Finnland

Homophobe Bibel-Tweets: Staatsanwaltschaft will Berufung

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Helsinki
Helsinki

Während in Deutschland die Mehrheit es kritisch sieht, wenn Personen in politischen Ämtern aus der Bibel zitieren, darf in Finnland eine Politikerin sogar laut Gerichtsentscheid ein homophobes Bibelzitat über den Kurznachrichtendienst X (früher: Twitter) verbreiten. Nachdem das Urteil im November durch das Berufungsgericht bestätigt wurde, möchte die Staatsanwaltschaft nun eine erneute Überprüfung durch das Oberste Gericht erreichen. In der Anklage hatte sie eine Geldstrafe von vier Monatsgehältern gefordert.

Der Fall ereignete sich bereits 2019, als die konservative Politikerin Päivi Räsänen eine homosexuellenfeindliche Passage aus Paulus' Römerbrief (Röm 1,24 – 27) gemeinsam mit einem Bild und ihrem eigenen beifälligen Kommentar auf X postete. Darin stellte sie die rhetorische Frage, wie es mit der Bibel zu vereinbaren sei, "Schande und Sünde zum Stolz zu erheben". Dies ereignete sich im Vorfeld einer Pride-Parade in Helskinki, für die die Kirche ihre Unterstützung signalisiert hatte.

Weiter bezeichnete die Politikerin laut Anklage in einer Radiosendung Homosexualität – sofern sie angeboren sei – als eine Form genetischer Degeneration. Weil Räsänens Äußerungen zudem auf der Homepage der Evangelisch-Lutherischen Staatskirche veröffentlicht wurden, richtet sich die Anklage auch gegen Bischöfin Johana Pohjola.

Päivi Räsänen ist Mitglied der christdemokratisch-konservativen Kleinpartei (KD) und war von 2012 bis 2015 finnische Innenministerin. Im Prozess wird sie durch die christlich-konservative "Alliance Defending Freedom" (ADF) unterstützt. Die Organisation mit Hauptsitz in den USA ist berüchtigt für Musterprozesse zur Beschneidung der Rechte von LGBTQ-Personen.

Ein erster Prozess vor einem Bezirksgericht wegen "krimineller Hetze gegen eine Minderheitengruppe" endete 2022 mit einem Freispruch für die Politikerin. Das Gericht folgte damit der Verteidigung, die die Äußerungen durch die Rede- und Meinungsfreiheit gedeckt sah. Im November 2023 wurde diese Entscheidung durch ein Berufungsgericht in Helsinki bestätigt. Doch bereits kurz nach Urteilsverkündung gab die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Anu Mantila, bekannt, dass sie eine Überprüfung des Urteils durch die höchste Instanz befürworte.

Auch Räsänen hofft offenbar, einen Präzendenzfall zu inszenieren. Wenn notwendig, sei sie auch bereit, bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen, sagte Räsänen. Es bleibt abzuwarten, ob das Oberste Gericht den Berufungsantrag der Staatsanwaltschaft annimmt.

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