Ende April veröffentlichte die Spanische Bischofskonferenz ihre Zahlen zum sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch ihre Amtsinhaber in den letzten 20 Jahren. 220 Fälle sollen es gewesen sein. Während die Kirchenvertreter ihre Schuld durch Wegschauen einräumen und im selben Atemzug aber auch die Zahlen zu relativieren suchen, kommen andere Quellen zu weit höheren Zahlen Betroffener ans Licht.
Über 40 Minuten dauerte die Pressekonferenz am 23. April bereits, bevor Luis Argüello García, Generalsekretär der Spanischen Bischofskonferenz, eine Frage zum Stand des Missbrauchsskandals gestellt bekam und beantwortete. Zunächst erklärte er, dass es in Spanien insgesamt 220.000 Missbrauchsanzeigen seit 2001 gegeben habe und dass die Kirche die Verjährungsfrist für Meldungen verlängert habe; dass außerdem in den zwei Dekaden 31.000 Priester ihren Dienst versahen und 220 Fälle bei der Congregación para la Doctrina de la Fe (Kongregation für die Glaubenslehre) eröffnet worden seien. 144 Fälle sollen Diözesen betreffen, davon befänden sich noch 43 in der Untersuchung. Weitere 76 stünden im Zusammenhang mit Orden, hier sollen noch 26 Fälle offen sein.
Die spanische Zeitung El País berichtet jedoch über andere Zahlen: Ihre eigene Datenbank kommt auf über 300 Fälle mit über 800 Betroffenen und 54 Kardinälen, Bischöfen und Priestern, die an der Vertuschung des Missbrauchs beteiligt gewesen sein sollen, sowie 69 Fälle, in denen Priester nach einer Anzeige einfach an einen anderen Ort versetzt worden seien. Das Medium geht zudem von künftigen weiteren Meldungen aus, da sich nun mehr Betroffene trauten anzuzeigen.
El Pais kritisiert, dass die Spanische Bischofskonferenz ihre Untersuchungen nicht transparenter macht. Als positivere Beispiele werden Italien und Deutschland genannt, wo mehr Fälle zugegeben werden. Der Kritik schließt sich Red de Sobrevivientes de Abuso Sexual por Sacerdotes (Netzwerk Überlebender von Priestermissbrauch) an. Das Netzwerk geht davon aus, dass die 220 Fälle nur die Spitze des Eisberges bilden und fordert den spanischen Staat auf, eine gründliche Untersuchung durchzuführen, bei der die Kirche Einblick in ihre Bücher gewähren muss. Zudem sollten auch Laien, die in kirchlichen Schulen arbeiteten und Nonnen in die Untersuchungen einbezogen werden.
6 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Kindesmissbrauch ist anscheinend ein Systematisches Problem der Kirchen, da sich anscheinend Pädophile Menschen gerne in den Dienst der Kirchen stellen um dort nahezu
Gedeckt werden diese Kranken Leute dann vom Klerus und die Opfer werden oftmals ignoriert, eben das System Kirche.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Zweihundertundzwanzigtausend Anzeigen - und dann nur 1 von 1.000 Anzeigen als Fall eröffnet (1 ‰ entspr. 220 Fälle)?
Macht mich schon mal stutzig.
Christian Meißner am Permanenter Link
220.000 ist die Gesamtzahl der Fälle sexuellen Missbrauchs für Spanien (nicht nur für die Kirche) in den letzten zwei Jahrzehnten. Innerhalb der Kirche wurden im selben Zeitraum interne 220 Fälle eröffnet.
Christian Meißner am Permanenter Link
Nachtrag: Die Zahl 220.000 bezieht sich auf Anzeigen, nicht auf bestätigte Fälle. Von daher vergleicht der Generalsekretär der Spanischen Bischofskonferenz hier auch nicht Vergleichbares.
Christian Meißner am Permanenter Link
Nachtrag II: Die Zahl 220 beinhaltet auch nur Fälle sexuellen Missbrauchs durch Priester.
Eberhard am Permanenter Link
Schon die Kindestaufe ist ein Missbrauch!