Das aktuelle Heft von "Aufklärung und Kritik" (AuK), der umfangreichen Vierteljahreszeitschrift der Gesellschaft für Kritische Philosophie Nürnberg, ist erschienen. Die Redaktion hat dem hpd wieder das Vorwort zu Verfügung gestellt.
Liebe Leserinnen und Leser,
gleich zu Beginn gibt es traurige Nachrichten: Sowohl unser Mitherausgeber Prof. Dr. Franz Wuketits wie auch die Popper-Vertraute Melitta Mew sind verstorben, im Alter von 63 respektive 89 Jahren. Zu beiden Todesfällen lesen Sie in diesem Heft Nachrufe. Die Redaktion von Aufklärung und Kritik dankt beiden für ihre je unterschiedlichen Beiträge zur Zeitschrift und zum kritischen Rationalismus allgemein.
Die ersten fünf Beiträge nehmen das Thema unseres diesjährigen Symposiums auf, das Karl Marx gewidmet war.
Den Auftakt dieses Heftes macht Dr. Frank Schulze mit einer erweiterten Fassung seines damaligen Einführungsreferats zu Leben und Werk; verbunden mit den biografischen Stationen schildert er den Entwicklungsgang des Marx’schen Denkens, der problematischen Geschichts- und Gesellschaftstheorie werden die Verdienste um volkswirtschaftliche Erkenntnisse gegenübergestellt.
Prof. Dr. Hans-Martin Sass widmet sich in seinem Beitrag der Beziehung von Karl Marx und Ludwig Feuerbach. Im Fokus stehen die lebensweltlichen Themen Nachhaltigkeit und Zufriedenheit in gesellschaftlichen Systemen. Sass stellt verschiedene Modelle zur Erklärung und Messung dieser Indikatoren in Systemen vor – und gleicht diese mit der Marx’schen Erzählung und der Feuerbach’-schen Diagnostik ab.
In seinem Aufsatz "Der Marxismus zwischen Ideologie und Wissenschaft" zieht Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber Bilanz: Welche Verdienste haben Marx und der Marxismus als aufklärerische Impulse? Wo sind Denker und Gedankengebäude zu starr, antiindividualistisch und autoritär? Und wo liegen die "extremistischen Potenziale" des Marxismus als Ideologie?
Dr. Dr. Joachim Kahl analysiert Das "Manifest der kommunistischen Partei" als erhellendes Schlüsseldokument zu Verdienst und Irrtümern des Marxismus. Er deutet das Dokument im Spannungsfeld zwischen organisierter Solidarität der Arbeiterschaft einerseits und der Konstruktion des Bürgertums als Feindbild andererseits aus – und geht insbesondere auf das zu Grunde liegende Menschenbild ein.
Prof. Dr. Fritz Reheis liefert mit "Marx verstehen lernen" ein Plädoyer für eine didaktische Marx-Lektüre. Er geht dabei von den inneren und äußeren Lebensbedingungen der Menschen aus, eben "wo sie stehen", und erläutert, welche Spannungen und Probleme dieser Lebenswelt aus der Marx-Lektüre heraus verstanden und angegangen werden können. Ein Ansatzpunkt ist das Zeit-Verständnis der Marx’schen Kritik – mit dem sich vielleicht verstehen lässt, warum unsere Lebenswelt zwischen nichtiger Beschäftigungstherapie und Burnout changiert.
Wie kann man das komplexe, weltumspannende Phänomen der Globalisierung verstehen? Dieser Frage widmet sich Prof. Dr. Dr. Dr. Roland Benedikter: Er untersucht Sechs Schlüsseldimensionen, auf die es ankommt und zieht Schlüsse aus der Analyse der Sphären Wirtschaft, Politik, Kultur, Religion, Demographie und Technologie – und deren Wechselwirkungen. Als große Herausforderung sieht er es, Ordnung in diese unüberschaubaren Dynamiken zu bekommen.
Prof. Dr. Hartmut Heuermann wagt sich an ein kontroverses (und aktuelles) Thema: die Grenzen der Integration. Er untersucht die Unverträglichkeit von Kulturen, indem er zu-nächst Wesen und Funktion von Kultur definiert und betrachtet, welche ihrer Dimensionen integrationshemmend wirken.
Prof. Dr. Wulf Kellerwessel unterzieht in zwei Aufsätzen Vordenker der Menschenrechtstheorien einer fundamentalen Analyse und Kritik. Er befasst sich zunächst mit Richard Rortys Überlegungen in Menschenrechte, Rationalität und Gefühl, wendet sich gegen dessen emotionale Begründung von Menschenrechten und setzt eine rationale Begründung dagegen. Die Kritik wird fortgesetzt mit einem Beitrag zu Alastair MacIntyre, den er vor allem sprachlich-logisch analysiert.
Christian E.W. Kremser betrachtet in seinem Beitrag "Die Theorie der gesellschaftlichen Entwicklung" von Joseph Alois Schumpeter. Schumpeter überträgt dabei konjukturtheoretische Überlegungen von der Ökonomie auf andere Gesellschaftssysteme – dabei untersucht er auch, ob Schumpeter damit eine Art Geschichtsphilosophie generiert.
Dr. Martin Morgenstern analysiert Nicolai Hartmann als Vorläufer einer wissenschaftlich orientierten Philosophie. Den zu Lebzeiten berühmten, inzwischen etwas in Vergessenheit geratenen Philosophen sieht er als Vertreter einer anti-idealistischen, realistischen Weltsicht, der zwar in einigen Punkten zu kurz greift, sich als Erkenntnistheoretiker und Ontologe jedoch als ein zu Unrecht vergessener Vorläufer einer wissenschaftlich orientierten Philosophie erweist.
Schließlich wendet sich Dr. Robert Zimmer dem Philosophen, Mystiker und Lebensreformer Constantin Brunner als vergessenem Aufklärer der Moderne zu. Das Werk Brunners, eines jüdischen Privatgelehrten, geriet nach der Nazi-Diktatur in Vergessenheit. Zimmer hebt diesen Schatz eines "der originellsten Denker des frühen 20. Jahrhunderts"!
Im FORUM unterhält sich Tom Steininger mit Roland Benedikter über Gefahren und Chancen neuer Technologien (Die Wiederentdeckung des Menschen. Wie uns die Technik zu uns selbst führen kann), Prof. Dr. Dr. Norbert Hoerster untersucht Schwachpunkte moderner Demokratie, Gopal Kripalani fragt, ob "Die Schöpfung des Homo ex machina" nun Fluch oder Segen ist. Dr. Bruno Heidlberger analysiert die Aktualität von Marx in einer Welt des globalisierten Finanzkapitalismus, Reinhard Fiedler wagt den Versuch einer Klärung von Wahrheit, Prof. Dr. Anton Grabner-Haider fragt: "Erotische Kultur versus Religion?" und Jörn Sack betrachtet Friedrich den Großen: künstlerisch reaktionär – als Philosoph Avantgardist.
Wie immer rundet eine Reihe von Rezensionen das Heft ab, diesmal zum Humanismus in der Krise, Säkularismus in der Moderne, Verschwörungstheorien, Schopenhauers Einfluss auf Nietzsche und die dunkle Seite des Urchristentums.
Es würde uns freuen, wenn wir Ihnen mit dieser Juli-Ausgabe einen interessanten Lesestoff für die Ferienzeit bieten können – einen schönen Sommer wünscht im Namen der gesamten Redaktion
Dennis Schmolk
Bezug der Ausgabe über die Gesellschaft für kritische Philosophie Nürnberg via Internet: www.gkpn.de (Schutzgebühr 12,00 EUR zuzügl. 1,50 EUR Verp. u. Porto).
Mitglieder der "Gesellschaft für kritische Philosophie" erhalten alle kommenden Ausgaben und Sonderhefte von "Aufklärung und Kritik" kostenlos zugeschickt und auf Wunsch (gegen einen Unkostenbeitrag von 15 EUR) eine CD mit sämtlichen Heften von 1994-2013 als pdf. Zur Mitgliedschaft: http://gkpn.de/mitgliedschaft.htm.
5 Kommentare
Kommentare
Diane am Permanenter Link
Unter den 19 Autoren keine einzige Frau – beeindruckend.
Roland Weber am Permanenter Link
(Nur Männer) ... und das gilt erst recht für den rechten Teil der Vorderseite (im Bild nur schwer lesbar) für die Mitherausgeber: Nicht nur Männer, sondern auch nur Akademiker.
Warum das so ist, ob oder warum so sein muss oder bleiben sollte, müssten andere (m/w) untersuchen ... Gerade an dieser Stelle.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Was ist denn entscheidend bei einer Publikation: Geschlecht des Verfassers oder Inhalt der Arbeit?
Kay Krause am Permanenter Link
Und warum nicht Sie, Diane?
Sven Schultze am Permanenter Link
...und unter den Mitherausgebern immer noch Prof. Dr. Lothar Fritze!!