Seit September wurden im Kreis Coesfeld in Nordrhein-Westfalen insgesamt 28 Fälle der Sachbeschädigung an christlichen Heiligenstatuen durch die Polizei aufgenommen. Der nun ermittelnde Staatsschutz hält ein religiöses bzw. anti-religiöses Motiv für durchaus realistisch.
Im südlichen Münsterland, genauer im Großraum der Stadt Dülmen, wurden in den vergangenen zwei Monaten zahlreiche Sachbeschädigungen an Heiligenstatuen der christlichen Kirchen durch die lokale Polizei registriert. Der oder die unbekannten Täter verstümmelten häufig die Figuren, indem sie die Nase abschlugen oder die Figuren enthaupteten. Die entstandenen Sachschäden konnten noch nicht alle genau beziffert werden, bei bestimmten Figuren schwankt dieser jedoch zwischen ca. 300 und 1.000 Euro.
Eine Anhäufung von Sachbeschädigungen vor drei Jahren im Nachbarkreis Steinfurt weist durchaus Analogien zur derzeitigen Zerstörungsserie im Kreis Coesfeld auf. Damals sind mehr als 40 Heiligenstatuen und Bildstöcke mutwillig zerstört worden. Die Polizei brachte die früheren Tatverdächtigen mit dem Islamismus in Verbindung, stellte die Ermittlungen allerdings ohne konkrete Ergebnisse ein, da die verdächtigen Personen ausgereist waren. Ob die aktuellen Straftaten mit denen aus dem Kreis Steinfurt in Verbindung stehen, oder ob es sich gar um die gleichen Täter handelt, ist momentan noch ungeklärt.
Im Zuge der aktuellen Vorfälle ermittelt allerdings nicht mehr die Polizei vor Ort, sondern eine fünfköpfige Ermittlungskommission des Staatsschutzes Münster. Der Staatsschutz kommt für gewöhnlich dann zum Einsatz, wenn der Schutz des Staates durch politisch extremistisch motivierte oder anderweitige staatsbedrohende Aktivitäten existenziell gefährdet ist. Dies ist laut Bundeskriminalamt dann explizit der Fall, wenn sich die politisch motivierten Tatumstände "… gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten …" (Quelle)
Doch ist das Aktivwerden des Staatsschutzes im Kontext dieser Sachbeschädigungen wirklich angemessen und zwingend notwendig? Wäre es ferner nicht sinnvoller die Ermittlungsarbeiten den lokalen Polizeibehörden zu überlassen? Auch wenn es durch die entsprechenden Stellen nicht explizit geäußert wurde, geht man bei der Motivation der Taten, insofern diese überhaupt in einem Zusammenhang stehen, wohl offensichtlich von einem politisch extremistischen oder (anti-)religiösen Motiv aus. Schließlich wäre es ansonsten nicht zu Beauftragung des Staatsschutzes gekommen, welcher eben genau für diesen Aufgabenbereich bzw. diese speziellen Tatumstände zuständig ist.
Des Weiteren ist es natürlich naheliegend, dass die Sachbeschädigungen der christlichen Heiligenstatuen aufgrund der räumlichen Nähe und des kurzen zeitlichen Abstandes vermutlich in einem bestimmten Zusammenhang stehen. Ebenso lässt sich nachvollziehen, dass der oder die Täter möglicherweise bewusst kirchliche bzw. religiöse Symbole zur Beschädigung ausgewählt haben. Wo an dieser Stelle aber bewusst die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschlands oder eines der dazugehörigen Bundesländer angegriffen worden oder gefährdet sein soll, ist da schon deutlich schwerer nachzuvollziehen. Freilich sind die Beschädigungen zu verurteilen und keine legitime Form der Kritik der Kirche oder der christlichen Religion, allerdings sollte man die vorgefallenen Straftaten auch nicht zu sehr hochspielen. Denn schließlich werden durch den Vandalismus weder die christlichen Kirchen als Institutionen, noch der christliche Glauben und damit indirekt verbunden die Religionsfreiheit in ihrem Grundmanifest bedroht.
Demungeachtet sollte festgehalten werden, falls wirklich ein (anti-)religiöses Tatmotiv vorliegt, dass es deutlich sinnvollere und effizientere Formen der Auseinandersetzung bzw. der Kritik mit dem christlichen Glauben und den christlichen Kirchen gibt, welche auch den Standards eines respektvollen Umgangs und Dialogs auf Augenhöhe entsprechen, sollten die Ansichten auch noch so konträr sein.
Bericht des WDR zum Thema via Facebook.
8 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Zunächst: Zerstörung von was auch immer ist keine Kritik, sondern Vandalismus.
Was in den vorliegenden Fällen die Ursache ist, weiß ich nicht. Jedoch wüsste ich nicht, was daran eine Kritik sein sollte? Kirche schafft man nicht ab, indem man deren Gebäude verbrennt. Das hat Luther für die Synagogen gefordert - aus ikonoklastischen Gründen, nämlich der Vernichtung des Judentums. Sein Motiv war die christliche Religion, die er über das Judentum gestellt wissen wollte. Aus ähnlichen Motiven heraus - gemischt mit politischem Rassismus/Antisemitismus - wurden und werden jüdische Friedhöfe geschändet. Dies ist und war nie "Kritik am Judentum", sondern der Wille zur Auslöschung dessen Kultur.
Wenn heute jemand der Kirche den Rücken kehren will, dann tut er/sie es so: Austreten, keine Kirche mehr betreten etc.. Was sollte dabei sinnloser Vandalismus helfen? Wenn jemand Kirchenprivilegien kritisiert, was hilft dabei Vandalismus? Das wäre nicht einmal als symbolische Handlung tauglich, weil für die Beschädigung von Statuen niemand Verständnis aufbringt und hätte keinerlei Effekt, außer man bringt die Bevölkerung gegen sich und seine Ideen auf.
Es sind also in jedem Fall ganz dumme sinnlose Aktionen, die keinerlei Beitrag zur Religionskritik liefern. Sie sind auch nicht erkennbar "antireligiös", weil - wie geschrieben - antireligiöse Menschen sich von Kirche etc. einfach fernhalten. Ich tippe also eher auf einen religiösen Hintergrund, d.h. jemand hat aus religiösen Motiven heraus die Statuen beschädigt. Ich hoffe, dass man der Täter habhaft wird und die Vorfälle aufklären kann.
Ilse Ermen am Permanenter Link
Ich möchte bemerken, dass der Antisemitismus nicht selten in Form von Profanierung jüdischer Friedhöfe daherkommt und -kam, von Anfang an, wie B. Kammermeier erwähnt.
David am Permanenter Link
mich stören die sogenannten religiösen Symbole sehr, ich mache natürlich kein Vandalismus. aber kreuze und die anderen Sachen haben im öffentlichen raum nichts zu suchen. auf Berggipfeln am meisten.
pikweller am Permanenter Link
Das ist ja eine etwas engstirnige, kulturlose Einstellung!
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Nun, stören dürfen einen diese antiken Hinrichtungsinstrumente schon und auf Berggipfeln haben sie auch nichts zu suchen, zumal damit nicht einmal Strom erzeugt werden kann.
Falls sich jetzt in Ihrer Phantasie Panik breit macht - nein, an den Abbruch des Kölner Doms wird vorläufig nicht gedacht.
Noncredist am Permanenter Link
Ich stimme Herrn Kammermeier zu 100% zu. Kritik beinhaltet stets die Auseinandersetzung mit Argumenten.
Möglicherweise ist religiöser Hass genauso eine der vielen möglichen Motivationen. Vielleicht war es auch blinde Wut oder Kraftprotzerei. Statt einen Sandsack zu hauen, schlägt man Statuen den Kopf ab. Mich interessiert es zu erfahren, weshalb das mächtigste Wesen des gesamten Universums, fähig zu unendlich vielen Handlungen *gleichzeitig* und mit absoluter guter Moral ausgestattet, es weder fertig bringt, Frieden und Zufriedenheit in alle Länder der Welt zu bringen, noch ein paar Steinsymbole über seinen Mythos vor simpler physischer Gewalt zu schützen. Aber wenn man schon einen Blitzableiter auf einem Kirchendach anbringen muss ... ;)
Konstantin am Permanenter Link
Komisch, dass grad von einem antichristlichen Motiv ausgegangen wird. Das sieht mir eher nach klassischer Bilderstürmerei aus.
Unechter Pole am Permanenter Link
Nachdem Christen den öffentlichen Raum und die Natur mit ihren Symbolen einmal vereinnahmt und beschädigt haben, soll wirklich nichts anderes übrig bleiben, als dies zu tolerieren?