Wie lassen sich die Einstellungen jedes Einzelnen zu Klima- und Umweltschutz weiter verbessern? Der Sozialpsychologe Florian Kaiser ging dieser Frage in einem Vortrag mit dem Titel "Neue Fakten oder bestehende Einstellungen – was bestimmt unsere Meinung z. B. zum Klimawandel?" an der Universität Kiel nach.
Wie Florian Kaiser in seinem Vortrag erklärte, gingen viele Wissenschaftler noch heute fälschlicherweise davon aus, dass die Falschinformationen der Klimawandelleugner nur korrigiert werden müssten, um deren Einstellungen zum Umweltschutz verändern zu können. Leider ist das zu optimistisch. Zwar gebe es einen Zusammenhang zwischen Umweltwissen, Umweltmeinung, Umweltverhalten und der Bereitschaft, sich mit Fakten zur Umwelt auseinanderzusetzen, dieser ist jedoch nicht so geartet, dass einzig die Bereitstellung von Fakten zum Klimawandel ein Umdenken befördere. Man müsse sich eben den Fakten auch aussetzen.
Die Einstellung zur Umwelt dient dabei als Multiplikator: Jemand, der eine positive Meinung zum Umweltschutz hat und ein vorbildliches Umweltverhalten an den Tag legt, ist auch eher bereit, sein Wissen über die Umwelt durch Fakten zu erweitern. Andersherum wird ein Klimawandelleugner kaum bereit sein, sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinanderzusetzen, um sich dieser dann anzunehmen.
Eine Paradelösung, so Kaiser, habe die Wissenschaft noch nicht. Man müsse Kindern die Freude an der Natur vermitteln und eine Infrastruktur fördern, die umweltfreundliches Verhalten erleichtert. Für einen wirksamen Klimaschutz brauche die Politik eine ausreichend motivierte Bevölkerung, die die Ziele mittrage.
"Meinungen sind lediglich Lippenbekenntnisse und Verbalverhalten"
Kaiser führte weiter aus, dass beim Klimawandel die Kluft zwischen Einstellung und Meinung besonders deutlich werde. Man bewerte zwar den Klimaschutz als wichtig, zeitgleich erfreue man sich am Fleischkonsum und Ferntourismus.
Das Problem, dass die Einstellung eines Menschen nicht sichtbar ist, versucht die Sozialpsychologie dadurch zu lösen, dass man die Einstellung eines Menschen an seinem Verhalten misst, nicht an seinen Meinungen. Menschen verfälschen durch Faktoren wie soziale Erwartbarkeit ihr Beantwortungsverhalten ("Was möchte der Fragensteller hören?"), sodass es andere Instrumente geben müsse, um persönliche Einstellungen zu messen. Dazu errechnet man die Realisierungswahrscheinlichkeit eines Verhaltens. Wenn jemand aus Gründen der Klimaverträglichkeit etwa lieber mit dem Fahrrad oder Auto zur Arbeit fährt, wägt er zwischen seinen Einstellungen und Verhaltenskosten ab. Bei zwei Menschen mit identischer Auffassung zum Klimaschutz wird derjenige eher zur Arbeit radeln, dessen Arbeitsplatz näher am Wohnort ist und bei dem er weniger Höhenmeter überwinden muss denn er hat geringere Verhaltenskosten.
Um umweltfreundliches Verhalten zu fördern, setzen politische Maßnahmen an diesen Verhaltenskosten an. Je nachdem werden diese erhöht (Benzinsteuer) oder gesenkt (Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder der Fahrradinfrastruktur). Das Problem dabei ist, dass sich dadurch nur das Umweltverhalten und nicht die Umwelteinstellungen ändern. Letztere zu beeinflussen sei, laut Prof. Florian Kaiser, komplizierter.
Die Veranstaltung fand im Rahmen der Ringvorlesung "Wissenschaft und alternative Fakten" statt, die zum dritten Mal an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel veranstaltet wurde. Für das neue Semester ist eine Fortführung geplant. Für weitere Informationen siehe: https://www.graduiertenzentrum.uni-kiel.de/de/wissenschaftskommunikation/wissen
17 Kommentare
Kommentare
Nora Koch am Permanenter Link
ach ne, man kann nicht einfach alles auf die nächste generation schieben ohne diese dabei zu unterstützen? surprise.... man entschuldige meinen sarkasmus. auch diese erkenntnis ist nicht neu.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Das wirkliche Zukunftsproblem sind die exponentielle Zunahme der Weltbevölkerung und die Ausbreitung der „Zivilisation“, und nicht der Klimawandel !!
Habe ich Jahrzehnte gearbeitet um mich mit meiner lieben Ehefrau nicht mehr vor unser Kaminfeuer zu setzen?
Um es gleich vorweg zu nehmen, dass ist kein Luxus sondern Kluges Management zusammen mit meiner Partnerin.
Hans Trutnau am Permanenter Link
zu: "exponentielle Zunahme der Weltbevölkerung".
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
" ... aber sie nimmt schon lange nicht mehr exponentiell zu ..."
Und daran kann nicht einmal die dramatische Umweltvergiftung etwas ändern, die wir seit mindestens 150 Jahren betreiben. Ist schon toll irgendwie, worüber wir uns so aufregen, oder?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ich habe nur was gegen das "exponentiell". Manche Leute behaupten das noch, nachdem man sie mit der Nase auf den Verlauf der Wachstumsrate gestoßen hat. Es ist nicht auszurotten.
Andrea Pirstinger am Permanenter Link
Dein Kommentar, Rainer Bolz, gefällt mir gut - vorausgesetzt, daß du und deine Ehefrau resp. du und irgendeine Frau keinen menschlichen Nachwuchs produziert habt.
Bolli am Permanenter Link
Alleinerziehende Mutter ?
Kay Krause am Permanenter Link
Rainer Bolz, Sie haben den Bolzen auf den Kopf getroffen, was die Explosion der Weltbevölkerung betrifft!
Kay Krause am Permanenter Link
Sorry, Schreibfehler: "Milliarden" muß es heißen!
Adam Sedgwick am Permanenter Link
Für eine Verhaltensänderung bedarf es schon der Fakten, aber auch das eigene Erleben und die eigene Auseinandersetzung mit all den verschiedenen Aspekten über die Ursachen des Klimawandels tragen erst zur Motivation e
Also es geht um das ernsthafte, einmütige Bannen von Umweltgiften, auch durch entsprechende Gesetze, die dann dazu erforderlich sind, eine wünschenswerte Verhaltensänderung herbeizuführen.
Frank am Permanenter Link
"Um umweltfreundliches Verhalten zu fördern, setzen politische Maßnahmen an diesen Verhaltenskosten an.
Leider hat kaum einer der Klimawissenschaftler den Mut den Leuten zu sagen, was der Kampf gegen den Klimawandel kostet. In Frankreich gehen die Gelbwesten auf die Straße, die Gründe sind vielfältig, aber einer der Gründe ist die Erhöhung der Benzinsteuern. In den USA veröffentlichte Alexandria Cortez einen Plan gegen den Klimawandel, die Reaktion war gespalten. Viele verspotten sie, weil sie einen radikalen Umbau der Stromerzeugung fordert
"Dass dazu ein massiver, planwirtschaftlicher Staatseingriff nötig wäre, bestreiten die Befürworter des Green New Deals nicht"
Welche normaler Bürger will mehr Steuern zahlen und solche Staatseingriffe befürworten?
https://www.sueddeutsche.de/politik/usa-umwelt-demokraten-republikaner-1.4330453
Roland Weber am Permanenter Link
Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, Meinungen durch reine Fakten ändern zu können" - Dieser Satz ist vollkommen zutreffend.
Nach meinen persönlichen Erfahrungen möchte ich ihn nur abwandeln:
Ich muss mich von der Vorstellung verabschieden, Glauben durch reine Erkenntnisse ändern zu können.
Das Überraschendste ist daran, dass er nicht nur für Gläubige, sondern auch für angeblich Nicht-Gläubige gilt. Jeder glaubt offenbar psychologisch bedingt nur an seinen eigenen Glauben und hält so lange als möglich daran fest. Wird es eng, stellt sich die Frage: Ausweichen oder Standhalten. Ersteres ist die bevorzugte Reaktion. Beide Seiten haben aufgrund ihrer beiderseitigen Glaubensgewissheit kein Interesse daran, ihren jeweiligen Glauben, durch Fakten oder Erkenntnisse zu ergänzen oder in Frage zu stellen, richtiger deshalb allemal: stellen zu lassen.
Ein Beitrag, den ich dazu in einer Schriftenreihe veröffentlichen wollte, wurde als Diskussionsbeitrag (!) mit dem Argument als „zu apodiktisch“ abgelehnt. Wem es noch nicht aufgefallen ist: Jede Meinung ist per se apodiktisch, die Frage ist dann nur, was daraus folgt oder als Folge beabsichtigt ist.
Das „Wir“ habe ich deshalb konsequenterweise in ein „Ich“ geändert, da genau das der Punkt ist: Ist Glauben oder Nicht-Glauben, was tatsächlich erst einmal das selbe ist, da wir stets tausendmal mehr glauben als wir wissen (!), erst einmal zu einem Teil der Persönlichkeit geworden, führt dies zur Versteinerung und lässt sich kaum durch „herangetragene Fakten“ weder Frage stellen noch als ergänzungswürdig angesehen. Psychologisch käme dies offenbar einer Selbstverleugnung und einem Eingeständnis eigener Unzulänglichkeit gleich, und dagegen wehrt sich jedes Individuum offensichtlich erst einmal heftig. Kurz: Lieber mit wenig Fakten glauben oder angeblich nicht glauben, als mit mehr Information und Erkenntnis durch einen anderen sich das eigene Glauben durch Korrekturen irgendwie beeinträchtigen oder ergänzen zu lassen. Ein Punkt, den sich der*die Leser*in sich hier soeben selbst bestätigt.
Junius am Permanenter Link
Wie lassen sich die Einstellungen jedes Einzelnen zu Klima- und Umweltschutz weiter verbessern?
Sozialpsychologe Florian Kaiser: "Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, Meinungen durch reine Fakten ändern zu können.“ Eine schnelle Antwort könnte sein, daß es „reine Fakten“ nicht gibt, daß Fakten immer nur Sinn machen innerhalb von Modellvorstellungen, und daß diese eben immer auch abhängen von unseren Interessen. Oder kürzer und mit Marx gesprochen: Das Sein bestimmt das Bewußtsein.
Die Überschrift über diesen Artikel hätte auch heißen können: „Warum sind die anderen nicht genauso vernünftig wie ich?“, und trifft sich damit übrigens hervorragend mit einer Serie anderer Artikel. Auch hier wieder eine schnelle Antwort: Vor allem weil manche sich offenbar selbst für vernünftiger halten als andere. Oder länger gesprochen: ein überdurchschnittlich verdienender Akademiker mit staatlicher Festanstellung hat einen anderen Blick auf diese Welt als jemand, dessen Unterhalt mal ebenso für’s Leben reicht.
Viel interessanter finde ich allerdings die Frage, woher diese überhebliche Attitüde kommt, woher die Fantasievorstellung, man selbst habe die „richtige“ Einstellung und die Einstellungen anderer seien nicht Argumente in einer Auseinandersetzung um den richtigen Weg, sondern höchstens Gegenstand der „Verbesserung“. Der nächste, konsequente Schritt wäre, nur noch die zur Wahl zuzulassen, die die „richtige“ Einstellung haben. Alle anderen müßten halt erst „erzogen“ werden, und so wirklich würde das sowieso erst etwas in der nächsten Generation.
Diesen Tonfall, im alleinigen Besitz der „richtigen Einstellung“ zu sein, verbunden mit der Mission, die anderen umzuerziehen, bzw. den Zorn, wenn die sich nicht bekehren lassen, lese ich hier in immer mehr Beiträgen.
Ich habe den Eindruck, wir können hier der Entstehung einer Weltanschauung zuschauen, die die alleinige Vernunft und Objektivität für sich in Anspruch nimmt, und damit die Relativität und Vorläufigkeit aller und damit auch ihrer eigenen Vorstellungen vor sich und anderen zu verbergen sucht. Sie wird damit nicht zu dem „wissenschaftlich fundierten Weltbild“, das sie behauptet zu sein, sondern zu einer Ideologie, die Ideologie, also „falsches Bewußtsein“, immer nur bei anderen sieht.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Sehr gut Junius,
ein und dieselbe Aussage kann von verschiedenen Menschen / Wissenschaftlern als wahr und als falsch deklariert werden, ohne daß auf irgendeiner Seite ein Irrtum vorliegen muß.
struppi am Permanenter Link
Fakten?
Tatsächlich beruht die Klimadiskussion überwiegend auf Spekulationen und Interpolation, wie auch frühere Theorien.
Meine Erfahrung ist aber, dass die Menschen die diesen Thesen skeptisch gegenüber stehen, sich meist mehr Gedanken um tasächliches schädliches menschliches Verhalten und dessen Auswirkungen machen, als die die bedingungslos den Mythen des Klimawandel folgen.
Allerdings ist eine neutralere Sicht auf das was zum "Klimawandel" gesagt und geschrieben wird heute nicht mehr möglich. Wer nicht Hysterisch an den menschlichen Untergang aufgrund eines Klimawandels glaubt, ist ein Häretiker und wird auch so behandelt.
Klimawandel ist die neue Religion, Amen!
Sven F am Permanenter Link
"Fakten?
Tatsächlich beruht die Klimadiskussion überwiegend auf Spekulationen und Interpolation, wie auch frühere Theorien. "
Ist schon erstaunlich, dass man solche Thesen fast ausschließlich von Leuten hört, die auf Nachfragen hin offenbaren, dass sie die Fakten schlicht nicht kennen.
Sie können ja mal hier anfangen: klimafakten.de
"Wer nicht Hysterisch an den menschlichen Untergang aufgrund eines Klimawandels glaubt, ist ein Häretiker und wird auch so behandelt. Klimawandel ist die neue Religion, Amen!"
Auch solche Polemik kommt fast ausschließlich von Leuten, die keine Ahnung von den Fakten haben.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Wer kam denn auf die Idee, dass wir das könnten?
Ich sehe nicht, wie sich das in absehbarer Zeit ändern könnte.