Abschiebestopp nach Afghanistan

"Asylverfahren für AfghanInnen ähneln einem russischen Roulette"

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Nachdem es in Kabul einen Anschlag gegeben hatte, wurde ein Abschiebeflug nach Afghanistan gestern gestrichen. Unklar ist, wann er nachgeholt wird. Menschenrechtsorganisationen fordern indessen eine neue und rechtsstaatlich faire Überprüfung der Fälle von abgelehnten Afghanen.

Am gestrigen Mittwoch sollte erneut eine umstrittene Sammelabschiebung von abgelehnten Asylbewerbern nach Afghanistan stattfinden. Der Flug musste jedoch kurzfristig abgesagt werden, nachdem eine Autobombe im Diplomatenviertel von Kabul explodierte. Laut Angaben der Behörden starben bei dem Terroranschlag mindestens 90 Personen. 400 Menschen wurden mit Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Das in unmittelbarer Nähe gelegene Gebäude der deutschen Botschaft wurde bei der Detonation der Bombe beschädigt.

Die deutsche Botschaft in Kabul spielt eine wichtige logistische Rolle beim Empfang rückgeführter Personen vor Ort. "Diese Rolle können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Botschaft so kurz nach dem Anschlag nicht ausfüllen", erklärte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Johannes Dimroth. "Daher wird es in den nächsten Tagen keine Sammelrückführungen nach Afghanistan geben."

An der grundsätzlichen Abschiebepraxis hält die Bundesregierung jedoch fest. Die Sicherheitslage sei je nach Region unterschiedlich und müsse vor Ort immer wieder neu beurteilt werden - Provinz für Provinz.

Menschenrechtsorganisationen fordern Abschiebestopp

PRO ASYL und andere Menschenrechtsorganisationen gehen nach den bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass afghanische Schutzsuchende zu Tausenden zu Unrecht abgelehnt wurden. Ihnen drohe die Abschiebung in ein Land, das Zivilisten keinen Schutz bieten könne: "Die Ablehnungen von AfghanInnen basieren auf Zufallsentscheidungen und sind in einem Rechtsstaat nicht hinnehmbar", kritisierte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. "Asylverfahren für AfghanInnen ähneln einem russischen Roulette".

Die Bundesregierung habe laut PRO ASYL kein Recht abzuschieben, wenn nicht gewährleistet werden kann, dass rechtsstaatlich einwandfreie Verfahren durchgeführt werden. Anstatt die dramatische Lage endlich zur Kenntnis zu nehmen und Abschiebungen zu stoppen, werde auf das Wählerpotential im rechten Lager geschielt.