Am morgigen Dienstag folgen gleich zwei Verhandlungstermine vor dem Landgericht Köln hintereinander, in denen Betroffene sexualisierter Gewalt eine sechsstellige Entschädigungssumme vom Erzbistum Köln fordern. Um den wegweisenden Schmerzensgeldprozessen vor dem Landgericht Köln die notwendige Aufmerksamkeit zu verschaffen, wird die Aktionsgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) "11. Gebot" mit dem "Hängemattenbischof" heute und morgen vor Ort sein.
Die beiden Fälle, die vor dem Landgericht Köln verhandelt werden, sind äußerst brisant: Im ersten Fall geht es um die Pflegetochter eines wegen Missbrauchs zu zwölf Jahren verurteilten Priesters, die auf eine Entschädigung von rund 850.000 Euro klagt. Sie wurde in der Obhut des Priesters mehrfach vergewaltigt, von ihm schwanger und zur Abtreibung gezwungen. Der zweite Fall betrifft eine ehemalige Messdienerin, die vom damaligen Leiter ihrer Messdienergruppe rund 200-mal, erstmals schon im Alter von sechs Jahren, sexuell missbraucht wurde. Die 39-Jährige, die wegen der traumatischen Vorfälle bis heute in Behandlung ist, klagt auf eine Entschädigung in Höhe von 800.000 Euro.
In beiden Fällen richten sich die Klagen nicht gegen die verurteilten Straftäter, sondern gegen das Erzbistum Köln, das seiner Verantwortung als Dienstherr nicht nachgekommen ist und die Taten somit erst möglich gemacht hat. In den Prozessen geht es daher um die Frage, ob das Erzbistum Köln, das in seiner Eigenschaft als "Körperschaft des öffentlichen Rechts" zu besonderer Sorgfalt verpflichtet ist, für seine Amtspflichtverletzung haftet und falls ja: wie hoch die Entschädigungssumme angesichts des Leids der beiden Betroffenen anzusetzen ist. Dabei heißt es vonseiten der Anwälte, dass nur abschreckende Schmerzensgelder, die dem Klerus finanziell wehtun, geeignet sind, den Opfern Genugtuung zu gewähren.
Um den beiden Prozessen die notwendige Aufmerksamkeit zu verschaffen, wird David Farago, Leiter der Aktionsgruppe "11. Gebot", mit dem international bekannten "Hängemattenbischof" mit einer Mahnwache heute Abend auf der Domplatte und morgen vor dem Landgericht in Köln demonstrieren. Unterstützt wird die Aktion von der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch. Der Sprecher der Initiative, Matthias Katsch, erklärt zu den beiden Verhandlungsterminen in Köln: "Betroffene wurden Jahrzehnte von den Täterorganisationen evangelische Kirche und katholische Kirche im Stich gelassen. Jetzt stellt sich die Frage, ob die Betroffenen auch von der Justiz im Stich gelassen werden!?" Katsch hat zusammen mit seinem Team bereits knapp 97.000 Unterschriften gesammelt, um die 27 Bistümer in Deutschland dazu zu bewegen, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, wenn Betroffene Entschädigungen für das erlittene Leid zivilrechtlich einklagen. Er hofft darauf, dass die Petition im Zuge der aufsehenerregenden Verfahren von noch mehr Menschen unterstützt wird: "Machen wir noch diese Woche die 100.000 Unterschriften voll!"
Zur Protestkundgebung aufgerufen haben das Aktionsteam "11. Gebot" der Giordano-Bruno-Stiftung gemeinsam mit dem Verein Eckiger Tisch vom bundesweiten Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen. Kurzfristig ergänzend angemeldet wurde eine Mahnwache mit dem "Hängemattenbischof" am Vorabend des Prozesstermins, dem 24.03.2025, von 18 bis 21 Uhr auf der Domplatte vor dem Hauptportal des Kölner Doms. Die angemeldete Versammlung am 25.03.2025 mit dem "Hängemattenbischof" direkt vor dem Eingang des Landgerichts Köln in der Luxemburger Straße findet von 9 bis 15 Uhr statt.
