich weiß, ist, dass ich kein Darwinist bin!" Dies gilt, wie Sie sich denken können, insbesondere in Bezug auf jene besonders abschreckende „Darwinismus"-Spielart, der das Wörtchen „Sozial" vorangestellt ist.

Dieser sog. „Sozialdarwinismus" ist mir ein Gräuel! Und ich wehre mich sehr entschieden dagegen, in irgendeinen Zusammenhang mit solchen Theorien gebracht zu werden!(21) Denn niemals - ich wiederhole: niemals! - habe ich ein „Recht des Stärkeren" postuliert, noch habe ich je behauptet, dass es in der Natur nur um einen erbarmungslosen Kampf gehe - und nicht auch um Kooperation und Liebe! Es ist ein merkwürdiges Phänomen, dass die vielen Druckseiten, die ich über sexuelle Zuchtwahl, über Liebe und Sympathie, über Hilfeleistungen bei Tieren und ihre sozialen Instinkte geschrieben habe, so nachhaltig ignoriert wurden, zum Teil bis in die Gegenwart hinein!(22)

Der sog. „Sozialdarwinismus" ist nicht nur eine wissenschaftliche Absurdität, da er die Verhältnisse in der Natur grob verzerrt, er steht auch im krassen Gegensatz zu meinen eigenen humanistischen Überzeugungen. Ich war stets der Meinung, dass die höchste Befriedigung sich einstellt, wenn man ganz bestimmten Instinkten folgt, nämlich den sozialen Instinkten. Wer zum Besten anderer handelt, wird die Anerkennung seiner Mitmenschen erfahren und die Liebe derer gewinnen, mit denen er zusammenlebt; und dieser zweite Gewinn ist ohne Zweifel die größte Freude auf dieser Erde.(23)

Ich habe oft, sehr oft bedauert, dass ich meinen Mitmenschen nicht mehr unmittelbar Gutes getan habe. Dafür habe ich nur eine einzige armselige Entschuldigung: meine oft schwache Gesundheit und meine geistige Konstitution, die es mir äußerst schwer machte, meine Aufmerksamkeit von einem Gegenstand zum anderen zu wenden. Ich hätte mir durchaus vorstellen können, mit hoher Befriedigung meine gesamte Zeit der Philanthropie zu widmen, aber eben nicht nur einen Teil davon, auch wenn das eine weit bessere Verhaltensweise gewesen wäre.(24)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss zum Schluss kommen - auch wenn vieles, sehr vieles, im Grunde noch gesagt werden müsste. Doch ich bin leider, Mensch sei's geklagt, ein sehr, sehr alter Mann, mit dem Sie Nachsicht haben müssen. Mit 200 Jahren, das werden Sie sicher verstehen, ist man einfach nicht mehr der Fitteste...

Mir bleibt noch, Ihnen alles erdenklich Gute für Ihre Zukunft zu wünschen. Sie leben in einer wirklich spannenden Zeit mit vielen Möglichkeiten, um die ich Sie beneide. Nutzen Sie bitte die Chancen, die sich Ihnen bieten! Bringen Sie unsere kulturelle Evolution voran! Forschen Sie weiter, lüften Sie die Geheimnisse dieser faszinierenden Welt und sorgen Sie dafür, dass das Leid auf diesem Planeten nicht Überhand gewinnt über die Freude...

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit...

 

 


Anmerkungen
(1) Die Rede wurde am 13.2.09 von dem Schauspieler Walter Gontermann auf dem Festakt zu Darwins 200. Geburtstag in der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt vorgetragen. Veranstalter des Festakts war das Darwin-Jahr-Komitee der Giordano Bruno Stiftung und der AG Evolutionsbiologie. Die kursiv gesetzten Passagen sind wörtliche Zitate Darwins. Bei den restlichen Stellen habe ich auf der Basis der Werke Darwins „fabuliert", was er denn möglicherweise gesagt hätte, wenn er tatsächlich am Frankfurter Festakt hätte teilnehmen können. Für Informationen zum Festakt sowie zum Darwin-Jahr insgesamt siehe: http://www.darwin-jahr.de.
(2) Charles Darwin: Mein Leben. Die vollständige Autobiographie. Frankfurt/M. 2008, S.134.
(3) Darwin hatte 1844 verfügt, dass dieses Manuskript im Falle seines Todes veröffentlicht werden sollte, vgl. u.a. Mathias Glaubrecht: „Es ist, als ob man einen Mord gesteht" - ein Tag im Leben des Charles Darwin. Freiburg 2009, S.161f.
(4) Hierauf weist Darwin selbst in seiner Autobiographie hin (siehe etwa S.134). Zur Frage, inwieweit Wallace' Beitrag zur Evolutionstheorie möglicherweise übergangen wurde, gibt es einen langjährigen wissenschaftlichen Disput, der insbesondere durch das Buch des Biologiehistorikers John Langdon Brooks („Just Before the Origin: Alfred Russel Wallace's Theory of Evolution") angeheizt wurde. Erhellende Darlegungen hierzu bei Glaubrecht (S,199ff.)
(5) Mathias Glaubrecht geht in seiner sehr lesenswerten Darwin-Biographie auf beide Aspekte ein.
(6) Darwin, Mein Leben, S.94
(7) A.a.O., S.96
(8) Ebenda
(9) So Charles Darwin 1844 in einem Brief an seinen Freund, den Botaniker Joseph Hooker, einem der wenigen Menschen, denen er sich vor der Veröffentlichung des Artenbuchs anvertraute.
(10) Zu Darwins rätselhafter Erkrankung gibt es zahlreiche Veröffentlichungen. Eine Infektion ist nicht unwahrscheinlich, allerdings ist zu beachten, dass sich schon bei Darwins Vorfahren Hinweise auf psychische Instabilität fanden. In Kombination mit Darwins Sorgen um seine Theorie und der Überfürsorglichkeit seiner Frau dürfte diese ererbte, schwache nervliche Konstitution zu einer verstärkten Symptomatik geführt haben.
(11) Darwin, Mein Leben, S.106
(12) A.a.O., S.105
(13) A.a.O., S. 102f.
(14) Brief Emma Darwins an Sohn Francis aus dem Jahr 1885, zitiert von Darwins Enkelin Nora Barlow im Anmerkungsapparat von Charles Darwin, Mein Leben, S.165.
(15) Darwin, Mein Leben, S.96.
(16) In der Tat bemühen heute renommierte Biologen und ebensolche naturwissenschaftlichen Institutionen erschreckend häufig das Argument, sie müssten die Evolutionstheorie „weltanschaulich neutral" vermitteln, um auf diese Weise eine Beschäftigung mit den weitreichenden weltanschaulichen Konsequenzen der Evolutionstheorie abzublocken.
(17) Darwin, Mein Leben, S.104
(18) Darwin argumentiert in seinen Lebensaufzeichnungen gewissermaßen im Sinne des „Prinzips der kritischen Prüfung": „Ich habe mich immer strebend bemüht, meinen Geist frei zu halten, so dass ich jede Hypothese wieder aufgeben kann, auch wenn sie mir noch so gut gefällt (...), sobald Tatsachen auftauchen, die sie widerlegen." (Darwin, Mein Leben, S. 153)
(19) So glaubte Darwin beispielsweise noch im Lamarckschen Sinne an eine Vererbung erworbener Eigenschaften. Diese These wurde erst nach Darwins Tod durch den deutschen Biologen August Weismann empirisch widerlegt.
(20) Karl Marx / Friedrich Engels: Werke (MEW), Bd.37, S.450
(21) Vgl. hierzu u.a. Franz Wuketits: Darwin und der Darwinismus. München 2005, S.93ff.
(22) Siehe etwa den Bestseller von Joachim Bauer: Das kooperative Gen. Abschied vom Darwinismus. Hamburg 2008. Bauer, der zuvor durchaus Substantielles zur Epigenetik und zur Bedeutung der sog. Spiegelneuronen veröffentlicht hat, gelingt hier das Kunststück, Darwins Theorie in den Boden zu kritisieren, ohne das Prinzip der sexuellen Selektion überhaupt zu thematisieren - nicht die einzige Sonderbarkeit dieses zu Unrecht gerühmten Buches. Man muss sich ernsthaft fragen, ob Bauer die zentralen Bücher Darwins (sowie die Veröffentlichungen des von ihm besonders kritisierten Richard Dawkins) wirklich gelesen hat. Verstanden hat er sie jedenfalls nicht.
(23) Darwin, Mein Leben, S.103
(24) A.a.O., S.104