Schlechter Witz zeigt tiefgreifende Probleme

Sexismus-Eklat bei Ehrung der Weltfußballerin

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Wir schreiben das Jahr 2018. Zum ersten Mal überhaupt, 62 (!) Jahre nach der erstmaligen Vergabe, wird beim französischen Fußballpreis "Ballon d’Or" nicht nur der männliche Fußballer, sondern auch die weibliche Weltfußballerin des Jahres gewählt. Ein Sexismus-Eklat überschattet allerdings die Feierlichkeiten.

Wie jedes Jahr trafen sich am vergangenen Montagabend (03.12.2018) wieder Fußballstars, Clubchefs und Journalisten in Frankreich, um den Weltfußballer des Jahres zu ermitteln und zu ehren. Seit 1956 wird dieser Preis von der französischen Zeitschrift "France Football" vergeben, welcher gemeinhin für prestigeträchtiger empfunden wird als die offizielle Auszeichnung des Fußballweltverbandes FIFA. Nun wurde 62 Jahre nach Einführung des Preises, längst überfällig möchte man meinen, zum ersten Mal auch die weibliche Weltfußballerin des Jahres gewählt.

Ada Hegerberg, Foto: © Dominique Mallen, Wikimedia,  CC BY-SA 2.0
Ada Hegerberg, Foto: © Dominique Mallen, Wikimedia, 

CC BY-SA 2.0

Die erste Preisträgerin des "Ballon d’Or" ist die Norwegerin Ada Hegerberg, die mit Olympique Lyon drei Jahre in Folge 2016, 2017 und 2018 die Champions League gewann. Der Moderator der Veranstaltung, Martin Solveig, der sich als DJ international einen Namen gemacht hat, hat es jedoch geschafft, diesen feierlichen Moment zu trüben. Zu einem solchen Anlass hätte es viele möglichen Fragen gegeben, die man der Preisträgerin hätte stellen können. Wo gibt es Optimierungsbedarf im Frauenfußball? Wie können Mädchen und Frauen gezielter gefördert werden? Wie hat Ada Hegerberg es geschafft, sich durchzusetzen und nicht den Mut zu verlieren?

Stattdessen fiel dem Moderator offenbar nichts Besseres ein, als die Preisträgerin unmittelbar nach der Ehrung zu fragen, ob sie auf der Bühne twerken wolle. Darunter kann ein möglichst reizvolles Tanzen bzw. Wackeln mit dem Hintern verstanden werden. Hegerberg reagierte sichtlich verdutzt und irritiert, ehe sie auf die Frage von Solveig mit einem energischen "Nein" antwortete. Anschließend ging ein Raunen durch das Publikum und Hegerberg verließ kurz danach die Bühne. Solveig entschuldigte sich im Anschluss an die Veranstaltung sowohl öffentlich auf Twitter als auch persönlich bei der Fußballerin. Es habe sich um einen schlechten Witz gehandelt. Ada Hegerberg ließ wiederum in folgenden Interviews verlauten, dass sie es für gar nicht so schlimm empfunden hätte.

Ist die Sache somit vom Tisch? Definitiv nicht. Wenn Ada Hegerberg die Frage tatsächlich für nicht so schlimm empfunden hat, was jedoch aufgrund ihrer unmittelbaren Reaktion bezweifelt werden darf, ist das in Ordnung. Nichtsdestotrotz ist eine Diskussion der Vorfälle unumgehbar, was auch anhand vieler öffentlicher und medialer Reaktionen deutlich wurde, die sich empört über Solveig zeigten und sein Verhalten kritisierten. Würde man auch den männlichen Preisträger, Luka Modrić, fragen, ob er mit seinem Hintern auf der Bühne wackelt, um seinen Titel als Weltfußballer des Jahres gebührend zu feiern?

Äußerungen, wie die von Solveig, mögen für sich genommen vielleicht für manch einen nicht so dramatisch wirken. Sie zeigen aber, dass Sexismus und Geschlechterungleichbehandlung auch im 21. Jahrhundert noch tiefgreifend im Fußball und im Sport allgemein verwurzelt sind. Nicht nur im Profi-, sondern auch im Amateurbereich. Davon kann höchstwahrscheinlich jede Frau und jedes Mädchen im Fußball ein Lied singen. Wer das nicht glauben kann, darf sich gerne vor Ort beim lokalen Amateurverein überzeugen lassen. Warum ist die strukturelle Förderung des Frauenfußballs so mangelhaft im Vergleich zum Herrenfußball? Warum wurde erst im Jahr 2018 erstmalig die Weltfußballerin des Jahres mit dem "Ballon d’Or" ausgezeichnet? Warum war bis vor ein paar Jahren das DFB-Pokalfinale noch das Vorprogramm für das Finale der Männer?

Sicherlich ist es positiv zu bewerten, dass es nun überhaupt eine Wahl der Weltfußballerin des Jahres gibt. Wer aber glaubt, damit habe man schon einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht und Sexismus im Sport sei nicht mehr so akut, der liegt eindeutig falsch.