Tag der genitalen Selbstbestimmung

Forderung nach verpflichtender Risikoaufklärung bei rituellen Beschneidungen

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Traditionelles jüdisches Beschneidungswerkzeug (im Jewish Museum (New York City)), 19. Jahrhundert
Traditionelles jüdisches Beschneidungswerkzeug (im Jewish Museum (New York City)), 19. Jahrhundert (CC BY-SA 2.0)

WIEN. (hpd) Sensibilitätsstörungen beim Geschlechtsverkehr durch die Verhornung der Eichel sowie psychische Probleme aufgrund des traumatisierenden Eingriffs – das können u.a. die negativen Folgen der Beschneidung (=Entfernung der Vorhaut) von Jungen und Babys sein. Die Risiken dieses keineswegs harmlosen Eingriffs sind viel zu wenig bekannt, er wird vielfach von Laien, oft immer noch ohne Narkose und ohne psychologische Vorbereitung des Kindes durchgeführt.

"Im muslimischen Kulturkreis werden Kinder mit ca 7 Jahren beschnitten und wissen dann oft nicht, was auf sie zukommt" erklärt der Allgemeinmediziner Dr. Rainer Brandl. Für die besonders schmerzempfindlichen Säuglinge (jüdischer Kulturkreis) stellt die Beschneidung ein Trauma dar, welches auch das Gehirn anhaltend schädigen kann.

Aus diesem Anlass fordern Ärzte heute, am weltweiten Tag der genitalen Selbstbestimmung, dass Eltern ausführlich über die Folgewirkungen und Risiken vor jedem Eingriff aufgeklärt werden und auch ein Formular unterzeichnen müssen, wo auf die Risiken und möglichen negativen Folgen der Vorhautamputation hingewiesen wird.

Dieses Formular ist v.a. bei jenen religiös motivierten Beschneidungen besonders wichtig, die von Nicht-Medizinern durchgeführt werden. Hier ist insbesondere darauf aufmerksam zu machen, dass dem Laien-Operateur jede medizinische Kenntnis fehlt und in den Beschneidungsräumlichkeiten bei Komplikationen keinerlei medizinische Infrastruktur vorhanden ist. In Spitälern wird ein solches Formular bereits vorgelegt, allerdings fehlen die Warnhinweise bezügl. Sexualstörungen wie etwa Orgasmusprobleme. "Ärzte, Krankenhäuser und Eltern, die eine Vorhautamputation ohne medizinischen Grund durchführen, laufen überdies Gefahr, von den später Erwachsenen mit zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen konfrontiert zu werden" warnt auch der Gynäkologe DDr. Christian Fiala.

Kölner Urteil – Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit

ÄrztInnen fordern ebenso ein gesetzliches Schutzalter von 16 Jahren für alle Beschneidungen, die aus nicht-medizinischen Gründen erfolgen. Sie kritisieren auch die Überwälzung der Kosten auf die Allgemeinheit. Religiös motivierte Beschneidung wird in Österreich vielfach auf Krankenschein, unter dem Vorwand, es handle sich um einen medizinisch indizierten Eingriff (Vorhautverengung, Phimose), auch in Spitälern durchgeführt.

Der weltweite Tag der genitalen Selbstbestimmung wird seit 2012, als das "Kölner Urteil" gefällt wurde, begangen. Dieses erfolgte, als bei einem vierjährigen Buben nach einer (ärztlich durchgeführten) Beschneidung schwere bleibende Komplikationen auftraten. Das Urteil wertet den medizinisch nicht-indizierten Eingriff als "Körperverletzung". Der Eingriff sei "nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt, weil er nicht dem Wohl des Kindes entspreche." Das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit überwiegt gegenüber dem Grundrecht auf Religionsfreiheit.