Die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) durch die Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 war ein Meilenstein in unserer Geschichte. Wie die Idee der Menschenrechte entstanden ist und warum wir sie verteidigen müssen, erklärt ein rund 20-minütiges Video, das die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) zum 75. Jubiläum der AEMR produziert hat.
Über weite Strecken ihrer Geschichte dachte die Menschheit in den beschränkten Kategorien der eigenen Familie, des eigenen Stammes, der eigenen Ethnie, der eigenen Religion oder der eigenen Nation. Die Menschenrechtserklärung von 1948 markiert daher eine wichtige zivilisatorische Zäsur. Denn mit ihr wurde erstmals auf höchster politischer Ebene klargestellt, dass alle Menschen "frei und gleich an Würde und Rechten geboren" sind (Art. 1) – und zwar "ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand " (Art. 2).
Die UN-Erklärung ist eines der bedeutendsten Dokumente aller Zeiten. Dennoch ist in der Öffentlichkeit nur wenig darüber bekannt, wie es zu dieser Erklärung gekommen ist. Aus diesem Grund nimmt der Philosoph Michael Schmidt-Salomon (gbs-Mitbegründer und -Vorsitzender) die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine Reise, die von dem chinesischen Philosophen Mo Ti, der vor 2.500 Jahren die erste Antikriegsschrift der Weltliteratur verfasste, über Thomas Jefferson und Thomas Paine, welche die Idee der Menschenrechte im 18. Jahrhundert bekanntmachten, bis zu dem berühmten Science-Fiction-Autor H.G. Wells ("Die Zeitmaschine", "Der Unsichtbare", "Krieg der Welten") führt, der maßgeblich dafür verantwortlich war, dass die Menschenrechtsdebatte im 20. Jahrhundert, 150 Jahre nach der Französischen Revolution, wieder aufgegriffen wurde.
Wells' Entwürfe zu einer Erklärung universeller Menschenrechte lagen den Mitgliedern der international besetzten UN-Kommission vor, als sie unter Leitung von Eleanor Roosevelt mit ihren Beratungen begannen. Unterstützung erhielten sie dabei vom damaligen Generaldirektor der UNESCO, dem britischen Evolutionsbiologen und Begründer des "evolutionären Humanismus" Julian Huxley, der einige Jahre zuvor zusammen mit Wells das voluminöse, mehrbändige Werk "The Science of Life" ("Die Wissenschaft des Lebens") herausgebracht hatte. Huxley kontaktierte Intellektuelle weltweit, um eine universalistische Begründung der Menschenrechte zu ermöglichen, was sich auch in der Präambel der Charta niederschlug.
Ein unerwarteter Impuls der Zivilgesellschaft
Mitte 1948 stand der Text der Erklärung weitgehend fest, doch die zunehmenden Spannungen zwischen Ost und West machten es immer unwahrscheinlicher, dass die Vereinten Nationen die Menschenrechtserklärung tatsächlich auch verabschieden würden. Dann allerdings erfolgte ein unerwarteter Impuls der Zivilgesellschaft, der inzwischen leider in Vergessenheit geraten ist und deshalb im aktuellen gbs-Video besonders herausgearbeitet wird: Am 19. November 1948 besetzten Aktivisten der "Weltbürger-Bewegung" die UN-Vollversammlung. Nach der Rede des jugoslawischen UN-Delegierten unterbrach der ehemalige Broadway-Star Garry Davis, der im Mai 1948 seinen amerikanischen Pass abgegeben und als staatenloser "Weltbürger Nr. 1" auf dem Gelände der UN-Versammlung kampiert hatte, die UN-Sitzung.
Die Aktion sorgte weltweit für Schlagzeilen – auch weil Davis vor Ort von den führenden Intellektuellen Frankreichs (u.a. Albert Camus und Jean-Paul Sartre), sowie aus der Ferne von Albert Einstein und Albert Schweitzer unterstützt wurde. Besonders stark war die Unterstützung in Paris, dem Versammlungsort der Vereinten Nationen. Tagelang belagerte die Pariser Bevölkerung das Palais de Chaillot, in dem die UN-Versammlung tagte, und setzte die Delegierten dadurch so sehr unter Druck, dass sie am 10. Dezember gar nicht anders konnten, als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zu verabschieden.
Die notwendige Verteidigung der Menschenrechte
Wie gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon betont, wäre heute ein ähnlicher zivilgesellschaftlicher Impuls abermals vonnöten, um die Menschenrechte gegen Putin, Trump, Erdoğan & Co, sprich: gegen die "Internationale der Nationalisten" zu verteidigen, "die von Moskau bis Washington eine gefährliche Mischung aus nationalem Chauvinismus und reaktionären religiösen Werten verbreitet." In der Abschlussmoderation des Videos heißt es dazu: "Die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte wird kaum durch Politiker erfolgen, die sich in erster Linie für nationale Interessen engagieren. Die Weltzivilgesellschaft muss hier Verantwortung übernehmen: Es liegt an uns, die Grenzen in den Köpfen zu überwinden."
Das gbs-Video "Die Menschenrechte: Wie sie entstanden sind und warum wir sie verteidigen müssen" wurde von Ricarda Hinz im virtuellen Studio vr3 in Düsseldorf produziert. Erstmalig nutzte sie dazu ein KI-Programm, um die Gemälde von Mo Ti, Thomas Jefferson und Thomas Paine zum Sprechen zu bringen. Das Video greift zurück auf den Text einer gleichnamigen Broschüre, welche die gbs 2018 zum 70. Jahrestag der Verabschiedung der Menschenrechtserklärung herausgebracht hat. Wie die Broschüre kann auch das Video kostenfrei im Unterricht eingesetzt werden. Die Broschüre, die den vollständigen Text der Menschenrechts-Charta enthält, kann über dieses Formular beim gbs-Sekretariat bestellt werden (die Portokosten werden von der Stiftung übernommen).
Erstveröffentlichung des obigen Textes auf der Website der gbs.