Zwölf Chancen für die offene Gesellschaft

Die Säkulare Ampel

12. Religion als Privatsache behandeln

Laut Grundgesetz Artikel 140 ist die Weltanschauung Privatsache. Dennoch genießen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Deutschland den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts – eine der Besonderheiten des Religionsrechts der Bundesrepublik. 

Das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) listet ein ganzes "Privilegienbündel" auf, das Körperschaften des öffentlichen Rechts im Gegensatz zu privatrechtlichen Organisationen genießen. Beispiele dafür sind Sonderregelungen auf folgenden Gebieten: Steuererhebung, Steuervergünstigungen, Arbeitsrecht, Beamtenrecht, Bestattungs- und Friedhofsrecht, Datenschutzrecht, Denkmalschutzrecht, Jugendhilferecht, Insolvenzrecht, Kosten- und Gebührenrecht, Melderecht, Rundfunkrecht (Sendezeiten, Rundfunkrat), Strafrecht, Schutz vor Zwangsvollstreckung.

Auf über 700 Seiten zerpflückt der Experte für Öffentliches Recht Achim Janssen den Körperschaftsstatus von Religionsgemeinschaften. "Man brauchte den öffentlich-rechtlichen Begriff nur dazu, um die Kirchensteuer zu gewährleisten und die Bedeutung der Kirchen positiv hervorzuheben“, schreibt das ifw dazu. „Eine zivilrechtliche Regelung wäre damals als Herabdrückung auf den Status etwa von Sportvereinen empfunden worden."

Wir nehmen diesen Vergleich zum Anlass für den letzten Punkt unserer Agenda: Religion ist Privatsache und muss als solche auch respektiert und organisiert werden. Allerdings: Würde der liberale Rechtsstaat religiöse wie nicht-religiöse weltanschauliche Aktivitäten als Privatangelegenheiten betrachten, so hätte dies weitreichende politische Konsequenzen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Säkulare Grüne schreibt dazu: "Ein neues Religionsverfassungsrecht muss dafür sorgen, dass Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ihren Platz in der Zivilgesellschaft finden und aufhören, sich als Staat im Staate zu gebärden." Dies wäre auch ein wichtiger Beitrag zur Verteidigung der offenen Gesellschaft, denn: "DITIB und die anderen reaktionären Lobbyverbände scharren schon lange vernehmlich mit den Hufen, um endlich wie die Kirchen hofiert und ausgestattet zu werden."

Die zahlreichen Mängel des säkularen Staats sind Folge der Vermengung aus Religion und Politik, die vielfach im Körperschaftsstatus zementiert ist. Religiöse wie nicht-religiöse Weltanschauungsgemeinschaften sollten keine Staaten im Staate sein, weshalb sie einen besonderen Körperschaftsstatus nicht benötigen. Die zivilrechtlichen Regelungen des Vereinsrechts reichen aus, um allen Organisationen faire Chancen auf gesellschaftliche Mitwirkung zu ermöglichen. Auch hier sollte gelten: Gleiches Recht für alle!

Das Programm der "Säkularen Ampel" findet sich auch auf der Website des Zentralrats der Konfessionsfreien.

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